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Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Nordwind: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Östlundh
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deren Spitzen dringend geschnitten werden müssen. Die Pausbacken, die sie besser weghungern sollte. Das alberne Lächeln mit dem schief gelegten Kopf. Auf dem Hals, den sie sich brechen sollte.
Warum sie? Wie konntest du sie für ein ganzes Jahr in dein Leben hereinlassen, während du mir schon nach ein paar Nächten den Rücken zugekehrt hast?
Begreifst du nicht, was ich für dich getan habe? Wie erfüllt ich von dir bin? Nein, das verstehst du nicht, du hast keine Ahnung. Sonst wärst du hier. Wenn etwas so stark, so intensiv ist, muss es etwas bedeuten. Muss es alles bedeuten. Das musst du doch auch fühlen. Es kann doch nicht nur mir so gehen. So denke ich.
Dann wieder denke ich, dass ich alles missverstanden habe. Dass du mich gar nicht verdient hast. Dass du ein wahnsinnig böser Egoist bist, der immer nur um sich selbst gekreist ist. Dann will ich dich töten. Dich auslöschen. Ich könnte es tun. Du weißt, dass ich dazu in der Lage bin.
Wenn ich mich ein wenig beruhigt habe, liebe ich dich wieder. Ich wünschte, ich könnte es lassen. Ich habe versucht, mir deinetwegen das Leben zu nehmen. Ich habe deinetwegen Tabletten genommen. Ich habe für dich getötet. Ich habe versucht, dich nicht mehr zu lieben. Aber das geht nicht. Nicht länger als eine Minute. In der ich dich umbringen möchte.
Und dann sie. Warum nicht ich?, frage ich mich. Warum so eine lauwarme Tussi, die den Kopf schief legt? Manchmal wünsche ich, sie würden zu mir kommen, von mir ein Foto machen und meine Geschichte erzählen. Nicht, weil mir Zeitungen so wichtig wären und ich unbedingt mit einem Foto abgedruckt werden wollte, sondern damit alle davon erfahren. Die ganze Welt soll wissen, wie sehr ich dich liebe. Wie sehr du mich liebst.
Du kannst nicht vergessen haben, wie du meinen Namen gestöhnt hast, als ob dein Leben davon abhinge. Ich habe es nicht vergessen. Mein Gott, wie schön du bist … du bist so schön. Klingen dir die Worte nicht auch in den Ohren? Mir schon. Jeden Morgen beim Aufwachen. Jeden Abend, wenn ich ins Bett gehe. Jede Stunde und jede Minute.
Wenn du diese Worte hörst, weißt du, dass sie wahr sind. Das ist nichts, was man einfach so sagt. Das sagt man nicht so daher. Nicht so.

81
     
    »Hallo, hier ist Alma Vogler, deine Schwester.«
    Henrik wurde eiskalt. Gleichzeitig fühlte sich das Handy in seiner Hand schweißnass an.
    »Ja?« Mehr bekam er nicht heraus.
    Er trat an ein Fenster und blickte hinüber zur Scheune und dem Holzstapel, der dahinter zu erkennen war. Es war alles ruhig.
    »Das, was passiert ist, tut mir wirklich leid«, sagte Alma.
    Durch Henriks Kopf schoss ein helles Blitzlicht. Einen Augenblick lang hatte er das Gefühl, Alma wollte sich entschuldigen. Aber so war es natürlich nicht. Sie wollte nur kondolieren.
    »Das ist alles so grauenhaft. Mein herzliches Beileid«, bestätigte sie sofort seine Vermutung.
    »Danke«, stammelte er.
    Er nahm das Handy in die linke Hand und wischte die andere an der Hose ab. Wie er hörte, nahm Alma am anderen Ende Anlauf. Sie holte tief Luft.
    »Du sollst wissen, dass ich an dich und Ellen denke. Und dass ich es traurig finde, dass es zwischen uns so war, wie es war.«
    Alma machte eine Pause. Henrik wusste nicht, was er sagen sollte. Erwartete sie von ihm, dass er darauf etwas erwiderte?
    »Ich kann wirklich verstehen, dass es dir nicht leichtfällt, mir das zu glauben. Aber ich will, dass du es weißt.«
    Wieder machte sie eine Pause. Er hörte sie schlucken.
    »Ich muss wohl dazusagen, dass ich nur für mich spreche. Mit Elisabet und Papa habe ich nicht darüber geredet.«
    Irgendwo in Henriks Zwerchfellgegend bildete sich ein zarter warmer Fleck. Was ihn beeindruckte, waren weniger Almas Worte, sondern das nervöse Flattern in ihrer Stimme. Der Anruf musste sie viel Überwindung gekostet haben.
    »Ich verstehe«, sagte er leise.
    »Wir sind trotz allem Geschwister«, fügte sie hinzu.
    Da flammte Zorn in ihm auf. Geschwister! Nach einem halben Leben kam sie ihm damit! Er spürte, wie fest er das Handy umklammerte. Er hätte niemals wiederkommen dürfen. Er hatte ihnen den Rücken gekehrt, so wie sie sich von ihm abgewandt hatten. Er brauchte sie nicht. Er brauchte Gotland nicht. Die ganze Welt hatte ihm offen gestanden. Trotzdem war er zurückgekommen. Wie ein Bettler war er angekrochen.
    Doch die Wut legte sich wieder. Das Wort »Geschwister« bohrte sich durch seine Verbitterung. Ihm wurde eine Hand hingehalten. Es reizte ihn, sie zu ergreifen. Aber

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