Norddeutschland, Morddeutschland - 3 Krimis von der Küste (German Edition)
wat auf der Schrifttafel so alles Interessantes über die Dolmengräber auf Rügen jeschrieben steht, da gellt plötzlich ein Schrei! Wie in diesen alten Edjar-Wallace-Filmen, wenn der Klaus Kinski aufjetreten ist.“
„Und wer hat da geschrien?“, fragte Benecke.
„Na, meine Frau, wer denn sonst?“, meinte Herr Steinmüller treuherzig.
„Jetzt übertreibst du aber!“, protestierte seine Frau. „So doll habe ich doch gar nicht geschrien!“
„Also icke sach Ihnen ehrlich, icke habe jar nich gewusst, dass meine Frau so laut schreien kann, denn normalerweise bringt sie eijentlich nichts aus der Ruhe. Aber in dem Moment
… Meine Herren!“
„Ja, das hat mich ja auch gewissermaßen völlig unvorbereitet getroffen!“, verteidigte sich Frau Steinmüller.
„Und wie ging es dann weiter?“, wollte Benecke wissen, während nun endlich Georg Schmitz den Biergarten betrat und sich ebenfalls an den Tisch setzte.
„Sie haben noch nichts Wesentliches verpasst“, wandte sich Lydia Benecke kurz an den Lokalreporter in fremdem Revier.
Die beiden Steinmüllers sahen sich gegenseitig an und zuckten dann nahezu im selben Augenblick mit den Schultern.
„Als meine Frau zu schreien aufjehört hatte und icke den Kopflosen auch jesehen hatte, habe icke mit dem Handy die Polizei anjerufen.“
„Nein, du hast es versucht“, korrigierte seine Frau, „aber dein Handy-Akku war mal wieder leer …“
„Ja, ja“, knurrte Herr Steinmüller. „Aber det spielt doch jar keine Rolle.“
Frau Steinmüller wandte sich an Benecke und fuhr mit hochgezogenen Augenbrauen fort: „Also, mein Mann musste mein Handy nehmen, weil er die ganze Zeit mit seinem Gerät Videoaufnahmen gemacht hat. Ich war ja zugegebenermaßen so durch den Wind, dass ich bei dem Anruf kein vernünftiges Wort herausgebracht hätte.“
„Sie haben während Ihres Spaziergangs zu den Ziegensteinen mit dem Handy gefilmt?“, hakte Benecke interessiert nach.
„Ja, sicher“, meinte Herr Steinmüller.
„Haben Sie auch der Polizei davon erzählt?“
Wieder sahen sich die Steinmüllers kurz an, zuckten gemeinsam die Schultern und schüttelten anschließend annähernd synchron die Köpfe.
„Danach hat doch niemand jefragt!“, stellte Herr Steinmüller dann fest.
„Kann ich mir die Aufnahmen von Ihrem Chip herunterkopieren?“, fragte Benecke.
„Wenn Se wissen, wie det jeht …“
„Kein Problem! Wenn mein MacBook jetzt funktionieren würde
…“
„Nehmen Sie doch meinen Laptop“, schlug George hilfsbereit vor.
„Danke“, sagte Benecke und wandte sich dann wieder den Steinmüllers zu. „Und nun schildern Sie mir doch bitte, ob Ihnen irgendetwas Besonderes aufgefallen ist.“
„Abjesehen von dem Toten ohne Kopf auf dem Ziegenstein –
nichts“, sagte Herr Steinmüller. „Wie schon erwähnt, wir sind Krimi-Fans und wissen natürlich Bescheid.“
„Also, verändert haben wir ganz bestimmt nichts!“, versicherte nun seine Frau.
„Wir sind nich mal näher heranjejangen“, ergänzte Herr Steinmüller. „Sah ja auch richtig wat fies aus, wie der da lag
… In so einen offenen Halsstumpf hineinzusehen, det is ja wie im Horrorkabinett oder in der Jeisterbahn auf dem Rummel.
Nur, dass det hier echt war.“ Er schloss kurz die Augen.
„Jruselig!“, entfuhr es ihm.
Er lügt, dachte Benecke. Die beiden Steinmüllers waren ihrer eigenen Aussage nach sehr wohl näher an den Geköpften herangetreten, denn andernfalls hätte keiner der beiden in den Stumpf hineinsehen können.
Aber darauf kam es Benecke gar nicht an.
Diese Lüge war gewissermaßen eine übliche Zeugensünde.
Ihm ging es um etwas anderes.
„Ich meine eigentlich, ob Ihnen etwas oder jemand aufgefallen ist, bevor Sie die Ziegensteine mit der Leiche erreichten.“
„Ehrlich jesagt, weiß icke jetzt nich so richtig, wat Se damit eijentlich meinen“, bekannte Herr Steinmüller etwas verwirrt, nachdem der ratlose Blick seiner Frau ihm klargemacht hatte, dass von ihr wohl diesmal ausnahmsweise keine Antwort zu erwarten war.
„Na ja, ist Ihnen irgendjemand begegnet? Kam Ihnen aus der Richtung des Leichenfundorts jemand entgegen, war irgendein Fahrzeug in der Nähe?“
„Da war doch der Typ mit dem Handwagen“, meldete sich nun Frau Steinmüller zu Wort, „der mit dem Ziegenbart.“
„Ein Handwagen?“, hakte Benecke nach.
„Ja, da war ein leerer Plastiksack drauf. Ich dachte noch, das wäre ein kommunaler Gärtner oder so was.“
„Oder jemand, der
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