Nordmord
Geschichten,
bei denen wir nicht lauthals lachen, aber schmunzeln müssen.‹
(Quelle: Brandt, Heinrich: Döntjes ut
Nordfreesland. Husum 1979)
Gonger:
Untote, welche in die Welt der Lebenden zurückkehren. Ein Gonger ist zum
Beispiel jemand, der zu Lebzeiten Unrechtes getan hat und nun im Grabe keine
Ruhe findet. Der Sage nach müssen zum Beispiel Gotteslästerer, Selbstmörder,
aber auch unschuldig Ermordete wieder gehen, d. h. die Toten kehren in ihrer körperlichen
Erscheinung in die Welt der Lebenden zurück.
Hauptverbreitungsgebiet der Sage von den Gongers sind die
nordfriesischen Inseln. Dort erzählt man sich unter anderem, dass Verwandte,
die im Meer ertrunken sind, sich anschließend bei den Familienangehörigen
melden, jedoch nicht bei den nächsten Blutsverwandten, sondern bei denen des
dritten oder vierten Grades. Diese Gongers erscheinen in der Abenddämmerung
oder bei Nacht in der Kleidung, in welcher sie ertrunken sind. Sie gehen im
Haus um, löschen das Licht und legen sich zu den Schlafenden auf die Decke. Ein
kleiner salziger Wasserstrom in der Stube, welcher sich aus Tropfen von der
Kleidung des Ertrunkenen gebildet hat, zeugt angeblich von dem Besuch des
Gongers. Es gibt aber eine Vielzahl unterschiedlicher Variationen dieser Sage.
(Quelle: Hubrich-Messow, Gundula: Sagen und Märchen
aus Nordfriesland. Husum 1994)
Klabautermann:
Gestalt des seemännischen
Aberglaubens. Guter Geist oder Kobold, der mit seinem Kalfathammer
(Kalfathammer und -eisen sind spezielle Werkzeuge des Schiffbaus, mit denen die
Fugen von Schiffswänden zum Beispiel mit Teer oder Kitt abgedichtet werden.)
auf Schäden am Schiff hinweist oder sie selbst ausbessert. Zwar von Natur aus
freundlich, treibt er so allerhand Schabernack, neckt und stört die
Schiffsbesatzung. An Bord macht er sich durch das Klopfen mit seinem Hammer
bemerkbar. Es wird gesagt: ›Wenn er klopft, bleibt er, wenn er hobelt, geht er.
Und wenn er das Schiff verlässt, ist es dem Untergang geweiht.‹ Und schon wenn
der Klabautermann sich zeigt, ist dies ein schlechtes Zeichen. Vom Aussehen her
ähnelt er einem Matrosen mit Hammer und Pfeife, manches Mal auch mit
Seemannskiste, roten Haaren und grünen Zähnen. Es gibt jede Menge verschiedener
Geschichten über diesen kleinen Seemannsgeist.
(Quelle: Muuß, Rudolf: Nordfriesische Sagen. Husum
1933)
Mandränke:
Auch ›Mandrenke‹ oder ›grote
Mandrenke‹ sind Beinamen der beiden großen Sturmfluten aus den Jahren 1362 und
1634, welche die Nordseeküste mit verheerendem Ausmaß verwüsteten und
einschneidende Änderungen des Küstenverlaufes hinterließen. Die zweite
Marcellusflut am 16. Januar 1362 brachte unzähligen Menschen den Tod. Viel Land
ging verloren, große Buchten entstanden, die sagenumwobene Insel Rungholt
versank für immer im Meer. Noch heute finden sich im Wattenmeer gelegentlich
Spuren des untergegangenen Landes: Knochen, Scherben und andere Funde zeugen
von der Existenz der versunkenen Insel.
Die zweite ›grote Mandrenke‹, die Burchadiflut am 11. Oktober
1634, hatte ähnliche Folgen wie die Flut von 1362. Viele Tote, viel
Landverlust. Die Insel Strand wurde in die Inseln Nordstrand und Pellworm und
die Hallig Nordstrandischmoor auseinander gerissen. Der sogenannte ›Goldene
Ring‹ – ein gewaltiger Ringdeich, den die Nordstrander mit Unterstützung der
Niederländer gebaut hatten und den man für alle Zeit für uneinnehmbar hielt –
brach an 44 Stellen und ließ dadurch 19 Dörfer und 18 Kirchen versinken. Gründe
für die unbeschreiblichen Folgen dieser Fluten waren vermutlich nicht die von den
Küstenbewohnern zur damaligen Zeit angenommenen Gottesstrafen infolge eines
lasterhaften Lebens oder Übermuts, sondern die viel zu niedrigen Deiche und ihr
teilweise katastrophaler Zustand. Häufig waren die Schutzwälle falsch angelegt,
sodass sie die Gewalt des Meeres nicht bremsen konnten oder die Deichpflege war
derart vernachlässigt worden, dass es durch die Schäden schnell zum Bruch kam.
Es gibt und gab schon immer schwere Sturmfluten an der Nordseeküste, doch die
zweite Marcellusflut und die Burchadiflut waren vermutlich die beiden
schwersten. Durch den Beinamen ›Mandränke‹ sind sie bis in die heutige Zeit
präsent geblieben.
(Quelle: Moseberg, Jochen und Sönnichsen, Uwe: Wenn
die Deiche brechen. Husum 1997)
Nordfriisk
Instituut
: Zentrale wissenschaftliche
Einrichtung mit Sitz in Bredstedt.
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