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Northanger Abbey

Northanger Abbey

Titel: Northanger Abbey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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das ihm Kummer bereitet, oder die Art, wie Miss Thorpe damit umgeht?«
    »Läuft das nicht auf das gleiche hinaus?«
    »Ich denke, Mr. Morland würde sehr wohl einen Unterschied sehen. Kein Mann ist beleidigt, wenn die Frau, die er liebt, auch von anderen bewundert wird; die Frau allein ist es, die es zur Qual für ihn machen kann.«
    Catherine errötete für ihre Freundin und sagte: »Es ist nicht recht von Isabella. Aber ich glaube fest daran, daß sie ihn nicht absichtlich quält, denn sie hat meinen Bruder sehr lieb. Es war Liebe auf den ersten Blick bei ihr, und als die Zustimmung meines Vaters noch ausstand, hat sie sich fast in ein Fieber hineingesteigert vor lauter Unruhe und Angst. Sie muß ihn liebhaben, es kann gar nicht anders sein.«
    »Ich verstehe: sie liebt James, und mit Frederick flirtet sie.«
    »O nein, ganz bestimmt nicht. Eine Frau, die einen Mann liebt, kann doch nicht mit einem anderen flirten.«
    »Es steht zu vermuten, daß sie weder ganz so gut lieben noch ganz so gut flirten kann, wie wenn sie jedes für sich betriebe. Die Herren müssen beide ein paar Abstriche hinnehmen.«
    Nach einer kurzen Pause begann Catherine wieder: »Dannglauben Sie also nicht, daß Isabella meinen Bruder so sehr liebt?«
    »Darüber kann ich mir keine Meinung anmaßen.«
    »Aber was kann Ihr Bruder bezwecken? Wenn er von ihrer Verlobung weiß, was kann er mit seinem Verhalten bezwecken wollen?«
    »Sie verhören mich sehr gründlich.«
    »Finden Sie? Ich frage doch nur, worüber ich gern Auskunft hätte.«
    »Aber fragen Sie nur das, worüber Sie von mir Auskunft erwarten können?«
    »Ja, ich glaube schon; denn Sie müssen doch das Herz Ihres Bruders kennen.«
    »Über das Herz meines Bruders, wie Sie es nennen, kann ich in der vorliegenden Sache höchstens Vermutungen äußern.«
    »Nämlich?«
    »Nämlich? – Nein, wenn wir schon mit Vermutungen hantieren, soll jeder seine eigenen anstellen. Sich von Spekulationen aus zweiter Hand leiten zu lassen, ist zu armselig. Die Prämissen liegen klar vor Ihnen. Mein Bruder ist ein lebhafter und vielleicht manchmal leichtfertiger junger Mann; er kennt Ihre Freundin jetzt eine Woche, und er weiß von ihrer Verlobung fast ebenso lange, wie er sie selbst kennt.«
    »Hmm«, sagte Catherine nach einigen Sekunden des Überlegens, »
Sie
können daraus vielleicht Schlüsse über die Absichten Ihres Bruders ziehen,
ich
kann es ganz bestimmt nicht. Aber ist denn Ihr Vater nicht auch in Sorge deswegen? Wäre es ihm nicht lieber, Captain Tilney würde von hier fortgehen? – Wenn Ihr Vater mit ihm sprechen würde, dann würde er doch sicher abreisen.«
    »Meine liebe Miss Morland«, sagte Henry, »kann es sein, daß diese liebenswerte Besorgnis um den Herzensfrieden Ihres Bruders Sie ein klein wenig in die Irre schickt? Schießen Sie nicht ein bißchen übers Ziel hinaus? Wird er es Ihnendanken, in seinem eigenen Namen wie auch im Namen Miss Thorpes, wenn Sie unterstellen, ihre Zuneigung oder zumindest ihr Wohlverhalten ist nur dadurch zu gewährleisten, daß sie Captain Tilney nie wiedersieht? Ist er nur in der Einsamkeit sicher? – oder ist auf ihre Treue nur dann Verlaß, wenn kein anderer um sie wirbt? – Das kann er nicht meinen – und ganz sicher würde er auch nicht wollen, daß Sie das meinen. Ich will Ihnen nicht sagen, sorgen Sie sich nicht, denn ich weiß, Sie sorgen sich, im Moment jedenfalls; aber sorgen Sie sich sowenig wie nur möglich. Sie zweifeln nicht an der Zuneigung zwischen Ihrem Bruder und Ihrer Freundin; zählen Sie also darauf, daß keine echte Eifersucht zwischen ihm und ihr aufkommen kann, zählen Sie darauf, daß keine Mißstimmung zwischen ihnen von Dauer sein wird. Die beiden können einander ins Herz sehen, wie Sie es bei keinem von ihnen können; sie wissen genau, was geboten und was zumutbar ist; verlassen Sie sich also darauf, daß keiner den anderen ärger neckt, als der es ertragen kann.«
    Und als er ihre unverändert zweifelnde, bedenkliche Miene sah, setzte er hinzu: »Selbst wenn Frederick nicht zusammen mit uns aus Bath abreist, wird er höchstwahrscheinlich kaum länger bleiben als wir, vielleicht nur ein paar Tage. Sein Urlaub geht bald zu Ende, und dann muß er zu seinem Regiment zurück. Und was ist seine Bekanntschaft mit ihr dann noch wert? – Das Offizierskasino wird zwei Wochen auf Isabella Thorpe trinken, und sie und Ihr Bruder werden einen Monat lang über den armen liebeskranken Tilney lachen.«
    Catherine konnte sich dem

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