Norddeutschland, Morddeutschland - 3 Krimis von der Küste (German Edition)
grausige Szenerie glich jener am Opferstein –
nur dass der Tote hier an den Stein gelehnt war. Der kopflose Rumpf mit dem schrecklich anzusehenden Halsstumpf wirkte in dieser halb sitzenden Stellung noch grotesker. Ein Arm war etwas abgedreht und wirkte verrenkt. Die Faust bohrte sich in den Boden – offenbar, um seine Lage zu stabilisieren.
Der Kriminalbiologe umrundete langsam den Kultstein.
Ihm fielen ein paar eigenartige Vertiefungen an dem Stein auf.
Eine sah wie ein Fuß eines Erwachsenen aus, eine andere Stelle wie der eines Kindes. In dem kleineren „Fuß“ lag etwas.
Es sah auf den ersten Blick wie ein Stück Moos oder eine Flechte aus.
Benecke fotografierte zunächst die Stelle.
Dann, als Benecke mit der Pinzette die vermeintliche Pflanze emporhob, stellte es sich als etwas völlig anderes heraus.
„Ich werd´ verrückt!“, stieß George hervor. „Ein falscher Bart!“
„Unser Ziegenbart!“, sagte Benecke.
„Es musste ihn ja geben! Die Joggerinnen haben ihn gesehen und die Steinmüllers auch!“, meinte George.
„Ja, nur der Kerl dazu, der fehlt uns jetzt“, sagte Benecke, während er sein Fundstück den Kriminalbeamten zur Begutachtung hinhielt. „Was wir jetzt schon sagen können ist, dass der Täter offensichtlich keinen Bart trägt, denn sonst müsste er sich keinen ankleben!“
„Eine bezwingende Logik!“, knurrte Jensen und kratzte sich am Kopf.
„Wieso klebt sich ein erwachsener Mann einen Bart an?“, fragte George.
„Ich nehme an, er wollte nicht erkannt werden. Und das hat ja auch geklappt. Die Personenbeschreibung der Joggerinnen und der Steinmüllers haben uns völlig in die Irre geführt“, betonte Benecke. Nachdem er den falschen Bart eingetütet hatte, drehte er sich suchend um. „Weiß jemand über die Bedeutung dieses Ortes Bescheid? Wer wurde hier früher geopfert?“
„Warum sollte das von Bedeutung sein, was hier vor Hunderten von Jahren passiert ist“, murrte Hauptkommissar Jensen vor sich hin.
Aber der Kriminalbiologe blieb trotz der zur Schau gestellten Ignoranz weiterhin freundlich und erklärte: „Hier ist alles arrangiert worden. Der Täter weiß genau, was er tut. Er platziert die Käfer mit Bedacht, und ich bin überzeugt davon, dass auch der Bart nicht zufällig hier abgelegt wurde. Und das Ganze könnte etwas mit diesem Ort zu tun haben oder mit einer alten Geschichte, die sich darum rankt … Keine Ahnung!
Ich bin ja nicht von hier.“
Susanne Hawer, die die ganze Zeit Beneckes Ausführungen interessiert gelauscht hatte, mischte sich jetzt mit einem Seitenblick auf ihren genervten Chef ein: „Also, die Stelle, an der Sie den Bart gefunden haben, soll der Abdruck eines Kinderfußes sein. So erzählt man sich zumindest.“ Sie trat vor und deutete nacheinander auf drei verschiedene Vertiefungen im Stein. „Ein Kinderfuß, ein Erwachsenenfuß und ein Hasenfuß.“
„Tja, klingt interessant“, meinte Benecke.
„Und was soll das nun bedeuten? Der Täter hat den Bart in den Kinderfuß gelegt, weil er mal ein Kind war, oder was sollen wir jetzt daraus schließen?“, fragte Hauptkommissar Jensen mit spöttischer Stimme.
Um die gereizte Stimmung etwas zu dämpfen, warf George ein: „Jedenfalls braucht der Täter den Bart nicht mehr, und das könnte bedeuten, dass er wohl niemanden mehr tötet.“ Benecke nickte nachdenklich. „Die Sache ist abgeschlossen.
Wenn wir jetzt bei der Leiche einen Käfer aus Asien finden, dann könnte das die Bestätigung dafür sein.“
„Es gibt eine Geschichte zu diesem Stein“, sagte Susanne Hawer. „Eine Jungfrau sollte hier einst geopfert werden. Man hatte sie beschuldigt, mit einem schwarzen Umhang geflogen zu sein, was wohl eine verbotene Hexerei war. Sie flehte natürlich um ihr Leben und versicherte, dass sie unschuldig sei! Die Priester verlangten aber ein Zeichen für ihre Unschuld und dafür, dass sie rein vor Gott sei …“
„Und?“, fragte Benecke gespannt, „gab es da ein Zeichen?“
„Ja, es erschien ein fremdes Kind – ein Engel!“
„Und von dem Engel stammt der kleine Abdruck – der Legende nach.“
„Genau. Das Kind nahm die Jungfrau und ging mit ihr über den Stein.“
„Und was ist mit dem Hasenfußabdruck?“, mischte sich George ein.
„Zur gleichen Zeit soll der Teufel in Gestalt eines Hasen über den Stein geschritten sein. Er folgte den beiden nach.“ Susanne Hawer zuckte die Achseln. „Das war die Geschichte.
Die gibt es natürlich in mehreren
Weitere Kostenlose Bücher