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Nore Brand 03 - Racheläuten

Nore Brand 03 - Racheläuten

Titel: Nore Brand 03 - Racheläuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke Schnyder
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beantworten, dass kein Schwein mehr draus kam.
    Haben Sie fünf Minuten Zeit für ein paar Fragen?
    Wenn die nicht allzu blöd sind, schon.
    Räuspern. Die Dame am anderen Ende schnappte nach Luft.
    Leben Sie allein …
    Nein, am Wochenende ist meine Großmutter da, wobei an Weihnachten bleibt sie jeweils für ein paar Tage, wenn sie nicht gerade gesundheitliche Beschwerden hat, und dann ist da noch ihr geschiedener Mann. Wobei, wenn ihr Partner dabei ist, dann bedankt sie sich, kommt nicht, aber macht in den Weihnachtstagen voll auf Terror, verstehen Sie, Telefon-Terror, so wie diese abscheulichen Befragungen nach Feierabend, das kennen Sie ja bestens – aber ich weiß, Sie brauchen auch Geld zum Leben! – und meine Großmutter will dann einfach wissen, ohne das natürlich zuzugeben, wie ihr Ex denn so drauf sei, und ich sage natürlich, er habe wieder eine Neue, noch jünger dieses Mal und …
    Können Sie sich bitte kurz fassen?
    Er sah vor seinem geistigen Auge, wie ihre Augen zu Schlitzen wurden.
    Kurz? Nein, wenn ich die Wahrheit sagen soll, dann brauche ich Zeit, und jetzt, wo ich sowieso Feierabend habe, ist das kein Problem. Es geht doch hoffentlich bei diesen Befragungen um die Wahrheit, die reine, nichts als die reine …
    Bitte könnten Sie die nächste Frage etwas knapper beantworten!
    Ihre Augen wurden jetzt zu sehr gefährlichen Schlitzen. Das konnte er hören.
    Ich bin mit der ersten noch nicht ganz fertig. Also. Letztes Jahr an Weihnachten, da gab es ein Missverständnis. Sie meinte, ihr Ex kreuze nicht auf, weil er doch mit seiner neuen Flamme auf die Kanarischen Inseln fahre. Da waren wir dann plötzlich zu viele. Das mit dem Essen hätte noch gerade geklappt. Meine Mutter kocht immer wie eine Wahnsinnige, als ob wir uns an Weihnachten für das ganze folgende Jahr vollfressen müssten. Also, ich sage Ihnen, das war eine heiße Angelegenheit, diese Spannung meine ich.
    100 000 Volt mindestens. Überall Tretminen, in der ganzen Wohnung … Auch Sitzminen, auf dem Sofa …
    Die Dame am anderen Ende nahm einen letzten Anlauf, ihr Ton war gerade noch ganz megaknapp höflich, aber ihre Augen wurden zu Schießscharten. Trotzdem: Er hörte ein allerletztes Aufbäumen der vollautomatisierten Freundlichkeit und dann ganz kurz vor dem endgültigen Einschnappen …
    Doch Nino ließ sich nicht aus dem Konzept bringen.
    »… sogar auf dem WC-Sitz, stellen Sie sich das vor! Peinlich, aber wahr.«
    Praktisch ohne Vorbereitung knallte sie ihm Beleidigungen um die Ohren.
    Genial! Stoff zum Speichern. Dafür reichte der Platz immer auf seiner persönlichen Festplatte, im Ordner für Lebensweisheiten und verbale Entgleisungen.
    »Sie wollten doch, dass ich mir Zeit nehme für Sie, oder?«
    Mitten in eine speziell hässliche Beschimpfung hinein war das Gespräch zu Ende.
    Peng und fertig. Schade.
    Nino Zoppa war mitten im Raum stehen geblieben, mit einem zufriedenen Grinsen auf dem Gesicht.
    »Der Lift ist da vorn, ein paar Schritte nur«, hörte er das Kostüm mit einem Anflug von Ungeduld sagen. Er begriff, sie wollte ihn aus dem Weg haben. Polizisten eigneten sich nicht als Vorzimmerdekoration. Das leuchtete ein.

    Nun stand er vor dem verwaisten Büro von Frau Brändli. Sie musste die Assistentin von Max Lebeau sein. Die Türhüterin.
    Er ging einige Schritte weiter. Auf der rechten Seite ging man über drei Treppenstufen zum nächsten Büro.
    Da! Das war das Kabäuschen von Max Lebeau.
    Mister Police Academy hatte diesen Mann ausgelassen, diesen Maxime Léon Lebeau. Vermutlich aus Angst und Panik beim Gedanken, auf Französisch konversieren zu müssen.
    Nino klopfte wieder.
    Nichts.
    Er klopfte mit Nachdruck. Kurz und heftig. So wie sein Chef es tat.
    Wieder nichts.
    Er schaute sich um, klopfte nochmals und legte dann ein Ohr an die Tür, wie Nore Brand das tat. Mit ihrer großen Vorliebe für das Schlichte, und das nicht nur in Bezug auf Ermittlungsmethoden.
    Doch da war nichts zu hören. Um diese Zeit arbeitete man doch noch, aber auf dieser Etage wohl nicht.
    Er drückte vorsichtig die Klinke und staunte, dass die Tür nicht verschlossen war.
    Ein Hinweis auf das große gegenseitige Vertrauen im Haus; man hatte offenbar nichts voreinander zu verbergen.
    Er trat in den Raum.
    Ein Schreibtisch mit einem Glas Wasser und einer Karaffe, ein Regal, eine Reihe von Ordnern und ein Bürosessel. Ein gewaltiger Sichtbalken an der Decke, alte Fenster. An der Wand ein Bild. Das Innenleben einer historischen Uhr, die

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