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Nord gegen Süd

Nord gegen Süd

Titel: Nord gegen Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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trat raschen Schrittes an ein Fenster der Vorhalle, während Mr. Stannard und Edward Carrol sich nach der Thür begaben. Zermah hatte sich, die kleine Dy an der Hand fassend, erhoben. Alle empfanden eine Art Ahnung, daß sich hier etwas besonders Wichtiges ereignen werde.
    Der Verwalter war nach der Landungsbrücke des Hafens zurückgekehrt. Zehn Minuten später erschien er mit dem Boten, den ein Fahrzeug von Jacksonville nach Camdleß-Bay gebracht hatte.
    Es war das ein Mann in der Uniform der Milizen der Grafschaft. Er wurde in die Vorhalle geführt und fragte hier nach Herrn Burbank.
    »Das bin ich! Was wünschen Sie?…
    – Ihnen diese Schrift zu überreichen.«
    Der Bote hielt ihm damit einen großen Briefumschlag entgegen, der an einer Ecke den Stempel des Court-Justice trug.
    James Burbank erbrach das Siegel und las wie folgt:
    »Auf Befehl der neu eingesetzten Obrigkeit von Jacksonville wird jeder Sclave, der gegen den Willen der Südstaatler frei geworden ist, sofort des Landes verwiesen.
    Diese Maßregel ist binnen achtundvierzig Stunden auszuführen – bei Vermeidung der Anwendung von Gewalt.
    Gegeben zu Jacksonville 28. Februar 1862.
    Texar«.
    Die bisherigen Behörden, welche das beste Vertrauen verdienten, waren gestürzt worden. Unterstützt von seinen Spießgesellen, stand jetzt seit kurzer Zeit Texar an der Spitze der Stadt.
    »Was soll ich als Antwort überbringen? fragte der Bote.
    – Gar nichts!« erwiderte James Burbank.
    Der Bote zog sich zurück und wurde nach seinem Fahrzeug begleitet, das wieder nach der linken Flußseite hinübersteuerte.
     

    Alle Arme bewegten sich… (S. 108.)
     
    Auf Anordnung des Spaniers sollten also die früheren Sclaven der Pflanzung vertrieben werden! Allein dadurch, daß sie freigelassen waren, hatten sie das Recht verwirkt, auf dem Gebiete von Florida zu leben! Camdleß-Bay sollte seines ganzen Personals beraubt werden, auf welches James Burbank zur Vertheidigung der Pflanzung rechnen konnte!
    »Frei sein unter solchen Bedingungen? rief Zermah, nein, niemals! Ich verzichte auf die Freiheit, und da es nothwendig ist, um bei Ihnen bleiben zu können, Herr Burbank, so will ich lieber wieder Sclavin werden!«
    Bei diesen Worten ergriff Zermah ihren Freilassungsschein, zerriß ihn in Stücken und sank vor James Burbank auf die Knie.

Neuntes Capitel.
In Erwartung.
    Das war die erste Folge der edelmüthigen Regung, der James Burbank auch gehorcht hatte, als er seine Sclaven freiließ, ehe die föderirte Armee die Herrin des Landes geworden war.
    Jetzt herrschten Texar und seine Genossen in der Stadt und Grafschaft. Sie konnten ungehindert jeden Gewaltact ausüben, zu dem ihre rohe und gefühllose Natur sie etwa trieb, das heißt, sie konnten ungestraft die größten Excesse begehen. Wenn es dem Spanier auf seine unbewiesenen Beschuldigungen hin auch nicht gelungen war, James Burbank seiner Freiheit zu berauben, so hatte er, in geschickter Benützung der Verhältnisse in Jacksonville, wo sich der größte Theil der Bewohnerschaft wegen der Haltung der Richter in der Angelegenheit des Besitzers von Camdleß-Bay in hocherregter Stimmung befand, nichtsdestoweniger sein Ziel erreicht. Nach Entlassung des sclavenfreundlichen Ansiedlers, der eben für seine ganze Besitzung die bedingungslose Freigebung verkündet hatte, des Nordstaatlers, der dem Feinde ohne Hehl den besten Erfolg wünschte, hatte Texar die große Masse urtheilsloser ungerechter Leute aufzuhetzen und die ganze Stadt zum Aufstande zu bringen gewußt. Nachdem er die Vertreibung der früheren, so compromittirten Beamten durchgesetzt, hatte er deren Stelle mit den Vorgeschrittensten seiner Partei ausgefüllt und eine Art Ausschuß gebildet, in dem die weißen kleinen Leute mit den Floridiern von spanischer Abkunft sich in die Gewalt theilten.
    Daneben rief er schleunigst die schon lange bearbeiteten und mit dem Pöbel gemeinsame Sache machenden Milizen zusammen. Jetzt lag das Schicksal aller Bewohner der Grafschaft allein in seiner Hand.
    Wir müssen hier einfügen, daß James Burbank’s Vorgehen auch seitens der Ansiedler, deren Besitzungen die beiden Ufer des Saint-John begrenzten, keine Zustimmung gefunden hatte. Diese mochten nicht mit Unrecht fürchten, daß ihre Sclaven versuchen könnten, sie zu demselben Schritte zu zwingen. Die große Menge der Pflanzer sahen, als Anhänger der Sclaverei und entschlossen, den Anforderungen der Unionisten Widerstand entgegen zu setzen, mit größter Unruhe den

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