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Northanger Abbey

Northanger Abbey

Titel: Northanger Abbey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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Mut ließ sie nicht im Stich. Mit hoffnungsfroh glühenden Wangen und neugierblitzenden Augen schloß sie die Finger um den Griff einer Schublade und zog sie heraus. Sie war vollkommen leer. Schon ruhigeren Bluts, aber dafür um so rascher sah sie in eine zweite, eine dritte, eine vierte: alle gleich leer. Nicht eine blieb undurchsucht, und in keiner fand sich etwas. Sie war wohlbelesen in der Kunst des Schätzeversteckens, darum war sie auf einen doppelten Boden in einem der Schubfächer durchaus gefaßt, und mit emsiger Hand tastete sie gründlich in einem jeden herum, vergebens. Einzig das Fach in der Mitte war jetzt noch unerforscht, und wenn sie auch von Anfang an keine Sekunde lang erwartet hatte, in irgendeinem Winkel des Schrankes auch nur das Geringste zu entdecken, und über ihren bisherigen Mißerfolg nicht das kleinste bißchen enttäuscht war, konnte sie ihn doch gleich zu Ende untersuchen, wenn sie schon einmal dabei war; alles andere wäre albern gewesen. Es dauerte allerdings ein Weilchen, bis sie die Tür aufbekam, denn dieses innere Schloß zeigte sich genauso widerborstig wie das äußere; doch zu guter Letzt sprang es auf, und anders als bisher suchte sie diesmal nicht umsonst: ihr flinkes Auge fiel sofort auf eine Papierrolle, die ganz dicht an der Rückwand lag, offenbar mit Bedacht in den hintersten Winkel geschoben, und ihre Gefühle in diesem Augenblick waren kaum zu beschreiben. Das Herz flatterte ihr, die Knie zitterten, und aus ihren Wangen wich das Blut. Mit bebenden Fingern griff sie nach dem kostbaren Manuskript, denn ein halber Blick genügte, um handgeschriebene Lettern zu erkennen; und während sie sich mit unaussprechlichen Empfindungen klarmachte, mit welcher Präzision alles von Henry Vorausgesagte eingetreten war,beschloß sie unverzüglich, jede einzelne Zeile zu lesen, ehe sie Schlaf zu finden versuchte.
    Der Schein ihrer Kerze war so trübe geworden, daß sie sich erschreckt danach umwandte; doch es bestand keine Gefahr, daß sie plötzlich verlosch, sie hatte noch einige Stunden zu brennen; und um sich nicht noch schwerer mit dem Entziffern der Handschrift zu tun, als bei deren Betagtheit ohnehin zu erwarten, schneuzte sie hastig den Docht. Doch ach! Schneuzen und Auslöschen war in diesem Fall eins. Wohl keine Lampe hätte mit fürchterlicherer Wirkung ausgehen können. Ein paar Sekunden lang stand Catherine stocksteif vor Entsetzen. Es war alles aus: nicht ein Lichtfünkchen im Docht gab Hoffnung, als sie ihn anhauchte. Undurchdringliche, unabänderliche Finsternis füllte das Zimmer. Das wütende Fauchen des Windes, der sich mit jäher Gewalt neu erhob, jagte ihr einen zusätzlichen Schauder über den Rücken. Catherine zitterte am ganzen Körper. In dem Moment der Stille, der folgte, drang an ihr verängstigtes Ohr ein Geräusch wie von davoneilenden Schritten und dem Zuklappen einer Tür irgendwo weit weg. Von der Menschheit war keine Hilfe mehr zu erwarten. Kalter Schweiß trat ihr auf die Stirn, das Manuskript entfiel ihrer Hand, sie tastete sich zum Bett hin, sprang hastig hinein und versuchte ihren Qualen zu entkommen, indem sie so tief unter die Decken kroch wie nur möglich. Auf Schlaf brauchte sie heute nacht jedenfalls nicht mehr zu hoffen. Für jemanden, dessen Neugier so berechtigtermaßen geweckt war, dessen sämtliche Sinne sich derart in Aufruhr befanden, war an Schlummer nicht zu denken. Und dazu der grauenhafte Sturm da draußen! – Für gewöhnlich fürchtete sie sich nicht vor dem Wind, nun aber schien ihr eine jede neue Bö neues Unheil zu verkünden. Das Manuskript, das auf so wundersame Weise in ihre Hände gelangt war, auf so wundersame Weise die Prophezeiung des Morgens erfüllte – was hatte es damit auf sich? Was mochte es enthalten? Von wem mochte es stammen? Wie hatte es solange unentdeckt bleiben können? – und wie ganz und gar sonderbar, daß nun gerade sie es sein sollte, die darauf gestoßen war! Ehe sie nicht wußte, was darin stand, konnte es für sie weder Ruhe noch Rast geben, gleich beim ersten Sonnenstrahl wollte sie es studieren. Doch wie viele öde Stunden mußten bis dahin noch vergehen! Sie schauderte, wälzte sich im Bett hin und her und beneidete jeden ruhigen Schläfer. Der Sturm tobte unvermindert, und vieler Art waren die Geräusche, die immer wieder an ihr banges Ohr drangen und die allesamt noch unheimlicher waren als der Wind. Einmal schienen gar die Vorhänge ihres Bettes zu schwanken, dann wieder schepperte das

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