Norddeutschland, Morddeutschland - 3 Krimis von der Küste (German Edition)
Ranenexperte.“
„Na, nun übertreiben Sie aber nicht!“
„Und was ist mit Ranen und Insekten allgemein?“
„Da fallen mir nur Bienen ein“, sagte Schmitz.
„Wie bitte?“
„Ja, Bienen und Honig, die hatten für die Ranen eine gewisse kultische Bedeutung, genau wie der Wein. Zumindest habe ich davon gelesen, dass bei ihren Svantevit-Festen Wein und Honigkuchen eine Rolle gespielt haben sollen.“
„Das klingt ja immerhin sympathischer als bei den Fantasiekulten in Horrorfilmen, in denen Kinder geopfert oder Herzen aus lebenden Leibern gerissen werden ...“
„Die Ranen waren ja keine Horrorfilmsekte“, gab George zu bedenken. Benecke zuckte mit den Schultern. Käfer. Bienen.
Ranen. Honigkuchen. All das wirkte wie ein Puzzle, von dem man nur die Eckstücke hatte, die noch überhaupt keinen Rückschluss darauf zuließen, was eigentlich das mögliche Motiv für einen Mörder sein sollte.
***
„Schön, dass Sie doch noch kommen“, empfing sie Kriminalhauptkommissar Ulf Jensen, als Benecke und George dessen Büro im Stralsunder Polizeipräsidium endlich erreicht hatten.
„War nicht ganz einfach, sich bis zu Ihnen durchzufragen“, meinte George und versuchte damit zu entschuldigen, dass sie einfach etwas spät dran gewesen waren. „Dafür waren wir heute Morgen schon fleißig und präsentieren Ihnen die beiden Joggerinnen, die vielleicht wichtige Beobachtungen am Tatort Ziegenstein gemacht haben könnten.“
George nahm sich ein Post-it von einem herumliegenden Block und schrieb die Namen der beiden Frauen und die Adresse des Hotels Seestern in Baabe von dem Zettel ab, den Rypalla ihm gegeben hatte. Dann klebte er den Post-it an Jensens Computer. „Wir können am Nachmittag mit den Damen sprechen. Bin sehr gespannt, was dabei herauskommt und welche Aussagen die über den Mann mit dem Ziegenbart machen können, der mit einem Handwagen an ihnen vorbeigekommen sein muss.“
Jensen war ob eines solchen Fahndungseifers doch sehr überrascht. „Ja, was soll ich dazu sagen?“
„Ein einfaches ,Danke‘ genügt“, lächelte George, „ich helfe gerne, wenn ich kann. Schließlich wollen wir doch alle, dass diese schreckliche Tat schnell aufgeklärt wird.“
„Wir werden der Spur natürlich nachgehen“, sagte Jensen.
„Ich habe auch ein paar Neuigkeiten.“
„Das heißt, es liegt ein Obduktionsbericht vor?“, hakte sich Benecke sofort in das Gespräch ein.
„Exakt“, nickte Jensen.
„Kann ich den sehen?“
„Das ist kein Buch, das öffentlich feilgeboten wird und für jedermann einzusehen ist“, erwiderte Jensen. „Nur um das klarzustellen, ich nehme das normalerweise sehr genau. In diesem Fall allerdings hole ich mir bei Ihnen ja sozusagen fachlichen Rat, Herr Benecke. Ich hoffe, Sie verstehen, dass daraus auch gewisse Pflichten für Sie erwachsen …“
„Pflichten? Soweit ich weiß, bin ich von niemandem offiziell als Gutachter bestellt worden, oder habe ich mich da verhört?“
„Ich meinte damit Verschwiegenheitspflichten“, betonte Jensen und schaute beide mit strengem Blick an. „Und an die wollte ich Sie einfach nur erinnern, damit wir nicht morgen alles brühwarm in der Zeitung lesen müssen, was Sie gesehen und gehört haben …“
„Schon klar“, sagte Benecke.
Jensen überreichte Benecke einen Schnellhefter, der ihn interessiert durchblätterte.
Jensen fuhr unterdessen fort:
„Wir kennen jetzt die Identität des Mannes. Er heißt Frank Schneider. Vier Männer werden seit ein paar Tagen auf der Insel vermisst, wir haben die Daten abgeglichen und siehe da, es war ein Treffer dabei. Frank Schneider hatte eine sehr charakteristische Narbe von einer entfernten Tätowierung über dem Schulterblatt. Seine Frau hat das unseren Kollegen in Düsseldorf bestätigt.“
Jensen holte einen Computerausdruck hervor, auf dem das Gesicht eines Mannes von Ende vierzig zu sehen war. Grauer Anzug, entschlossener Blick, die Kompetenz leuchtete ihm quasi schon aus den Augen. Ein Banker, tippte George.
„Schneider oder Schmitz – wir sind überall“, meinte der Reporter scherzhaft.
„Kommt dieser Frank Schneider aus Düsseldorf?“, fragte Benecke. „Weil Sie gerade Ihre Düsseldorfer Kollegen erwähnten …“
„Ja“, nickte Jensen. „Er war dort leitender Manager einer Investment-Firma, die durch die jüngste Krise im Finanzsektor ganz schön hat bluten müssen …“
„Noch mehr haben wohl die armen Anleger bluten müssen, wie ich vermute“, warf George
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