Nordfeuer - Kriminalroman
von einem strahlend blauen Himmel und trotz einer leichten
Brise war es angenehm warm.
»Wär ja toll, wenn nächste Woche
auch so’n Wetter ist«, bemerkte Haie, während er Tom in Richtung der Restaurants
zerrte. Er wollte zunächst eine gute Grundlage schaffen, bevor sie in irgendeiner
Bar versackten.
»In dem war ich mal mit Marlene.«
Tom wies auf ein kleines Restaurant. »An dem Abend sind wir zusammengekommen. Jedenfalls
hat sie mich hier im Hafen das erste Mal geküsst.«
Er hatte sich damals Hals über Kopf
in Marlene verliebt. Obwohl er eigentlich eine feste Beziehung hatte. Mit ihrer
bezaubernden Art hatte sie ihn gefangen genommen und seine Freundin Monika, die
in München auf ihn wartete, total vergessen lassen.
»Na, wenn das kein Argument ist«,
stellte Haie fest und steuerte geradewegs auf das kleine Gasthaus zu.
Thamsen räumte das Geschirr ab und stellte es in die Spülmaschine.
Endlich hatte er einmal wieder Zeit gefunden, zusammen mit seinen Kindern zu Abend
zu essen.
Den ganzen Tag über hatte er an
einer Besprechung teilgenommen. Die kriminaltechnische Untersuchung des Steins,
den er zusammen mit Haie Ketelsen an der Schule gefunden hatte, war abgeschlossen.
Bei dem dunklen Fleck handelte es sich tatsächlich um Blut. Um Katrin Martensens
Blut, wie ein gentechnischer Abgleich ergeben hatte. Aber wirklich weiter brachte
sie dieses Ergebnis nicht, denn auf der rauen Oberfläche des Steins waren keine
verwertbaren Fingerabdrücke zu finden. Nun hatten sie endlich die Tatwaffe gefunden
und konnten dennoch nichts damit anfangen. Und die Husumer Kollegen überzeugte es
schon mal gar nicht, dass sie es, wie Thamsen nach wie vor behauptete, mit zwei
unterschiedlichen Tätern zu tun hatten.
»Gut, Katrin Martensen wurde mit
diesem Stein erschlagen. Aber das heißt noch lange nicht, dass es jemand anderes
war, als der Brandstifter selbst«, hatten sie argumentiert. Die Diskussion hatte
ewig gedauert, und als er schließlich die Dienststelle verließ, hatte er es gerade
noch geschafft, ein paar Lebensmittel fürs Wochenende einzukaufen.
Eigentlich hatte er vorgehabt, seinen
Vater im Krankenhaus zu besuchen, dann aber den Besuch auf den morgigen Sonntag
verschoben, weil ihm ein gemeinsames Abendessen mit Timo und Anne wichtiger erschienen
war.
»Papa, erzählst du mir noch eine
Geschichte?«
Anne stand im Nachthemd und barfuß
an der Küchentür.
»Aber natürlich, mein Engel.« Er
hob seine Tochter auf den Arm. Sofort schmiegte sie sich eng an ihn und schlang
ihre Arme um seinen Hals.
»Was möchtest du denn gerne hören?«,
fragte er, als er sie hinüber in ihr Zimmer trug.
»Was vom Klabautermann.« Anne liebte
diesen kleinen Kobold und konnte gar nicht genug von ihm kriegen. Eigentlich hatte
Thamsen gedacht, irgendwann würde sich ihre Begeisterung für den Schiffsgeist legen,
denn so langsam gingen ihm die Geschichten aus und er musste oftmals improvisieren.
»Darf es auch was von Nis Puk sein?«
Für Thamsen war das zwar einerlei,
denn bei beiden handelte es sich um Kobolde, aber für Anne machte das einen riesigen
Unterschied. Nis Puk war nämlich ein Hausgeist und wohnte auf dem Dachboden oder
in der Scheune, während der Klabautermann auf einem Schiff lebte.
Zum Glück aber nickte sie und so
war er bei seiner Geschichte räumlich nicht ganz so eingeschränkt.
»Also«, begann er zu erzählen, als
er Anne in ihr Bett gelegt und bis zum Hals zugedeckt hatte, »ganz, ganz früher,
vor langer Zeit, da wurde auf einem Hof in Arlewatt – weißt du wo das liegt?«
Anne schüttelte den Kopf.
»Arlewatt ist ein ganz kleines Dorf
bei Husum. Und vermutlich heißt es so, weil man dort die Arlau, das ist ein Fluss,
durchwaten kann. Da ist das Wasser nämlich gar nicht tief.«
»Und da wohnt Nis Puk?« Anne interessierte
sich noch wenig für die geografischen Besonderheiten ihres Landes.
»Ja, da wohnte Nis Puk. Und auf
diesem Hof wurde jedes Jahr ganz viel Heu eingeholt. Und Nis Puk musste ordentlich
helfen, die Ernte auf dem Heuboden zu verstauen.«
»Und hat es da auch mal gebrannt?«
Thamsen runzelte die Stirn. Er hatte
nicht geahnt, dass seine Tochter überhaupt etwas von den Bränden in der Umgebung
mitbekommen hatte. Jedenfalls hatte bisher nichts darauf hingewiesen. Er mochte
zuhause nichts davon erzählen. Es reichte ihm, wenn er sich auf der Arbeit schon
den ganzen Tag damit beschäftigte. Und auch Timo hatte ihn nicht darauf angesprochen.
Aber der war momentan bis über
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