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Nord gegen Süd

Nord gegen Süd

Titel: Nord gegen Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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hoher Palissaden umschlossen wurde, deren dicht aneinanderschließende, lothrecht stehende Planken sich zur Hälfte unter dem Grün der üppigen Vegetation verbargen. Hier erhob sich also die Privatwohnung der Familie Burbank.
    Halb Haus, halb Schloß, hatte diese Wohnung den ihr mit Recht zukommenden Namen Castle-House erhalten.
    Schon seit einer Reihe von Jahren gehörte Camdleß-Bay den Vorfahren James Burbank’s. Zu jener Zeit, wo noch Verwüstungen durch die Indianer zu befürchten waren, hatten sich die Besitzer genöthigt gesehen, wenigstens die eigene Wohnung zu befestigen. Die Zeit war ja noch nicht so fern, wo General Jessup Florida gegen die Seminolen zu vertheidigen hatte. Lange Jahre hindurch hatten die Ansiedler von jenen rastlosen Nomaden furchtbar zu leiden gehabt. Ihre Wohnungen wurden nicht allein durch freche Diebstähle geplündert, nein, auch nicht selten durch Blut befleckt und dann noch durch Feuer vollends vernichtet. Selbst die Städte waren wiederholt von solchen feindlichen Einfällen und Raubzügen bedroht gewesen. An manchen Stellen ragen noch die traurigen Ruinen empor, welche die Indianer von ihren Zügen hinterlassen haben. Weniger als fünfzehn Meilen von Camdleß-Bay und nahe dem Weiler Mandarin zeigt man noch heute »das blutige Haus«, in dem der Ansiedler Mr. Motte, dessen Frau und drei junge Töchter von den Missethätern scalpirt und nachher ermordet worden waren. In unseren Tagen ist der Vernichtungskampf zwischen dem Bleichgesicht und der Rothhaut jedoch als beendet zu betrachten. Die endgiltig besiegten Seminolen haben weit weg, nach dem Westen des Mississippi zurückweichen müssen. Man hört nicht mehr von ihnen sprechen, höchstens von einzelnen Haufen, welche noch den sumpfigen Theil des südlichen Florida durchziehen. Das Land hat also von diesen wilden Eingebornen nichts mehr zu fürchten.
    Die früheren Verhältnisse erklären es jedoch, daß die Wohnungen der Ansiedler so hergestellt waren, um einem plötzlichen Ueberfall der Indianer Trotz bieten und wenigstens widerstehen zu können, bis die freiwilligen Bataillone herankamen, welche sich in den Städten und Weilern der Nachbarschaft organisirt hatten. Das Schlößchen Castle-House war also in dieser Weise gesichert worden.
    Castle-House erhob sich auf einer leichten Bodenwelle mitten in einem etwa drei Acres großen, abgeschlossenen Park, der einige hundert Yards hinter dem Ufer des Saint-John anfing. Ein ziemlich tiefer Wasserlauf umgab diesen Park, dessen Sicherheit eine große Plankenumwallung vervollständigte, durch welche nur ein einziger Eingang und zwar über eine den »Festungsgraben« überspannende Brücke führte. An der Rückseite des kleinen Hügels verbreiteten sich schöne, zu Wäldchen vereinigte Bäume über die sanften Abhänge des Parkes hinab, um den sie eine herrliche grüne Einfassung bildeten. Eine schattenfrische Allee von Bambus, dessen Stengel sich wie in einem gerippten Bogengewölbe kreuzten, führte, gleich einem sehr langen Kirchenschiff, von dem Quai des kleinen Hafens von Camdleß-Bay bis zu den ersten Rasenplätzen. Im Innern verbreiteten sich nämlich auf allen von den Bäumen nicht besetzten Flächen saftig grüne Grasflächen, durchschnitten von langen Fußwegen, welche, abgeschlossen durch weiße niedrige Geländer, auf einem sein übersandeten Platz vor dem Castle-House selbst ausmündeten.
    Dieses sehr unregelmäßig erbaute Schlößchen bot mancherlei Ueberraschendes sowohl in der Gesammtheit seiner Anordnung wie bezüglich der Phantasie in seinen Details. Für den Fall aber, daß etwaige Angreifer auch die Plankenwand das Parkes überstiegen gehabt hätten, hätte es sich doch – gewiß ein nicht unwichtiger Umstand – auch noch selbst zu vertheidigen und eine mehrstündige Belagerung auszuhalten vermocht. Die Fenster seines Erdgeschosses waren mit Eisengittern versehen; das Hauptthor an der Vorderseite glich an Festigkeit einer Fallbrücke. An verschiedenen Punkten der aus einem marmorähnlichen Stein erbauten Mauern befanden sich herausspringende sogenannte »Pfefferbüchsen«, welche die Vertheidigung dadurch noch erleichterten, daß sie die Angreifer in der Flanke unter Feuer zu nehmen gestatteten.
    Kurz, mit seinen auf das Nothwendigste beschränkten Oeffnungen, mit dem Mittelthurm, der das Ganze überragte und das Sternenbanner der Union trug, mit seinen Zinnen und den mehrfach ausgesparten Schießscharten, der Neigung seiner Mauern nahe dem Erdboden, den hoch

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