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Northanger Abbey

Northanger Abbey

Titel: Northanger Abbey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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betreten (zumal sie gesehen hatte, daß Miss Tilney nur zwei Türen weiter schlief), und ihre Zuversicht wuchsnoch mehr, als drinnen ein fröhlich flackerndes Holzfeuer sie empfing. »Wieviel besser ist das doch«, sagte sie sich, während sie zum Kamingitter hinüberging, »so ein brennendes Feuer zu haben, statt schaudernd in der Kälte warten zu müssen, bis die ganze Familie sich schlafen gelegt hat, wie es das Los so vieler armer Mädchen ist – und dann von einer getreuen alten Magd erschreckt zu werden, die mit einem Kienspan hereinschlurft! Wie froh bin ich, daß Northanger so ist, wie es ist! Es gibt alte Bauten, da wüßte ich nicht, ob in solch einer Nacht auf meinen Mut Verlaß wäre – aber so besteht ja sicherlich kein Grund zur Beunruhigung.«
    Sie sah sich im Zimmer um. Die Gardinen vor den Fenstern schienen sich zu bewegen. Es konnte nur vom Wind kommen, der durch die Ritzen in den Fensterläden hereinpfiff; und ganz kühn ging sie hin, ein sorgloses Liedchen auf den Lippen, um sich davon zu überzeugen – spitzte tapfer hinter jeden Vorhang, entdeckte auf keiner der niedrigen Fensterbänke etwas Furchterregendes und fand, als sie die Hand an den Laden hielt, die Wucht des Windes hinlänglich bewiesen. Der rasche Blick zu der alten Truhe hinüber, den sie dieser Inspektion folgen ließ, war gleichfalls nicht ohne Nutzen: Voll Verachtung für die grundlosen Ängste einer unausgelasteten Phantasie begann sie, sich mit dem schönsten Gleichmut bettfertig zu machen. Sie würde sich Zeit lassen; sie würde sich nicht hetzen; es kümmerte sie nicht, ob sie dadurch länger aufblieb als irgend jemand sonst im Haus. Aber ein Scheit nachlegen würde sie nicht;
das
würde feige wirken, als getraute sie sich nicht, im Dunkeln im Bett zu liegen. Das Feuer brannte folglich herunter, und Catherine, die fast eine Stunde mit ihren Vorkehrungen zugebracht hatte, wollte sich schon hinlegen, als ihr bei einem letzten Blick durch das Zimmer ein hoher, altmodischer schwarzer Dokumentenschrank ins Auge stach, der ihr, obwohl er sichtbar genug dastand, bis dahin völlig entgangen war. Sofort schossen ihr Henrys Worte durch den Kopf – der von ihrübersehene Ebenholzschrank –, und wenn auch nichts dahinterstecken
konnte
, absonderlich war es doch – ein solch überaus merkwürdiger Zufall! Sie nahm ihre Kerze und betrachtete den Schrank näher. Aus Ebenholz und Gold war er nicht direkt, aber immerhin lackiert, sehr schön lackiert in Schwarz und Gelb; und so wie sie die Kerze hielt, wirkte das Gelb ganz ähnlich wie Gold. Der Schlüssel steckte, und es gelüstete sie so seltsam, hineinzuschauen; nicht daß sie eine Sekunde lang erwartet hätte, auf irgend etwas zu stoßen, aber es traf sich so außerordentlich kurios, nach allem, was Henry gesagt hatte. Kurz und gut, sie würde kein Auge zutun können, ehe sie nicht aufgeschlossen hätte. Also stellte sie die Kerze vorsichtig auf einem Stuhl ab, streckte eine zittrige Hand nach dem Schlüssel aus und versuchte ihn zu drehen; doch er widersetzte sich, wieviel Kraft sie auch aufbot. Befremdet, aber nicht entmutigt, versuchte sie es andersherum; ein Riegel schnappte, und sie wähnte sich schon am Ziel: doch wie sonderbar rätselhaft! – die Tür rührte sich immer noch nicht. Einen Moment lang verharrte sie in atemlosem Staunen. Der Sturm heulte zum Kamin herein, der Regen schlug in Sturzbächen gegen die Läden, alles unterstrich gleichermaßen die Ausweglosigkeit ihrer Lage. Doch nun ins Bett zu gehen, ohne in einer solchen Sache Gewißheit erhalten zu haben, war undenkbar, denn wie sollte sie jemals schlafen mit einem so mysteriös verschlossenen Schrank so dicht bei ihr? Erneut nahm sie sich darum den Schlüssel vor, und nachdem sie ihn einige Sekunden lang mit der hurtigen Resolutheit des letzten Hoffnungsaufbäumens in jede nur mögliche Richtung bewegt hatte, gab die Tür ihrer Hand plötzlich nach; ihr Herz frohlockte über einen solchen Sieg, und kaum waren beide Türflügel geöffnet – der zweite nur mit einem einfachen Riegel gesichert, keiner so wundersamen Konstruktion wie dem Schloß, an dem ihr Auge allerdings auch nichts Ungewöhnliches entdecken konnte –, erblickte sie eine Doppelreihe kleiner Schubladen mit einigengrößeren Schubladen darüber und darunter, in deren Mitte ein Türchen, ebenfalls mit Schlüssel und Schloß versperrt, aller Wahrscheinlichkeit nach eine Höhlung von höchster Wichtigkeit bewachte.
    Catherines Herz hämmerte, aber ihr

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