Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Norddeutschland, Morddeutschland - 3 Krimis von der Küste (German Edition)

Norddeutschland, Morddeutschland - 3 Krimis von der Küste (German Edition)

Titel: Norddeutschland, Morddeutschland - 3 Krimis von der Küste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hendrik M. Bekker , Albert Baeumer , Alfred Bekker
Vom Netzwerk:
mündete. Aber diesmal hatte er das Spray gleich einsatzbereit in seiner Hand behalten und konnte sofort für Abhilfe sorgen.
    „Von wegen Dame! Ich habe erst gedacht, die wäre noch eine der letzten Kommunisten, weil sie immer was von Banken enteignen und so daherredete! Aber dann habe ich gemerkt, dass das wohl irgendwie persönlicher gemeint war, woll?
    Ziemlich aggressiv die Frau, das muss ich zugeben. Und ihre Auftritte waren auch vom Allerfeinsten. Wissen Sie, wat ich gemacht habe? Ich habe sie zu einer Tasse Schonkaffee eingeladen und sie hat mir ihre Lebensgeschichte erzählt! Die Frau hat Temperament, das kann ich wohl behaupten, ist aber völlig harmlos. Und mal ehrlich: Die feine Art war das ja auch nicht, wie Frank Schneider seine Geschäfte geführt hat.
    Gerlinde hieß die Rothaarige. Aber den Nachnamen habe ich mittlerweile schon wieder vergessen. Ich habe so ein schlechtes Namensgedächtnis, und dat in meinem Job!
    Können Sie sich vorstellen, wie ich es trotzdem nach oben geschafft habe?“
    „Also Sie glauben nicht, dass Gerlinde Grasmück Frank Schneider umgebracht haben könnte?“, hakte George direkt nach, dem es ziemlich egal war, wie der Dicke zu seiner Position gekommen war.
    „Na ja, den Frank schon. Da hätte sie ein Motiv gehabt. Aber was ist mit den anderen? Außerdem – Hunde, die bellen, beißen nicht. Und Gerlinde kann bellen, woll! Glauben Sie mir, ich kann Menschen gut einschätzen.“ Er ließ den Blick zwischen George und dem Kriminalbiologen hin und her wandern. „Wieso, haben Sie wat von der Frau gehört?“
    „Sie ist gestern verhaftet worden“, sagte Benecke lapidar.
    Bernard Dietzenbacher stand ohnehin der Mund offen, aber jetzt vergaß er ihn auch eine ganze Zeit lang wieder zu schließen.
     
    „Echt?“, fragte er schließlich erstaunt. „Tja, so kann man sich in einem Menschen täuschen.“

    ***
    Der Mann atmete tief durch. Er blickte in seine Hände. Das tat er immer, wenn er sich beruhigen wollte. Es war ein Ritual.
    Eine gezackte Narbe zog sich quer über seine rechte Hand und erinnerte ihn immer an jenen Moment, in dem alles angefangen hatte. Er berührte die Narbe und wurde ganz ruhig. Damals war Blut aus der Wunde gequollen, aber das war der einzige Unterschied. Er entsann sich genau. So lange war es her. Und genau wie an jenem Tag wurde er nun ganz still. Jetzt mochte geschehen, was wollte. Es schien ihn nicht mehr zu betreffen. Der Puls, der ihm noch eben bis zum Hals gerast war, wurde wieder ruhiger.
    Er fuhr die gezackte Narbe mit dem Zeigefinger der anderen Hand nach. Immer wieder. Das hatte er früher auch oft getan, um das Schreckliche zu begreifen, das ihm geschehen war.
    Narben bleiben! Immer! So wie manche Erinnerungen, die auch wie Narben sein konnten und genauso schmerzten. Zwar nicht bei jedem Wetterwechsel wie die Narbe an seiner Hand, aber zu allen möglichen anderen Gelegenheiten.
    Er atmete jetzt tief und gleichmäßig. In der Therapie hatte er gelernt, wie man das machte. Das war allerdings auch das Einzige, was er davon hatte mitnehmen können. Ansonsten …
    Aber das lag vielleicht an ihm. An seiner Schweigsamkeit.
    Damals schon …
    Er ging zum Tisch, vorbei an der Spüle, in die das Wasser lief.
    Er ließ es einfach laufen, bereits seit einer halben Stunde. Es lief über das Beil und würde sicher dazu beitragen, dass sich die Roststellen noch tiefer in das Metall hineinfraßen.
    Aber Blut war so schwer abzuwaschen.
    Selbst wenn gar nichts mehr zu sehen war, hatte man immer das Gefühl, dass man noch weiterwaschen musste.
     
    Blut …
    Rot …
    Nein, er wollte nicht mehr daran denken. Denn das erinnerte ihn immer an den Augenblick, als er hilflos am Boden gelegen hatte, wie begraben, eingeklemmt, in unerträglicher Hitze und mit so viel Blut um ihn herum. Eine Stimme hatte gerufen:
    „Kommt, schnell weg!“
    Er ging zum Tisch. Dort lagen zwei flache Kästen mit Käferpräparaten. Käfer, so bunt und exotisch wie die Natur eben war. Immer dieselbe Grundform, sechs Beine, Beißwerkzeuge, ein Kopf, ein Körper und ein Rückenpanzer aus Chitin, manchmal auch Flügel. Aber die Varianten innerhalb dieses Grundmusters waren endlos.
    Selbstähnlichkeit in Perfektion – wie sonst nur bei Schneeflocken unter dem Mikroskop. Bis heute wurden immer noch jedes Jahr neue Käferarten entdeckt und fanden ihren Platz in der biologischen Systematik mit einem erhaben klingenden, lateinischen Namen.
    Er klappte die Tablettendose auf, in der er seine

Weitere Kostenlose Bücher