Norddeutschland, Morddeutschland - 3 Krimis von der Küste (German Edition)
antworten zu müssen. Ein Mann mit einem Knebelbart kam herein.
Benecke dachte unwillkürlich an die Beschreibung der beiden Joggerinnen, die davon gesprochen hatten, dass ihnen ein Mann mit einem Ziegenbart entgegengekommen war.
Allerdings war die Aussage ja alles andere als detailreich gewesen, und Männer mit so einem Bart gab es wahrscheinlich wie Sand am Rügener Strand.
Trotzdem nahm sich Benecke vor, seine Aufmerksamkeit in dieser Richtung aufrechtzuerhalten.
Ranen-Met, Ziegenbart und … ein Handwagen, stellte er erstaunt fest, als er durch die halboffene Tür blickte. Dort befand sich noch ein zweiter Mann. Bartlos, bis auf einen Kranz am Hinterkopf auch fast haarlos, aber trotzdem nicht älter als vielleicht Mitte zwanzig. Das geringelte T-Shirt und die Bermuda-Shorts ließen ihn zusätzlich sehr jungenhaft erscheinen.
„Cornelius!“, begrüßte Erdmute von Bergen den Mann mit dem Bart, was wohl bedeutete, dass dies ihr Mann war. „Es ist etwas …“
„Augenblick, Augenblick!“, unterbrach Cornelius von Bergen sie barsch. Er wirkte ziemlich hektisch. Um den Hals hingen ihm zwei Amulette - eins mit einem Pentagramm, das andere mit einem Abbild des vierköpfigen Svantevit. „Ich brauche ein Fass Ranen-Met für den Jörn.“
„Den Jörn aus Putbus?“
„Nein, Jörn Matthies, unseren Nachbarn.“ Cornelius wuchtete eines der Fässer auf den Tresen und pustete. „Komm rein, Jörn und hilf mir!“
Der junge Mann mit dem kahlen Kopf schlich geradezu durch die Tür. Seine Schultern waren recht breit und die Art, wie er versuchte, sich selbst schmal zu machen, wirkte grotesk.
„Na los, Jörn!“
Jörn Matthies beeilte sich jetzt, fasste mit an, und gemeinsam wuchteten die beiden Männer das Fass hinaus, bis es schließlich auf dem Handwagen gelandet war.
„Den Wagen brauche ich morgen!“, sagte Cornelius.
„In ... O ...O ...Ordnung“, stotterte Jörn Matthies schwer atmend, den das Schleppen der Fässer offenbar sehr angestrengt hatte.
„Wäre also nett, wenn du ihn mir bis mittags zurückbringst.“
„Ja, mache ich.“
„Ich bin sonst ziemlich aufgeschmissen.“
„Versprochen.“
„Einen Moment mal!“, rief Benecke geistesgegenwärtig und eilte hinaus.
Er sah sich den Handwagen näher an. Die Reifen waren aus breitem Vollgummi, sodass man auch auf weichem Sand am Strand damit fahren konnte. Jedenfalls konnte die Reifenbreite in etwa mit den Spuren übereinstimmen, die am Opferstein gefunden worden waren.
„Was ist denn los?“, rief Hauptkommissar Jensen ihm hinterher.
Benecke kümmerte sich nicht weiter um den Kripo-Mann. Ihn beschäftigte vielmehr die Frage, wie er die Maße des Handwagens nehmen konnte, ohne unangenehm aufzufallen.
„Ich bin schon seit Längerem auf der Suche nach einem ähnlichen Wagen“, meinte Benecke. „Zum Getränke-Einkaufen bei uns in Köln. Der wäre doch ideal. Darf ich mal fragen, wie breit der so von Reifen zu Reifen ist?“
„Sie dürfen fragen“, sagte Cornelius von Bergen knurrig. „Aber ich werde es Ihnen nicht sagen können. Sie müssen schon selbst messen. Und soweit ich weiß, hat die Firma, die die Dinger herstellt, auch inzwischen Pleite gemacht.“
„Es gibt ja glücklicherweise das Internet. Da gibt es alles auch gebraucht – aber dann weiß ich zumindest, wonach ich suchen muss.“ Benecke wartete nicht weiter ab. Ein Maßband gehörte zu seiner Standard-Ausrüstung, die er immer bei sich trug. Die Zahlen waren schnell notiert. Cornelius von Bergen zog unwillig die Mundwinkel nach unten.
„Kann ... ich jetzt los?“, fragte Jörn Matthies. Sein Kopf wurde vor Verlegenheit feuerrot.
„Ja, sicher“, erwiderte Cornelius von Bergen. „Aber wie gesagt, bring mir pünktlich den Wagen zurück, sonst stehe ich nämlich auf dem Schlauch!“
Jörn Matthies setzte sich mit dem Handwagen in Bewegung.
Cornelius von Bergen musterte Benecke unfreundlich. Sein Blick blieb an dem Nasenring hängen, nachdem er sich zunächst eingehend die Tattoos angesehen hatte.
„Sagen Sie, ich habe die Angewohnheit, mich mit berühmten Leuten zusammen zu fotografieren“, sagte Benecke.
Cornelius von Bergen drehte sich scheinbar suchend um.
„Sehen Sie hier irgendwo einen berühmten Menschen?“
„Na, Sie!“, meinte Benecke. „Ich habe einiges über Sie im Internet gelesen. Ich interessiere mich sehr für diese alten Götter, und Sie dürften der einzige aktive Svantevit-Priester sein. Und der Ranen-Met ist ja wohl auch Ihre
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