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Nord gegen Süd

Nord gegen Süd

Titel: Nord gegen Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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nordstaatlichen Truppen überließen, einfach tiefer in’s Innere der Grafschaft zurückziehen. Ein einziger Umstand nur konnte Jacksonville vor der Einnahme retten, die Machtvollkommenheiten des Bürgerausschusses verlängern und die Ausführung der blutigen Beschlüsse desselben möglich machen – nämlich der, daß die Kanonenboote aus irgend einem Grunde – sei es wegen Mangels an Wasser oder wegen des Fehlens eines Lootsen – die Barre des Flusses nicht überschreiten konnten. Uebrigens handelte es sich ja nur um wenige Stunden, dann mußte diese Frage gelöst sein.
    Inzwischen begaben sich, mitten in einer sich immer dichter zusammendrängenden Volksmenge, Miß Alice und Mr. Harvey nach dem öffentlichen Platze. Wie sie es freilich beginnen sollten, um in den Saal des Court-Justice zu gelangen, davon hatten sie zunächst keine Vorstellung. Vielleicht entzog sich auch Texar, wenn er vernahm, daß Alice Stannard vor ihm zu erscheinen verlangte, einer unbequemen Frage einfach auf die Weise, daß er das junge Mädchen verhaften und bis nach der Hinrichtung des jungen Lieutenants einsperren ließ. Das muthige Mädchen wollte jedoch von allen solchen Möglichkeiten nichts wissen. Keine persönliche Gefahr hätte sie von ihrem Vorhaben abwenden können, bis zu Texar vorzudringen und ihm die Begnadigung Gilbert’s abzunöthigen.
    Als Mr. Harvey und sie den Platz erreicht hatten, fanden sie hier einen Haufen Pöbel, der womöglich noch toller lärmte. Wildes Geschrei erschütterte die Luft. Von allen Seiten tönten wüthende Rufe und schreckliche Flüche von einer Gruppe zur anderen, doch immer brüllten alle einstimmig: »Zum Tode! Zum Tode!«
    Mr. Harvey erfuhr auf seine Erkundigungen, daß der Ausschuß seit einer Stunde zu einer Sitzung beisammen sei. Ein peinliches Vorgefühl ergriff ihn, eine Ahnung, welche nur zu sehr in Erfüllung gehen sollte. In der That einigte sich der Ausschuß eben bezüglich des Urtheils über James Burbank als Mitschuldigen seines Sohnes Gilbert, unter der Anschuldigung, ein Einverständniß mit der föderirten Armee unterhalten zu haben. Dasselbe Verbrechen erheischte natürlich dieselbe Strafe, die Krönung des Werkes seines Hasses, den Texar der Familie Burbank einmal geschworen hatte.
    Mr. Harvey wollte für jetzt nicht weiter gehen. Er versuchte Alice mit sich fortzuziehen. Es erschien ihm unnöthig, daß sie Zeugin der Gewaltthätigkeiten sei, zu denen der Pöbel geneigt schien, wenn die Gefangenen nach Verkündigung des Urtheiles den Court-Justice verließen. Das war auch gewiß nicht der geeignete Zeitpunkt zu einer Fürsprache bei dem Spanier.
    »Kommen Sie, Miß Alice, sagte Mr. Harvey, kommen Sie! – Wir kehren hierher zurück… sobald der Bürgerausschuß…
    – Nein, erklärte Miß Alice, ich will und werde mich zwischen die Verurtheilten und deren Richter werfen…«
    Die Entschlossenheit des Mädchens war eine so große, daß Mr. Harvey daran verzweifelte, dieselbe zu erschüttern. Miß Alice drängte sich vorwärts, er mußte ihr wohl oder übel folgen. So dicht sich die Volksmenge – aus der sie Einzelne gewiß erkannten – auch staute, öffnete sie sich doch vor ihrer Erscheinung, aber der Ruf »Zum Tode!« gellte nur noch schrecklicher in ihr Ohr. Nichts vermochte sie aufzuhalten, und so gelangte sie denn wirklich zuletzt bis zum Thore des Court-Justice.
    Hier war die Menge nur noch aufgeregter, zeigte aber nicht die Aufregung nach dem Sturm, sondern die, die jenem vorherzugehen pflegt. Von deren Seite konnte man sich auf die schlimmsten Ausschreitungen gefaßt machen.
    Plötzlich entstand eine lärmende Rückwärtsbewegung unter den Massen, und wild durcheinander strömten die Zuhörer aus dem Saale des Court-Justice heraus. Das Schreien und Heulen verdoppelte sich. Das Urtheil war eben verkündigt worden.
    James Burbank wie Gilbert waren des angeblich gleichen Verbrechens schuldig befunden und zur Hinrichtung verdammt worden; Vater und Sohn sollten von dem nämlichen Executions-Commando fallen.
    »Zum Tode mit ihnen… zum Tode!« brüllte sinnlos die Menge. James Burbank erschien auf den obersten Stufen. Er war ruhig und völlig Herr seiner selbst. Ein Blick unsäglicher Verachtung – das war Alles, was er für das Toben der Volksmasse hatte.
    Eine Abtheilung Miliz umringte ihn; sie hatte Befehl, ihn nach dem Kerker zurückzuführen.
    Er war nicht allein.
    Gilbert ging an seiner Seite.
    Aus der Zelle geholt, in der er die Stunde der Execution erwartete,

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