Northanger Abbey
eben zumute ist, und jeder muß dich nur noch mehr lieben für ein solch edles, aufrichtiges Fühlen.«
Catherines Unbehagen legte sich allmählich wieder. Sie wollte gern glauben, daß nichts weiter als der Aufschub der Hochzeit hinter Isabellas Verstimmung steckte, und als sie sie bei ihrem nächsten Zusammensein so vergnügt und liebenswürdig wie immer erlebte, war sie auch nur zu gern bereit zu vergessen, daß sie kurze Zeit etwas anderes gedacht hatte. James kam nicht lange nach seinem Brief und wurde so liebevoll empfangen, wie sich nur wünschen ließ.
II. KAPITEL
Die Allens waren nun die sechste Woche in Bath; und ob es die letzte sein würde, war ein Weilchen Gegenstand einer Debatte, der Catherine klopfenden Herzens lauschte. So bald von den Tilneys getrennt zu werden war ein Übel, für das nichts sie entschädigen konnte. Alles schien ihr verwirkt, solange die Sache in der Schwebe war, und alles gewonnen, als beschlossen wurde, das Quartier noch für vierzehn Tage zu behalten. Was diese vierzehn Tage ihr bringen sollten außer dem gelegentlichen Vergnügen von Henry Tilneys Gesellschaft, diese Frage nahm in Catherines Überlegungen sehr wenig Raum ein. Gewiß, ein- oder zweimal hatte sie sich, nun da James’ Verlobung ihr gezeigt hatte, was geschehen
konnte
, zu einem heimlichen »Vielleicht« verstiegen, aber im großen und ganzen verstellte die Seligkeit, fürs erste in seiner Nähe zu bleiben, ihr den Blick: die Gegenwart war ganz in den nächsten drei Wochen enthalten, und da ihr Glück für diese Spanne gesichert war, lag der Rest ihres Lebens in zu weiter Ferne, um groß Interesse zu wecken. Noch am gleichen Tag, an dem all dies entschieden wurde, besuchte sie Miss Tilney und überbrachte ihr die frohe Kunde. Doch es sollte ein Tag der Prüfungen sein. Kaum hatte sie ihre Freude über Mr. Allens verlängerten Aufenthalt hervorgesprudelt, eröffnete ihr Miss Tilney, daß ihr Vater soeben beschlossen habe, Bath Ende kommender Woche zu verlassen. Was für ein Schlag! Das morgendliche Hangen und Bangen schien harmlos verglichen mit der jetzigen Enttäuschung. Bestürzung malte sich auf Catherines Zügen, und zutiefst betroffen wiederholtesie Miss Tilneys abschließende Worte: »Ende kommender Woche!«
»Ja, mein Vater ist nicht so leicht für eine richtige Heilwasserkur zu haben. Er hatte gehofft, hier ein paar Freunde zu treffen, die nun doch nicht kommen, und da er momentan recht gut beisammen ist, will er möglichst schnell nach Hause zurück.«
»Das tut mir sehr leid«, sagte Catherine mutlos, »wenn ich das gewußt hätte …«
»Vielleicht«, begann Miss Tilney mit einiger Verlegenheit, »könnten Sie so lieb sein – es würde mich sehr freuen, wenn …«
Ihr Vater trat ins Zimmer, und so blieb ihr Anliegen – vielleicht die Bitte, sie möchten sich schreiben, hoffte Catherine ganz schwach – unausgesprochen. Nachdem er sie mit gewohnter Zuvorkommenheit begrüßt hatte, wandte er sich an seine Tochter und sagte: »Nun, Eleanor, darf ich dich schon beglückwünschen? War dein Gesuch an deine liebreizende Freundin erfolgreich?«
»Ich wollte gerade dazu kommen, Sir, als Sie hereinkamen.«
»Dann fahre unbedingt fort. Ich weiß ja, wie sehr du dein Herz daran gehängt hast. In meiner Tochter, Miss Morland«, richtete er das Wort an sie, ohne seiner Tochter Gelegenheit zum Sprechen zu geben, »ist ein sehr kühner Wunsch herangereift. Wir verlassen Bath, wie sie Ihnen vielleicht erzählt hat, am Samstag in einer Woche. Ein Schreiben meines Verwalters setzt mich davon in Kenntnis, daß meine Anwesenheit zu Hause vonnöten ist; und da ich nun nicht hoffen darf, den Marquis von Longtown und General Courteney hier zu treffen, zwei sehr alte Freunde von mir, hält mich in Bath eigentlich nichts mehr. Und wenn nur Sie unserem selbstsüchtigen Begehren stattgeben, reisen wir ohne jedes Bedauern ab. Könnten Sie sich, kurz gefragt, vorstellen, diesem Schauplatz öffentlicher Triumphe den Rücken zu kehren und Ihre Freundin Eleanor nach Gloucestershire zu begleiten? Ichschäme mich fast, ein solches Ansinnen an Sie heranzutragen, auch wenn seine Vermessenheit vermutlich jedem anderen hier in Bath größer erschiene als Ihnen. Eine Bescheidenheit wie die Ihre … aber ich will Sie um Gottes willen nicht durch zu offenes Lob beschämen. Wenn Sie sich dazu bewegen ließen, uns mit Ihrer Gesellschaft zu beehren, würde uns das über die Maßen glücklich machen. Zugegeben, mit den hiesigen
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