Nordfeuer - Kriminalroman
der Toten
noch einmal näher unter die Lupe nehmen.«
»Da vorne ist noch Platz.« Marlene wies auf eine Parklücke zwischen
einem Golf und einem Kombi, und Tom steuerte vorsichtig mit dem Leihwagen darauf
zu. Sein Auto stand mittlerweile in der Werkstatt und da es ein paar Tage dauern
würde, bis der Schaden repariert war, hatte er sich einen Leihwagen genommen. Ohne
fahrbaren Untersatz war man ansonsten in Risum so gut wie aufgeschmissen.
Haie hatte trotz der Amnesie darauf
bestanden, Heiko Stein im Krankenhaus zu besuchen.
»Das kann ja nicht alles gelöscht
sein in seinem Gehirn. Vielleicht, wenn wir ihm Stück für Stück von den Vorfällen
aus dem Dorf erzählen, erinnert er sich wieder«, hatte er argumentiert, und Tom
und Marlene hatten gewusst, er würde keine Ruhe geben, bis sie den jungen Mann befragt
hatten.
Sie erkundigten sich am Informationsschalter,
nach Heiko Stein und eine freundliche Dame wies ihnen den Weg.
»Ich mag keine Krankenhäuser«, bemerkte
Tom, als sie mit dem Aufzug in das angegebene Stockwerk fuhren. »Allein dieser Geruch.«
Marlene nickte. Sie verstand, was
er meinte. Haie war in Gedanken bereits bei der Befragung.
Auch die drei Freunde mussten entsprechende
Schutzkleidung tragen, die ihnen eine Krankenschwester reichte. Heiko Stein war
immer noch sehr anfällig für Infektionen. »Und bitte, nur ein paar Minuten. Der
Patient braucht noch viel Ruhe.«
Haie betrat zuerst das Zimmer, Tom
und Marlene folgten ihm. Die beiden kannten Heiko Stein nicht und Marlene fühlte
sich nicht besonders wohl. Haie übernahm sofort das Gespräch.
»Moin, Heiko, wir wollten mal sehen,
wie es dir so geht«, stürmte er los und überreichte ein Buch, das sie als Geschenk
mitgebracht hatten.
Der junge Mann war mehr als überrascht,
den Hausmeister der Grundschule zu sehen.
»Du willst doch bestimmt etwas über
den Brand wissen, oder?«
Haie tat erstaunt, aber letztendlich
war seine Neugierde entlarvt.
»Na ja«, räumte er ein, »wir rätseln
halt immer noch wegen Katrin.«
»Meinst du, ich nicht?« Heiko Stein
fuhr auf, verzog dabei aber schmerzerfüllt das Gesicht. Marlene trat neben das Bett
und half ihm, sich zurecht zu setzen, richtete das Kissen auf.
»Danke«, er ließ sich zurückfallen.
Etwas betreten standen die drei
im Raum. »Vielleicht hilft es, wenn ich dir ein wenig über den Brand erzähle«, brach
Haie nach einer Weile das Schweigen.
Heiko Stein nickte kraftlos.
»Also, Herr Schmidt«, wiederholte Thamsen, »Sie haben kein Alibi, Sie
schleichen am Tatort herum und Heiko Stein hat als Täter jemanden beschrieben, der
Ihnen sehr ähnelt.« Die letzte Anschuldigung entsprach nicht den Tatsachen und Thamsen
hoffte, dass sich Heiko Steins Amnesie noch nicht im Dorf herumgesprochen hatte,
aber ohne den jungen Mann ein wenig in die Enge zu treiben, würde er nichts aus
ihm herausbekommen.
Der Tischlergeselle blickte ihn
mit großen Augen an. »Aber ich war es doch nicht. Ich habe damit nichts zu tun«,
erwiderte er und rutschte dabei auf dem Holzstuhl vor Thamsens Schreibtisch hin
und her.
Dirk Thamsen betrachtete den Mann
und fragte sich, ob er wohl die Wahrheit sagte.
»Aber was
wollten Sie dann an der Grundschule?«
Jan Schmidt blickte ihn an. »Ich
habe Katrin geliebt. Verstehen Sie denn nicht? Ich trauere um sie und wollte sehen,
wo sie gestorben ist. Abschied nehmen.«
»Das hätten Sie doch auch auf der
Beerdigung gekonnt.«
Sein Gegenüber blickte betreten
zu Boden. »Ich mag das nicht«, flüsterte er. »Da kommen doch nur die Schaulustigen
und gucken, wer da heult und wer nicht.«
Damit hatte der junge Mann nicht
mal Unrecht. Einige Leute besuchten Trauerfeiern tatsächlich nur aus einer Art Sensationslust.
Und die war in dem Dorf sehr ausgeprägt. Das war Thamsen bereits öfter aufgefallen.
Aber eigentlich war es zum Teil auch verständlich. In solch einem kleinen Ort interessierte
man sich eben dafür, was um einen herum so geschah. Und letztendlich hatte das durchaus
auch sein Gutes. Ohne diese Neugierde hätten sie zum Beispiel den Brandstifter wahrscheinlich
immer noch nicht gefasst.
Thamsen lehnte sich auf seinem Stuhl
ein wenig zurück und überlegte. Wenn der junge Mann tatsächlich, wie er behauptete,
Katrin Martensen geliebt hatte, warum sollte er sie umgebracht haben? Hätte er dann
nicht tatsächlich eher den oder die Nebenbuhler beseitigt? Aber Heiko Stein war
erst nach dem Mord niedergeschlagen worden. Er kratzte sich am Kopf.
»Sie
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