Norddeutschland, Morddeutschland - 3 Krimis von der Küste (German Edition)
weiter.
„Sie meinen, dass der Täter vielleicht exotische Käfer in seiner Wohnung hält, so wie ich das mit meinen Fauchschaben tue, die ich bei meinen Veranstaltungen vorführe?“, vergewisserte sich Benecke.
„Genau.“
„Aber beim Transport der Leiche wäre der Käfer herausgefallen. Da bin ich mir ziemlich sicher“, widersprach Benecke. „Nein, der Mord geschah zwar nicht bei den Ziegensteinen – aber der Käfer wurde definitiv erst dort im Halsstumpf des Opfers platziert.“
Benecke ließ den Blick über den Lauterbacher Hafenvorplatz und die an den Imbisshäuschen vorbeiflanierenden Touristen schweifen. Gelächter klang von dem am Kai liegenden Räucherschiff herüber, an dessen Bug man deutlich die Beschriftung „Berta“ ausmachen konnte.
„Vielleicht bringt es ja was, die Steinmüllers zu befragen …“
„Die Leute, die die Leiche gefunden haben?“
„Richtig. Ich hoffe nur, dass sie sich im Hotel aufhalten. Aber, ehrlich gesagt, wenn ich eine Leiche gefunden hätte, dann hätte ich jetzt auch nicht gerade große Lust, den Rest des Tages mit der Besichtigung touristischer Highlights zu verbringen.“
„Sie gehen jetzt stillschweigend davon aus, dass ich mich um den Fall kümmere“, stellte Benecke trocken fest.
„Ist das vielleicht eine falsche Voraussetzung?“, fragte George ungerührt.
Benecke antwortete nicht, sondern ließ sich stattdessen nochmal ein paar der anderen Bilder auf dem Kamera-Display anzeigen. Das war zwar zu klein, um wirklich relevante Einzelheiten erkennen zu können, aber manchmal brachte einen allein schon das Sich-in-Erinnerung-Rufen der groben Tatort-Verhältnisse dazu, dass man der Wahrheit ein Stück näher kam.
„Manchmal schadet das Denken eben doch nicht“, fuhr George fort. „In diesem Fall habe ich einfach von mir auf andere geschlossen. Auf Sie nämlich. Sie sind doch genauso fanatisch mit Ihrem Beruf verbunden wie ich. Wenn wir schnell hätten Geld verdienen wollen, wären wir kellnern gegangen, aber stattdessen machen wir beide etwas, das von unserem Privatleben gar nicht zu trennen ist. Und Sie haben doch längst angebissen und Feuer gefangen. Na ja, wie auch immer man das nun ausdrücken will. Und vermutlich grübeln Sie im Moment nur noch darüber nach, wie Sie Ihrer Frau beibringen, dass diese sich bis zur Aufklärung des Falles hier auf Rügen wohl erst mal weitgehend alleine beschäftigen muss!“
Benecke seufzte. George hatte genau ins Schwarze getroffen.
Tatsächlich kreisten seine Gedanken schon viel mehr um diesen Fall, als es gut war, wenn man sich mit der Sache eigentlich gar nicht weiter befassen wollte. Aber von diesem kopflosen Kerl auf dem Ziegenstein ging gewissermaßen ein Sog aus, der ihn förmlich zwang, nach der richtigen Lösung zu suchen.
„Na ja, dieser Hauptkommissar Jensen wirkte ja schon ziemlich verzweifelt“, gestand Benecke schief grinsend und auf Zustimmung hoffend.
„Ob Sie aus Mitleid oder fachlichem Interesse an der Sache dranbleiben, spielt gar keine Rolle“, meinte George,
„Hauptsache, Sie bleiben dran. Aber ich spreche wohl sowieso zurzeit mit einem Fisch, der längst an der Angel hängt … Da brauche ich mir nicht mehr den Mund fusselig zu reden.“
Und er schaute den Kriminalbiologen zufrieden an.
2. Kapitel
Als sie ins Hafenhotel Viktoria zurückgekehrt waren, trug Lydia Benecke es einigermaßen mit Fassung, dass ihr Mann beabsichtigte, noch ein paar Dinge in diesem Fall zu klären.
„Ein paar Dinge heißt alles“, meinte sie. „Und zwar restlos alles. Vorher bist du doch nicht zufrieden. Ich kenne dich doch!“
„Nur bis der Kommissar aus Stralsund und seine Mitarbeiter die Sache selbst auf die Reihe bekommen“, schränkte Benecke etwas kleinlaut ein. George hatte sich zwischenzeitlich bei dem Kellner Heiko nach Herrn und Frau Steinmüller erkundigt und wurde nach draußen zum Strandkorb verwiesen. Das Ehepaar trank Bier und versuchte, das schreckliche Geschehen zu verarbeiten.
Natürlich waren die beiden sofort bereit, Fragen zu beantworten und sogar dankbar dafür, dass außer der Polizei noch jemand mit ihnen darüber sprechen wollte. Sie vereinbarten, sich in dem zum Hotel gehörenden Biergarten zu treffen. Das Wetter war gut genug dafür, und das Hotelrestaurant oder die ebenfalls zum Viktoria gehörende Fischerstube konnte man ja auch noch in Beschlag nehmen, wenn sich die alten Ranengötter mal als nicht so großzügig mit dem Sonnenschein erwiesen. George war seit seiner
Weitere Kostenlose Bücher