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Nordermoor

Nordermoor

Titel: Nordermoor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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könnte?«
    »Wir haben uns alle einfach prima amüsiert. Du weißt, eine Hochzeit, du weißt, was ich meine.«
    »Nein.«
    »Du bist doch wohl schon auf einer Hochzeit gewesen?«
    »Auf einer. Das ist lange her.«
    »Wir sollten den ersten Tanz tanzen. Die Reden waren vorbei, und ihre Freundinnen hatten ein paar lustige Einlagen gebracht. Der Akkordeonspieler war gerade gekommen, und dann sollte getanzt werden. Ich saß an unserem Tisch, und alle fingen an, nach Dísa zu suchen, denn da war sie schon verschwunden.«
    »Wo hast du sie zuletzt gesehen?«
    »Sie saß neben mir und sagte, dass sie zur Toilette müsste.«
    »Und hast du irgendwas zu ihr gesagt, weswegen sie ausgerastet ist?«
    »Auf gar keinen Fall! Ich habe ihr einen Kuss gegeben und gesagt, sie solle sich beeilen.«
    »Nachdem sie weggegangen war, wie lange hat es dann gedauert, bis ihr angefangen habt zu suchen?«
    »Puh, das weiß ich nicht. Ich habe mich zu meinen Freunden gesetzt, und dann ging ich raus, um eine zu rauchen, alle Raucher sind immer nach draußen gegangen, und ich hab mit den Leuten draußen geredet, und auf dem Weg raus und wieder ins Haus, und der Akkordeonspieler kam und unterhielt sich mit mir über die Musik und die Tänze. Dann hab ich noch mit ein paar anderen gesprochen, wahrscheinlich hat das so eine halbe Stunde gedauert, ich weiß es nicht.«
    »Und du hast sie die ganze Zeit nicht gesehen?«
    »Nein. Es war ein totales Desaster. Alle glotzten mich an, als wäre es meine Schuld.«
    »Hast du eine Idee, wo sie hingegangen sein könnte?«
    »Ich hab überall gesucht. Hab mit allen Freundinnen und Freunden gesprochen, aber niemand weiß was oder sagt was.«
    »Glaubst du, dass irgendjemand lügt?«
    »Irgendwo muss sie ja schließlich sein.«
    »Wusstest du, dass sie eine Nachricht hinterlassen hat?«
    »Nein. Was für eine Nachricht? Was meinst du eigentlich?«
    »Sie hängte einen Zettel an diesen Message-Tree. ›Er ist grauenvoll, was habe ich getan?‹, stand darauf. Kannst du dir vorstellen, was sie damit gemeint haben könnte?«
    »Er ist grauenvoll«, wiederholte Viggó. »Wen meint sie denn?«
    »Ich hatte gehofft, dass du es wärst.«
    »Ich«, sagte Viggó aufbrausend. »Ich hab ihr nichts getan, nicht das Allergeringste. Niemals. Das ist nicht meine Art. Das passt überhaupt nicht zu mir.«
    »Das Auto, das sie benutzt hat, wurde in der Garðastræti gefunden. Sagt dir das etwas?«
    »Sie kennt dort niemanden. Werdet ihr nach ihr fahnden?«
    »Ich glaube, ihre Eltern wollen ihr Zeit lassen, freiwillig zurückzukommen.«
    »Und wenn das nicht der Fall ist?«
    »Dann werden wir sehen.« Erlendur zögerte. »Ich hätte angenommen, dass sie sich mit dir in Verbindung setzen würde«, sagte er dann. »Um dir zu sagen, dass alles in Ordnung ist.«
    »Das hätte ich auch angenommen. Wir sind schließlich verheiratet, wenn man das so nennen kann.«
    Er unterbrach sich.
    »Halt, willst du damit zu verstehen geben, dass alles meine Schuld ist und dass sie nicht mit mir reden will, weil ich ihr was getan habe? Verdammte Scheiße! Kannst du dir vorstellen, wie es war, hier am Montag zur Arbeit zu kommen? Alle meine Kollegen waren auf der Feier. Der Direktor war auf der Feier! Glaubst du, dass es meine Schuld ist? Verdammt noch mal! Alle glauben, dass es meine Schuld ist.«
    »Weiber«, sagte Erlendur und stand auf. »Schwierig zu managen.«
    Erlendur war gerade ins Büro gekommen, als das Telefon klingelte. Er erkannte die Stimme sofort, obwohl er sie eine lange Zeit nicht gehört hatte. Trotz des hohen Alters war sie immer noch klar, fest und entschlossen. Erlendur kannte Marian Briem seit fast dreißig Jahren, und die Zusammenarbeit war keineswegs immer ein Honigschlecken gewesen.
    »Ich komme gerade aus meinem Sommerhaus«, sagte die Stimme, »und habe von der Sache erst erfahren, als ich vorhin in die Stadt kam.«
    »Meinst du Holberg?«, sagte Erlendur.
    »Habt ihr euch die Akten über ihn angeschaut?«
    »Ich weiß, dass Sigurður Óli ihn in der EDV gesucht hat, aber ich habe noch nichts von ihm gehört. Was für Akten?«
    »Fraglich, ob sie im Computer zu finden sind. Vielleicht sind sie schon längst gelöscht worden. Gibt es nicht eine Verjährung für Akten? Werden sie nicht vernichtet?«
    »Worauf willst du eigentlich hinaus?«
    »Holberg war kein Unschuldslamm«, sagte Marian Briem.
    »Inwiefern?«
    »Es ist sehr wahrscheinlich, dass er ein Vergewaltiger war.«
    »Sehr wahrscheinlich?«
    »Er wurde wegen

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