Nordfeuer - Kriminalroman
missfiel
die überhebliche Art der Kripobeamten zwar auch, trotzdem mussten sie gerade jetzt
Hand in Hand arbeiten.
»Herr Lützen«, sprach er daher den
Psychologen an, »wie beurteilen Sie die veränderte Vorgehensweise. Ist das typisch
für einen Pyromanen?«
Der schmale Mann rückte seine Brille
zurecht und schob dann einige Blätter, die vor ihm auf dem Tisch lagen, hin und
her.
»Nun ja«, begann er bedächtig zu
antworten, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde und Gunther Sönksen, Thamsens
Kollege, hineinstürmte.
»Dirk«, rief er ohne sich für die
Störung zu entschuldigen, in den Raum, »ein Notfall. Deine Mutter hat angerufen.
Dein Vater ist umgekippt. Du sollst sofort ins Krankenhaus kommen.«
5.
Tom drehte sich noch schlaftrunken zur Seite und tastete nach Marlene.
Doch seine Hand fasste immer wieder ins Leere.
Das war typisch
für ihre Besuche bei den Schwiegereltern. Marlene war jedes Mal, sobald sie das
Haus der Liebigs betraten, sehr angespannt. Manchmal fragte er sich, ob das tatsächlich
nur an dem schlechten Verhältnis zu ihrer Mutter lag. Oder ob es tief in Marlenes
Inneren noch einen anderen Grund für ihre Unruhe gab.
Heute allerdings
wusste er, dass es eine andere Erklärung für Marlenes frühe Bettflucht gab. Sie
hatte einen Termin beim Schneider zur Anprobe des Brautkleides und sie war bereits
seit Tagen aufgeregt. In den letzten Wochen hatte sie streng Diät gehalten. Nicht
auszudenken, wenn sie kurz vor der Hochzeit noch ein, zwei Pfund zulegen würde und
das Kleid dann nicht mehr passte.
Doch diese Gefahr bestand in Toms
Augen nicht. Als er sie aus dem Bad tapsen sah, wusste er, sie würde die schönste
Braut Hamburgs sein, die es jemals gegeben hatte.
»Guten Morgen, meine Hübsche«, begrüßte
er sie und versuchte, als sie sich für einen Kuss zu ihm hinunterbeugte, sie wieder
ins Bett zu ziehen.
»Nicht, ich bin bereits spät dran«,
wehrte sie ihn ab. Tom ließ sich leicht stöhnend zurück in die Kissen sinken. Hochzeitsvorbereitungen
waren ganz schön anstrengend. Sie hatten heute einen vollen Terminkalender.
»Wir treffen uns dann nachher an
der Kirche in Nienstedten. Anschließend müssen wir noch ins Jenisch Haus«, erinnerte
sie ihn und verschwand gleich darauf aus dem Zimmer.
Er verschränkte seine Arme hinter
dem Kopf und starrte einen Moment an die Decke. Ein wenig romantischer hatte er
sich ihren letzten Besuch vor der Hochzeit in Hamburg schon vorgestellt. Doch Marlene
hatte darauf bestanden, noch am Abend wieder zurückzufahren. Eigentlich passte ihm
das ganz gut. Er hatte einen neuen Beratungsauftrag angenommen und jede Menge zu
tun. Aber wenn er geahnt hätte, dass ihnen nicht einmal die Zeit für einen Sparziergang
an der Elbe blieb, wäre er lieber einen Tag länger geblieben. Er liebte es, mit
Marlene eng umschlungen am Elbufer zu schlendern und dabei die Schiffe zu beobachten,
die aus aller Herren Länder den Fluss auf- und abwärts fuhren.
Aber dafür würde es heute keine
Gelegenheit geben. Schade, dachte er und schwang sich aus dem Bett.
Auf seinem Handy war ein verpasster
Anruf registriert. Er ließ sich die Nummer anzeigen und sah, dass Haie gestern Abend
versucht hatte, ihn zu erreichen. Er schluckte. Hoffentlich war nichts passiert.
Tom hatte das Telefon während des Abendessens ausgeschaltet und anschließend vergessen,
es wieder zu aktivieren.
Er drückte eilig die Rückruftaste.
»Ketelsen«, nahm Haie am anderen
Ende der Leitung das Gespräch bereits nach dem zweiten Klingeln entgegen.
»Hallo«, begrüßte Tom ihn. »Du hattest
angerufen?«
»Nichts Schlimmes«, beruhigte Haie
sofort den Freund, weil er bereits anhand der wenigen Worte hören konnte, wie sehr
sich dieser sorgte.
»Ich wollte nur wissen, ob ihr gut
angekommen seid.«
Sie kannten sich zu gut, als dass
Tom ihm das abkaufte. »Und sonst, irgendetwas Neues im Dorf?«
»Ich kann den Holger Leuthäuser
immer noch nicht erreichen.«
Haie hatte sich nach der Besprechung
in der Schule die Handynummer des Referendars von Frau Sperber geben lassen. Doch
auch mobil war der angehende Lehrer nicht erreichbar.
»Hm«, kommentierte
Tom und überlegte, ob der junge Mann eventuell doch als mögliches Brandopfer in
Betracht kam. Doch da platzte Haie bereits mit der nächsten Neuigkeit heraus.
»Außerdem habe
ich gehört, dass die Tochter von Fritz Martensen seit zwei Tagen verschwunden ist.«
»Woher weißt
du das denn?«
Haies Nachbar hatte ihm von dem
Verschwinden
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