Nordfeuer - Kriminalroman
überrascht,
als ich ihnen von diesem merkwürdigen Typen erzählt habe, der in dem Laden arbeitet.«
»Du hast ihn ja wohl nicht ihnen
gegenüber als merkwürdig bezeichnet, oder?«, fragte Tom, weil er wusste, wie taktlos
der Freund manchmal sein konnte.
»Natürlich nicht. Aber sie waren
wohl davon ausgegangen, Erk führe den Laden zusammen mit seiner Freundin.«
»Hat der denn überhaupt eine?« Tom
erinnerte sich, wie Thamsen erzählt hatte, ihm kämen die beiden Männer reichlich
schwul vor. Natürlich konnte auch ein Polizist sich in solchen Dingen irren, aber
an und für sich traute er dem Kommissar eine gute Menschenkenntnis zu.
»Laut den
Eltern schon«, erklärte Haie. Daher waren sie wohl auch so überrascht, als er von
dem jungen Mann gesprochen hatte. Denn angeblich gab es keine Angestellten in dem
Laden. So viel werfe er noch nicht ab. Das sei auch der Grund, warum Erk zeitlich
sehr eingespannt war, hatte Ingrid Martensen eilig erklärt.
»Vermutlich war das nur ein Freund,
der ausgeholfen hat. Der Tod von Katrin hat Erk sehr mitgenommen«, hatte sie erklärend
hinzugefügt, aber auf Haie hatte das anders gewirkt, nur das konnte er der trauernden
Mutter kaum sagen. Es war ja auch nur ein Bauchgefühl.
»Ach nein, guck mal«, bemerkte Marlene
und die Männer folgten ihrem Blick zur Tür.
Im Eingang des Restaurants stand
Thamsen mit seinen beiden Kindern. Anscheinend hatte er wie die drei Freunde nichts
im Haus gehabt. Haie versuchte sofort, auf sich aufmerksam zu machen, aber Marlene
fasste ihn am Arm.
»Lass mal. Er hat eh so wenig Zeit
mit seinen Kindern.«
Haie ließ missmutig seinen Arm sinken.
Natürlich hatte die Freundin recht. Und jetzt, wo sein Vater gestorben war, brauchte
er sowieso ein wenig Zeit für sich. Aber zu gern hätte Haie gewusst, was bei dem
Verhör von Lars Liedtke rausgekommen war. Außerdem war er neugierig, was Heiko Stein
ausgesagt hatte.
»Er wird sich
schon melden«, beruhigte Marlene ihn. »Momentan hat er wahrscheinlich andere Dinge
im Kopf. Morgen ist die Beerdigung von seinem Vater.«
Sie hatte die Anzeige in der Zeitung
gelesen.
»Wollen wir hingehen?«
27.
Es regnete. Nicht besonders fest, aber dafür kontinuierlich. Ein fieser
Nieselregen, der von allen Seiten zu kommen schien und gegen den auch kein Regenschirm
etwas ausrichten konnte. Diesen hätte man ohnehin nicht halten können, da ein ziemlich
starker Wind wehte.
Genau das richtige Wetter für solch
einen Tag, hatte Dirk Thamsen gedacht, als er aufgestanden und die Vorhänge im Schlafzimmer
aufgezogen hatte.
Er hatte schlecht geschlafen, war
immer wieder aufgewacht und hatte sich unruhig hin und her gewälzt. Die Ereignisse
der letzten Tage ließen ihn einfach nicht zur Ruhe kommen. Dabei hatte ihn weniger
der Fall beschäftigt, als der Tod seines Vaters und das Geständnis seiner Mutter.
Seitdem er die Kinder wieder bei ihr abgeholt hatte, war er ihr nicht begegnet.
Sie hatten lediglich kurz telefoniert und vereinbart, wann er sie abholen sollte.
Er hatte versucht,
sich durch die Arbeit ein wenig abzulenken und eine Liste der Verdächtigen erstellt
sowie eine Zeichnung, in der er die Verbindungen der einzelnen Personen zu dem Mordopfer
skizziert hatte. Aber er hatte sich nicht richtig konzentrieren können und schließlich
eine Flasche Rotwein aufgemacht und sich damit vor den Fernseher gesetzt.
Der Alkohol
hatte ihn zunächst etwas müde gemacht und er war zeitig ins Bett gegangen. Es könne
nicht schaden, wenn er an dem Tag des Begräbnisses seines Vaters ausgeschlafen sei,
hatte er überlegt und sich gegen halb elf ins Bett gelegt, nachdem er sich vergewissert
hatte, dass Anne und Timo tief und fest schliefen.
Doch kaum
lag er in seinem Bett, war er hellwach gewesen. Im Dunkeln hatte er die Schatten,
die durch das Licht der Laterne vor seinem Fenster an die Zimmerdecke geworfen wurden,
betrachtet und dabei versucht, Bilder aus seiner Kindheit heraufzubeschwören.
Doch egal woran
er sich erinnerte, niemals wäre er auf die Idee gekommen, das lieblose Verhalten
seines Vaters könne etwas mit seiner Mutter zu tun haben.
Der Verlust seiner geliebten Frau
musste Hans Thamsen sehr geschmerzt haben und hatte ihn letztendlich zu einem gebrochenen
Menschen gemacht. Natürlich hatte sein Vater mit dem Schicksal mehr als gehadert.
Das konnte Thamsen verstehen. Was er nicht verstand war, wie er seinen Sohn hatte
derart ablehnen können. Schließlich war er das Einzige, was Hans Thamsen von
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