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Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Nordwind: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Östlundh
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verscheuchen. Wahrscheinlich war es nur ein Rundbrief vom Heimatverein oder der Kirchengemeinde oder einer anderen der wenigen, aber wackeren kleinen Gruppierungen, die es auf der Insel gab.
    Malin riss die Lasche mit dem Daumennagel ein Stück auf. Als sie den ganzen Daumen in den Umschlag stecken konnte, öffnete sie ihn hastig.
    Sofort erkannte sie das Foto, das darin lag. Auf diesem Bild waren nur sie und Henrik abgebildet. Es war ein Schnappschuss, der an einem Morgen vor dreieinhalb Jahren im Café Keks aufgenommen worden war. Malin trug eine schwarze Schürze und einen gestreiften Pulli, die gleiche Uniform wie die Angestellten. Sie saß mit Henrik an einem der runden Mosaiktische in der Ecke. Wann immer Henrik Zeit hatte, war er vorbeigekommen, nachdem er die Kinder in den Kindergarten gebracht hatte. Für das Foto hatten sie die Köpfe aneinandergelegt. Eine etwas alberne, aber trotzdem romantische Geste.
    Noch bevor sie die Fotografie ganz aus dem Umschlag gezogen hatte, wusste sie, was sie erwartete. Trotzdem konnte sie sich nicht beherrschen, als sie es sah. Sie schrie. Laut.
    »Henrik!«
    Schrill. Immer wieder.
    »Henrik … Henrik.«
    Er hörte sie nicht. Niemand hörte sie.
    Die Sonne schien direkt durch die vier Löcher, die ihre Augen ersetzt hatten.

16
     
    Fredrik hatte den Wagen in der Birkagatan abgestellt und wollte gerade den Eingang durch die Garage benutzen, als ein Streifenwagen herausfuhr. Einer der Kollegen rief ihm etwas durch das heruntergekurbelte Seitenfenster zu, das er aber nicht verstand. Er ging weiter, als er sein Handy in der Hosentasche vibrieren spürte. In der Garage warf er einen Blick auf das Display. Es war eine Fåröer Nummer.
    »Fredrik Broman.«
    Er drückte seine Schlüsselkarte an das Lesegerät, gab den Code ein und steckte sie wieder in die Tasche, um eine Hand für die Tür frei zu haben.
    »Hallo«, sagte eine Stimme im Handy, »hier ist Henrik Kjellander. Wir haben noch ein Foto mit ausgestochenen Augen bekommen.«
    Fredrik spürte, wie ihm ein Schauer von den Schläfen aus nach hinten über den Rücken lief. Das veränderte alles. Die Möglichkeit, dass es sich um einen bösartigen Mieter oder jemanden mit einem seltsamen Sinn für Humor handelte, konnten sie jetzt ausschließen.
    »Bekommen?«
    »Ja, mit der Post. Oder eigentlich nicht. Es lag im Briefkasten. Malin hat es gefunden, als sie die Zeitung holen wollte.«
    Henriks Stimme klang ruhig und gefasst, aber seine stoßweise Atmung in den Redepausen verriet seine Aufregung.
    »Einen Augenblick.«
    Fredrik musste erneut seine Schlüsselkarte benutzen, um vom Flur in die Garderobe zu gelangen. Als er bei der Meldestelle angekommen war, setzte er sich auf einen freien Stuhl.
    »Sie meinen, das Foto wurde nicht vom Briefträger gebracht?«, fragte er Henrik.
    »Genau. Es waren keine Adresse und kein Absender dabei. Nichts.«
    »Handelt es sich um eines der Fotos, die bei Ihrer Rückkehr verschwunden waren?«
    »Ja.«
    »Und sonst ist Ihnen nichts aufgefallen? Vielleicht jemand, der gestern Abend oder in der Nacht vorbeigefahren ist?«
    »Nein.«
    Der Zeitungsbote, dachte Fredrik. Es konnte sich lohnen, den Zeitungsboten zu befragen. Als Zeugen.
    Er warf einen Blick zu Göran Eides Fenster hinauf, das zu dem glasüberdachten Innenhof hinausging, in dem er sich befand. Dies war einer der zentralen Punkte des Hauses, weil von hier die Treppen zur Kriminalpolizei, zur Direktion und zur Staatsanwaltschaft abgingen. Gleich hinter der Wendeltreppe lag das schusssichere Aquarium, in dem der Wachhabende die Notrufe aus dem gesamten Regierungsbezirk entgegennahm.
    »Wo sind Sie jetzt?«, fragte Fredrik. »Sind Sie noch zu Hause?«
    »Ja. Wir geben jetzt die Kinder ab, und dann fahren wir in die Stadt, um … Wir haben da etwas zu erledigen.«
    »Wir sollten uns die Fotografie mal ansehen. Würden Sie vielleicht in der Dienststelle vorbeikommen? Dann rede ich inzwischen mit meinem Chef.«
    »Wir könnten gegen elf Uhr da sein.«
    »Gut. Fragen Sie am Empfang nach mir.«
    Er hörte Henrik in den Hörer atmen.
    »Sind Sie noch da?«, fragte Fredrik, als er keine Antwort erhielt.
    »Ja, entschuldigen Sie. Das war Malin. Wir überlegen gerade …«
    »Was?«
    »Ach, nichts …«
    Henrik verstummte erneut, und Fredrik hörte im Hintergrund leises Gemurmel. Anscheinend ging es um die Kinder.
    »Dann sehen wir uns gegen elf«, ertönte wieder Henriks Stimme.
    »Lag das Foto lose im Briefkasten?«, wollte Fredrik

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