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Nordermoor

Nordermoor

Titel: Nordermoor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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wir noch nicht alle Informationen beisammen. Wir sind dabei, das Bild zu vervollständigen, Familie, Freunde, Arbeitskollegen. Du weißt, der Hintergrund.
Das Profil.«
    »Die Wohnung machte mir den Eindruck, als sei er alleinstehend, und zwar schon lange.«
    »Damit kennst du dich ja aus«, rutschte es Sigurður Óli heraus, aber Erlendur schien das zu überhören.
    »Und der gerichtsmedizinische Befund? Was sagen die von der Spurensicherung?«
    »Es gibt einen vorläufigen Bericht. Nichts, was wir nicht schon wissen. Holberg starb an den Folgen eines Schlags auf den Kopf. Der Schlag war heftig, aber es war in erster Linie die Form des Aschenbechers, diese Zacken, die den Ausschlag gaben. Die Schädeldecke zersplitterte, und er war praktisch auf der Stelle tot, oder so gut wie. Im Fallen scheint er auf die Kante des Wohnzimmertisches aufgeschlagen zu sein. Er hatte eine hässliche Wunde an der Stirn, die genau zur Tischkante passt. Die Fingerabdrücke auf dem Aschenbecher waren von Holberg, aber es gab noch mindestens zwei andere, und davon stimmen die einen mit den Abdrücken auf dem Bleistift überein.«
    »Die dann wohl von dem Mörder stammen.«
    »Es besteht größte Wahrscheinlichkeit, dass das der Mörder war.«
    »Ein typisch isländischer Mord also. Schäbig. Das ist es.«
    »Typisch. Und genauso wird er auch bearbeitet.«
    Es regnete immer noch. Die Tiefs, die zu dieser Jahreszeit von weit unten im Atlantik nach Island hochströmten, zogen reihenweise vom Süden der Insel nach Osten, mit stürmischen Winden, Nässe und Dunkelheit. In der Wohnung in Nordermoor waren die Mitarbeiter der Kripo immer noch bei der Arbeit. Das gelbe Absperrband der Polizei, das um das ganze Haus herum gespannt worden war, erinnerte Erlendur an die Elektrizitätswerke; ein Loch in der Straße, ein dreckiges Zelt über dem Loch, ein Lichtschein im Zelt, und alles zusammen sorgfältig mit einem gelben Absperrband umwickelt. Auf dieselbe Weise hatte die Polizei den Mord mit einem ordentlichen gelben Plastikband umspannt. Erlendur und Sigurður Óli trafen Elinborg und weitere Kriminalbeamte, die in dieser Herbstnacht bis in den Morgen hinein das Haus durchkämmt hatten und jetzt ihre Arbeit beendeten.
    Die Nachbarn in den nächsten Häusern wurden auch noch verhört, aber niemand hatte zwischen Montagmorgen und dem Zeitpunkt, als die Leiche gefunden wurde, irgendwelche verdächtigen Personen in der Nähe des Tatorts gesehen.
    Bald waren nur noch Erlendur und Sigurður Óli im Haus. Die Blutlache auf dem Teppichboden war dunkel geworden. Der Aschenbecher war als Beweismaterial mitgenommen worden, desgleichen der Bleistift und das Spiralheft. Ansonsten sah alles so aus, als ob nichts geschehen wäre. Sigurður Óli ging hinaus in den Eingang und in den Flur hinein, Erlendur nahm sich das Wohnzimmer vor. Sie zogen weiße Gummihandschuhe an. An den Wänden hingen Reproduktionen, die so aussahen, als wären sie bei einem Hausierer an der Tür gekauft worden. Im Bücherschrank standen Kriminalromane in isländischer Übersetzung, Taschenbuchausgaben eines Buchclubs. Einige waren gelesen, andere nicht angerührt worden. Keine schönen gebundenen Ausgaben. Erlendur bückte sich fast bis auf den Fußboden, um die Titel im untersten Regal zu lesen, und kannte bloß einen. Lolita von Nabokow. Taschenbuch. Er nahm es aus dem Regal. Das Buch war auf Englisch, und es war gelesen worden.
    Er stellte das Buch wieder auf seinen Platz und arbeitete sich in Richtung des L-förmigen Schreibtischs vor, der eine Ecke des Zimmers ausfüllte. Ein ziemlich bequemer Schreibtischstuhl aus Leder stand davor, und darunter lag eine durchsichtige Kunststoffmatte, um den Teppich zu schonen. Der Schreibtisch schien wesentlich älter zu sein als der Stuhl. Schmale Schubladen waren an beiden Seiten unter der längeren Tischplatte, und eine breite in der Mitte, neun insgesamt. Auf der kürzeren Platte stand ein 17-Zoll-Computerbildschirm, unter der Platte war die Halterung für die Tastatur. Die Festplatte stand unten auf dem Boden.
    Die Schubladen waren alle verschlossen.
    Sigurður Óli durchsuchte den Kleiderschrank im Schlafzimmer. Dort sah es relativ ordentlich aus, Socken in der einen Schublade, Unterwäsche in der anderen, Hosen, Pullover, T-Shirts. Hemden und drei verschiedene Anzüge hingen auf Bügeln, der älteste, braun gestreifte stammte noch aus der Discozeit, schien es Sigurður Óli. Auf dem Boden des Schranks standen einige Paar Schuhe. Bettwäsche im

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