Nordfeuer - Kriminalroman
war, hätte er kaum sein eigenes Haus angezündet. Es sei denn zur Tarnung.
Warum aber war er dann in dem brennenden Gebäude geblieben? Tom schüttelte beinahe
unmerklich den Kopf. Nein, Heiko Stein kam für ihn als Mörder nicht in Frage. Und
wahrscheinlich hatte Katrin Martensen noch weiteren Männern im Dorf den Kopf verdreht.
»Sag’ mal«, schrie er Haie an. »Weißt
du, ob es noch mehr Kerle gab, mit denen die Tote ein Verhältnis hatte?«
Darüber hatte Haie auch schon nachgedacht,
war jedoch noch zu keinem Ergebnis gekommen. Er würde sich in den nächsten Tagen
mal im Dorf umhören. Bis dahin blieb Jan Schmidt sein Hauptverdächtiger.
»Wo ist er
denn?«, fragte er Tom, als er sich umblickte und den Tischlergesellen nirgends entdecken
konnte.
»Keine Ahnung, aber ist doch egal.«
Der Alkohol zeigte langsam Wirkung. Tom zerrte den Freund ins Gedränge und begann
zu tanzen.
»Komm, ist mein letzter Abend in
Freiheit«, rief er Haie zu, während er nicht gerade rhythmisch zu der Musik hin
und her sprang. »Das wollten wir doch feiern!«
14.
»Ach, du hast die Kinder mitgebracht.«
Magda Thamsen stand in der Haustür
und blickte überrascht auf ihren Sohn und die Enkel. Eigentlich hatte sie gedacht,
sie könnten das verschobene Gespräch nun endlich nachholen. Aber daran war natürlich
in Anwesenheit der Kinder nicht zu denken.
Thamsen war etwas verwundert über
die Reaktion seiner Mutter, schob es allerdings auf die Belastung wegen des kranken
Vaters und lächelte trotz der recht unhöflichen Begrüßung.
»Papa hat gesagt, nach dem Essen
können wir zusammen Opa besuchen«, platzte nun Anne heraus, die gar nicht wahrgenommen
hatte, wie unerwünscht sie war. Für sie war selbstverständlich, bei der Oma willkommen
zu sein. Daher stürmte sie auch an Magda Thamsen vorbei in die Küche und fragte:
»Was gibt es denn zu essen?«
»Ich weiß nicht, ob das so eine
gute Idee ist, deinen Vater mit den Kindern zu besuchen«, zischte seine Mutter ihm
zu, bevor sie rief: »Bratkartoffeln mit Spiegelei.«
»Sie meint es nicht so«, erklärte
Thamsen seinem Sohn, als er ihn in den Flur schob. Timo war etwas älter als Anne
und hatte sehr wohl aus den wenigen Sätzen der Erwachsenen herausgehört, dass etwas
nicht stimmte.
»Was ist denn mit Opa?«
Er hatte den Kindern erzählt, ihr
Großvater läge im Krankenhaus. Über den Zustand hatte er nicht mit ihnen gesprochen.
Sie wussten also nicht, dass Hans Thamsen zukünftig ein Pflegefall sein würde. Sie
hätten ohnehin nicht verstanden, was es eigentlich bedeutete und er bezweifelte,
ob er oder seine Mutter überhaupt eine Ahnung hatten, was da auf sie zukam. Wie
sollte er es da den Kindern vermitteln? Anne und Timo hatten sowieso keine besonders
gute Meinung über ihren Großvater. Das Verhältnis zwischen seinem Vater und den
Enkeln war ähnlich schwierig wie die Beziehung zwischen Hans Thamsen und seinem
Sohn. Wenn sie nun erfuhren, welche Belastung der Großvater für die Oma darstellte,
würden sie sich noch weiter von ihm distanzieren. Was Thamsen natürlich nachvollziehen
konnte, dennoch nicht gut hieß. Kinder brauchten eine Familie und da er ihnen schon
keine intakte Familie bieten konnte, waren die Großeltern ein wichtiger Bezugspunkt
in ihrem Leben.
»Es geht ihm noch nicht so gut.
Vielleicht ist ein Besuch doch zu anstrengend für ihn«, antwortete Thamsen auf Timos
Frage.
Anne deckte bereits den Tisch und
bat ihren Vater und Timo, sich hinzusetzen. Thamsen war immer wieder erstaunt darüber,
wie schnell Anne im Haus seiner Eltern in dieses typische Rollenverhalten fiel.
Zuhause ließ sie sich von Timo nicht die Butter vom Brot nehmen, kämpfte und stritt
um die gleichen Rechte wie ihr Bruder, aber hier bei der Großmutter ahmte sie die
Pflichten einer Hausfrau nach und bediente die Männer, wie seine Mutter es immer
tat und getan hatte.
»Wie geht es Papa denn?« fragte
er, nachdem sie sich alle an den Tisch gesetzt hatten.
Seine Mutter gab ihm mit einem Blick
und leichtem Kopfschütteln zu verstehen, nicht vor den Kindern darüber zu sprechen.
Magda Thamsen war ein wenig verärgert darüber, dass ihr Sohn die Enkel mitgebracht
hatte. Sie liebte die beiden zwar über alles und hatte sie gerne um sich. Dennoch
hatte sie allein mit ihm sprechen wollen. Sie dachte, er hätte das verstanden.
»Was genau hat Opa denn?« Timo,
dem abermals die Spannung zwischen den Erwachsenen nicht entgangen war, wollte es
nun genau wissen.
»Das habe ich
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