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Normal: Gegen die Inflation psychiatrischer Diagnosen (German Edition)

Normal: Gegen die Inflation psychiatrischer Diagnosen (German Edition)

Titel: Normal: Gegen die Inflation psychiatrischer Diagnosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allen Frances
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geholfen, meine Verzweiflung zu überwinden, Verantwortung zu übernehmen, mein Leben in den Griff zu bekommen.« Cleo ist heute Schulpsychologin und hilft anderen, ihr Potenzial auszuschöpfen.
    Henrys Geschichte: Leben mit Schizophrenie
    Als Kind war Henry schüchtern und introvertiert, und er wuchs zu einem sehr sonderbaren Teenager heran, der besessen von Spiritismus, Science-Fiction und allerlei Verschwörungstheorien war. Mit achtzehn hatte er die unerschütterliche Überzeugung gewonnen, er sei in der Lage, sich mit den Seelen seiner verstorbenen Vorfahren zu verständigen, weil er ihre Stimmen hörte, die ihm Befehle erteilten, und bestimmte Nachrichten entschlüsselte, die sie ihm über das Internet schickten. Er fühlte sich mit der besonderen Aufgabe betraut, die Vereinigten Staaten vor der Verwässerung ihres kaukasischen Genpools und der feindlichen Übernahme durch eine fremde Macht oder die Vereinten Nationen zu schützen. Henry war ängstlich und überwachsam, nie durfte er in seiner Aufmerksamkeit nachlassen. Seine Feinde hatten bereits zahlreiche staatliche Behörden übernommen und verfügten nun über die technischen Möglichkeiten, um seine Bewegungen zu überwachen, seine Gedanken zu verfolgen und seine Handlungen zu steuern.
    Henry schlief tagsüber. Nachts las er Verschwörungsliteratur und durchsuchte das Internet nach Botschaften. Er hörte mit der Schule auf, zog sich zunehmend aus der realen Welt zurück und lebte in seinen Wahnvorstellungen und in mehr oder minder ständigem Kontakt mit seinen Stimmen. Seine Eltern teilten Henrys politische Einstellung im Großen und Ganzen, waren jedoch alarmiert über seine zunehmend extremen und bizarren Gedanken und Verhaltensweisen. Sie fühlten sich gelähmt. »Henry entglitt uns in eine andere Welt, zu der wir keinen Zugang hatten. Wenn wir mit ihm zu reden versuchten oder wollten, dass er irgendwas tat, wurde er wütend und schrie uns an. Er weigerte sich, zum Arzt zu gehen, und wir hatten ziemlich Angst vor ihm. Wir schafften unsere Waffen ab, weil wir fürchteten, er könnte gewalttätig werden.«
    Die Krise kam, als Henrys Mutter sein Zimmer als Gesundheitsgefahr und potenziellen Brandherd betrachtete und es aufräumen wollte. Henry erblickte darin einen gegen ihn gerichteten Akt und war sicher, dass sie auf Befehl des Feindes handelte. Er drängte sie brutal aus dem Raum und bedrohte sie sogar mit einem Messer – aber dann bekam er entsetzliche Schuldgefühle. Er begann hemmungslos zu weinen und verkündete lauthals seine Absicht, sich umzubringen.
    Ein Notarzt wurde gerufen, und Henry kam in ein psychiatrisches Krankenhaus. Die Diagnose lautete Schizophrenie, er wurde auf ein Neuroleptikum gesetzt. Das Medikament schlug an, und Henry beruhigte sich rasch. Aber die Rückkehr in die Wirklichkeit erwies sich als ein viel langsamerer Prozess, der fünf Jahre später noch nicht abgeschlossen ist. »Die Stimmen höre ich immer noch, vor allem wenn ich gestresst bin oder wenn ich nichts zu tun habe. Allerdings weiß ich jetzt meistens, dass sie nicht real sind. Es ist eine große Erleichterung, sich nicht die ganze Zeit beobachtet und kontrolliert zu fühlen, aber manchmal werde ich traurig, dass ich jetzt doch keine Mission habe, mein Land zu retten. Kein klares Lebensziel mehr zu haben ist niederschmetternd. Ich versuche andere Beschäftigungen und Aufgaben zu finden.«
    Henry schaffte es, eine vertrauensvolle Beziehung zu seinem Psychiater aufzubauen. Die Therapie kombiniert eine medikamentöse Behandlung mit wöchentlicher Psychotherapie, die auf Realitätsprüfung und Sozialkompetenztraining ausgerichtet ist. Henry hat inzwischen die Highschool abgeschlossen, musste nur noch einmal kurz ins Krankenhaus und strengt sich sehr an, seine Therapie zum Erfolg zu führen und aus seinem Leben etwas zu machen. Aus seinem anhaltenden Interesse an Science-Fiction hat er eine Tugend gemacht: Er verdient jetzt Geld durch den Internethandel mit Fanartikeln und schließt Freundschaften auf Science-Fiction-Treffen. Seit Neuestem hat er eine Freundin, die ebenfalls Science-Fiction-Fan ist.
    Brandys Geschichte: die Achterbahn der Borderline-Persönlichkeitsstörung
    Brandy war eine emotionale, impulsive, selbstzerstörerische junge Frau, die ein turbulentes, unruhiges Leben führte. Sie hatte nicht die geringste Schwierigkeit, Beziehungen zu beginnen, brachte es aber nie fertig, sie zu beenden, ohne wütend und tief gekränkt zu sein. Diesem Muster blieb sie

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