Nordwind: Kriminalroman (German Edition)
eingeworfen. Drogen oder ein Medikament.«
Göran strich sich mit dem Handgelenk über die Stirn, während er sein Gedächtnis durchforstete, ob es noch mehr zu berichten gäbe.
»Nun, das war alles«, sagte er dann. »Abgesehen von dem Vorfall im Badezimmer hat Krstic keine Probleme mit ihrer Untermieterin. Sie sei auch ein paarmal mit Nyberg ausgegangen, es habe sich zwischen ihnen aber trotzdem nicht mehr als eine oberflächliche Bekanntschaft entwickelt. In den vergangenen Monaten hat Nyberg sich zunehmend zurückgezogen.«
Göran wurden einige Fragen gestellt, die er nicht beantworten konnte. Ihm war anzumerken, dass er die Sitzung hinter sich bringen wollte.
»Malmö stellt Kriminaltechniker zur Verfügung, aber wir müssen selbst hinfahren, um Krstic zu vernehmen und uns die Wohnung genauer anzusehen. Fredrik und Sara, ihr habt den Überblick, nehmt das erstbeste Flugzeug.«
Sara schnappte sich ihren Notizblock, als wollte sie noch vor Ende der Besprechung aufspringen und zum Flughafen rasen.
»Wir wissen, dass Nyberg kein eigenes Auto besitzt, sie muss sich also eines geliehen oder gemietet haben. Vielleicht weiß Krstic mehr. Bis dahin überprüfen wir die Autovermietungen.«
Göran warf einen Blick auf seine Armbanduhr mit dem vergilbten Zifferblatt.
»Gustav, du übernimmst die Mutter, Hillevi Nyberg«, fuhr er fort. »Sollte Katja Nyberg bereits auf der Flucht sein, haben wir nichts zu verlieren. Sonja Krstic hat den Kollegen in Malmö die aktuelle Handynummer von Katja Nyberg gegeben. Vielleicht können wir sie damit lokalisieren.«
Sara und Fredrik hatten sich in die kleine Espressobar zwischen der Ladenzeile und der Abflughalle in Bromma gezwängt. Sara nutzte die Gelegenheit, um eine SMS zu schreiben. Der Barista stellte Fredrik einen doppelten Espresso hin. Der blickte kurz auf, um sich zu bedanken, und versank dann wieder in der Boulevardzeitung. Da sie die Berichterstattung über die sogenannten Fårömorde auf dem Weg nach Bromma alle Wort für Wort gelesen hatten, musste es etwas anderes sein, das seine Aufmerksamkeit fesselte.
Es war das zweite Wochenende, das Sara vergessen konnte. Aber sie beklagte sich nicht, das tat niemand, wenn es um Mord ging. Außerdem wollte sie wirklich dranbleiben. Sie war von Anfang an dabei gewesen, hatte bei Malin und Henrik in der Küche gesessen und dieses entsetzliche Foto in der Hand gehalten. Da erschien es ihr nur angemessen, dass sie jetzt auch nach Malmö flog, wenn sie der Täterin ganz nah kamen.
Micke hatte ihre Entschuldigungen weggefegt, nein, nein, natürlich mache es ihm nichts aus. Er kam zurecht. Selbstverständlich tat er das, er war schließlich erwachsen. Aber es konnte keinen Spaß machen, allein in Visby zu hocken, wo er außer Sara niemanden kannte. Schon das zweite Wochenende. Er war ja gekommen, um sie zu sehen. Was, wenn er es allmählich satt hatte und am nächsten Wochenende zu Hause blieb?
Ihr Handy summte. Sie sah auf das Display. Eine Mitteilung von Micke: »Habe gerade gefrühstückt. Gehe jetzt eine Runde in die Stadt. Mal sehen, ob ich bei Yllet was Flottes zum Anziehen finde.«
Sara lächelte leise in sich hinein, aber Fredrik blickte trotzdem von seiner Zeitung auf und sah sie fragend an. Als Antwort schrieb sie einen derben Scherz über Schafe und weibliche Geschlechtsorgane. Kaum war sie fertig, ärgerte sie sich darüber. Das Niveau des Witzes war unterirdisch, und saukomisch war er auch nicht gerade. Sie löschte die Zeilen und tippte stattdessen, er solle sich vor einer Überdosis Östrogen in Acht nehmen.
Über den Lautsprecher wurde der Flug nach Malmö ausgerufen. Sie stupste Fredrik an.
»Es wird Zeit.«
Der Flughafen lag im Niemandsland zwischen Malmö und Ystad. Håkan Täll, einer der Malmöer Kriminaltechniker, wartete vor der Ankunftshalle auf sie. Er war in einem zivilen Fahrzeug gekommen und hielt kein Schild mit ihren Namen in die Höhe, aber Fredrik begriff trotzdem sofort, dass er derjenige sein musste, der sie abholen sollte.
Täll hatte im Halteverbot geparkt und stand mit verschränkten Armen da, als hätte er ein Recht dazu. Er schien höchstens vierzig Jahre alt zu sein und trug eine Brille mit dicken schwarzen Bügeln, die etwas zu groß geraten schien. Die Haare waren so kurz geschoren wie sein Bart.
Er begrüßte Sara und Fredrik und hielt Sara die Beifahrertür auf. Man hörte deutlich, dass er in Schonen aufgewachsen war. Sie setzten sich ins Auto. Fredrik musste seine Tür selbst
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