Nord gegen Süd
werde…
Doch würde das junge Mädchen auch die Kraft haben, dabei nicht zu zittern, würde ihre Stimme sie nicht verrathen, wenn sie angeblich Thatsachen aussprach, deren Verwirklichung jetzt doch so gut wie unmöglich schien?
Als sie das Zimmer der Kranken betrat, schlief Frau Burbank oder sie lag vielmehr, versenkt in eine Art schmerzlicher Betäubung, in einem tiefen Torpor, aus dem sie zu erwecken Miß Alice nicht den Muth hatte. Vielleicht war es auch besser, daß das junge Mädchen hierdurch der Aufgabe, sie durch ihre Worte zu beruhigen, enthoben wurde.
Eine der in der Wohnung beschäftigten Frauen wachte neben dem Bette. Miß Alice empfahl ihr dringend, keinen Augenblick von hier zu weichen und sich wegen einer Antwort auf die Fragen, welche Frau Burbank an sie stellen könnte, an Mr. Carrol zu wenden. Dann neigte sie sich über die Stirne der unglücklichen Mutter, berührte diese mit den Lippen und entfernte sich aus dem Zimmer, ihren Vater wieder aufzusuchen.
Als sie dessen ansichtig wurde, rief sie:
»Jetzt, mein Vater, wollen wir aufbrechen!«
Beide traten aus der Vorhalle, nachdem sie Edward Carrol noch warm die Hand gedrückt hatten.
In der Mitte der Bambusallee, welche nach dem kleinen Hafen führte, begegneten sie dem Oberverwalter.
Das Segel wurde gehißt. (S. 242.)
»Das Boot ist bereit, sagte Perry.
– Gut, antwortete Mr. Stannard. Nun sorgen Sie nach besten Kräften für das Castle-House, lieber Freund.
– Fürchten Sie nichts, Herr Stannard; unsere Schwarzen kehren schon nach und nach zur Ansiedlung zurück, das liegt auf der Hand. Was sollten sie auch mit einer Freiheit, zu der sie doch nicht geboren sind? Führen Sie uns nur Herrn Burbank zurück, und er wird sie alle wieder an ihrer Stelle finden!«
Mr. Stannard und seine Tochter nahmen nun in dem von vier Leuten aus Camdleß-Bay geruderten Boote Platz. Das Segel wurde gehißt und unter schwachem östlichen Winde fuhr man ab. Die Landungsbrücke war bald hinter der Spitze, welche von der Pflanzung aus nach Nordwesten auslief, verschwunden.
Mr. Stannard hatte nicht die Absicht, im Hafen von Jacksonville selbst, wo er unfehlbar erkannt worden wäre, ans Land zu gehen. Es erschien ihm rathsamer, in einem kleinen Uferausschnitt, ein wenig oberhalb desselben, zu landen. Von hier würde es auch leichter sein, die Wohnung des Mr. Harvey, welche nach dieser Seite hin und am Ende der Vorstadt lag, ungehindert zu erreichen, dann wollte man sich, je nachdem die Umstände es forderten, bezüglich der weiter zu thuenden Schritte entscheiden.
Der Fluß war zu dieser Stunde ganz unbelebt und nichts sah man stromaufwärts, von wo die aus Saint-Augustine vertriebenen und nach dem Süden hin geflohenen Milizen hätten kommen können – nichts auch stromabwärts. Zwischen den floridischen Fahrzeugen und den Kanonenbooten des Commandanten Stevens war es also noch zu keinem Scharmützel gekommen. Man konnte nicht einmal deren Absperrungslinie sehen, da eine Biegung des Saint-John den Horizont unterhalb Jacksonville abschloß.
Nach ziemlich schneller, durch Rückenwind begünstigter Ueberfahrt erreichten Mr. Stannard und seine Tochter das linke Ufer. Ohne bemerkt zu werden, konnten beide im Grunde jenes, übrigens unbewachten Einschnittes landen, und schon nach wenigen Minuten befanden sie sich im Hause des Geschäftsfreundes James Burbank’s.
Dieser war gleichzeitig sehr erstaunt und sehr beunruhigt, sie hier zu sehen. Ihre Anwesenheit inmitten des hiesigen aufs Höchste erregten und Texar gedankenlos ergebenen Pöbels erschien wirklich gefährlich. Die Leute wußten ja recht gut daß Mr. Stannard die auf Camdleß-Bay herrschenden, der Sklaverei feindlichen Anschauungen vollständig theilte. Die Plünderung seiner eigenen Wohnung in Jacksonville konnte ihm schon als Warnung und Zeichen dienen, wessen er sich gegebenen Falles zu versehen hatte.
Unzweifelhaft setzte er sich persönlich den größten Gefahren aus. Das Geringste, was ihm, sobald er erkannt wurde, widerfahren konnte, war eine unmittelbare Einsperrung als Mitschuldiger James Burbank’s.
»Wir müssen Gilbert retten!… weiter vermochte Miß Alice auf Mr. Harvey’s Einwendungen nichts zu antworten.
– Ja wohl, meinte dieser, das muß gewiß versucht werden, nur soll Herr Stannard sich nicht auf der Straße zeigen!… Er mag hier verborgen bleiben, während wir handeln.
– Wird man mich in das Gefängniß einlassen? fragte das junge Mädchen.
– Ich glaub’ es
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