Nosferas
was du eben gesagt hast. Sieh mich an!«
Luciano richtete seinen Blick auf sie und sah in ihre braunen Augen. Je nachdem wie die Wimpern sie beschatteten, leuchteten sie in einem Goldton und wirkten kurz darauf wieder fast schwarz. Luciano räusperte sich und sagte dann laut: »Von vierundfünfzig bis achtundsechzig nach Christi herrschte Nero über Rom.«
»Gut«, sagte Signora Enrica. »Weißt du noch Antworten auf andere Fragen, die die Professoren Umberto und Letizia dir gestellt haben?«
Luciano schüttelte den Kopf. Dann plötzlich hörte er Alisas Stimme in seinem Geist, wie sie die Namen herunterbetete, immer und immer wieder. Er konnte sie sogar vor sich sehen, wie sie mit untergeschlagenen Beinen auf dem Ruhekissen saß, das schwere, in Leder gebundene Buch aus der Bibliothek auf den Knien. Der trübe Lichtschein der Lampe ließ Schatten über die klaren Linien ihres Gesichts tanzen, und immer wieder schob sie sich eine ihrer blonden Haarsträhnen, die sich regelmäßig aus der aufgesteckten Frisur lösten, hinter das Ohr.
»Kaiser Augustus herrschte vom Jahr siebenundzwanzig bis zum Jahr vierzehn nach Christus«, sagte Luciano klar und deutlich. »Ihm folgten Tiberius, Caligula, Claudius und Nero. Servius Tullis herrschte um fünfhundertneunundsiebzig bis fünfhundertvierunddreißig vor Christus. Es war die Zeit der Republik.«
Luciano wollte gar nicht mehr aufhören. Namen und Daten sprudelten aus ihm hervor. Als er schließlich den Mund schloss, senkte sich wieder Stille über die Halle, doch dieses Mal umhüllte ihn eine Atmosphäre der Anerkennung. Die fremden Clanführer und ihre Begleiter nickten einander wohlwollend zu und der Conte strahlte offen. Auch Signora Enrica stand die Zufriedenheit ins Gesicht geschrieben.
»Sehr gut, Luciano!« Die Professorin wandte sich den anderen Mitgliedern des Gremiums zu. »So, nachdem wir diesen Teil endlich abgehakt haben, kommen wir zu den wirklich wichtigen Dingen, die die Schüler in den vergangenen Monaten hier gelernt und geübt haben.«
Einer von Conte Claudios Getreuen mit dem Körperbau eines Ringers trug auf ihren Wink zwei Truhen heran und stellte sie vor Luciano auf dem Boden ab. Die Professorin wartete, bis der Helfer sich wieder entfernt hatte, ehe sie Lucianos Aufgabe verkündete.
»In diesen Kisten befinden sich zwei Gegenstände, die heilige Kräfte besitzen. Zuerst möchte ich, dass du uns - bevor du die Kisten öffnest - sagst, welcher Gegenstand mächtiger ist. Dann sieh dir die Objekte an und bestimme, aus welcher Zeit sie stammen. Zuletzt nimm sie heraus und bring sie zu unserem erlauchten Komitee von Prüfern.« Sie grinste wölfisch und ließ ihre spitzen Zähne sehen. »Verstanden?«
Luciano nickte und die Professorin trat zur Seite. Der junge Vampir widerstand dem Drang, seinen Rubin zu umklammern. Er musste sich nur konzentrieren und seine Kräfte bündeln. Luciano trat an die erste Kiste heran und streckte die Hände aus. Einen Augenblick stand er reglos da, die Handflächen ein paar Zoll über dem Deckel der Kiste schwebend. Die Aura, die ihn erreichte, war nur schwach. Entweder der Gegenstand war noch nicht alt, oder er war von jemandem hergestellt worden, der nicht die rechte christliche Überzeugung in sich trug. Erleichtert wandte sich Luciano der zweiten Kiste zu, doch er hatte sich noch nicht auf drei Schritte genähert, als Erleichterung und Zuversicht mit einem Schlag verschwanden. Die Kirchenmagie, die ihm entgegenschlug, war lähmend! Das würde hart werden. Wenn er es überhaupt schaffte, ohne ohnmächtig zu werden. Luciano zwang sich, näher zu treten und seine Hände auszustrecken. Sie zitterten heftig, doch er zählte bis zehn und zog sich erst dann keuchend ein Stück zurück. Laut berichtete er, was er herausgefunden hatte.
Signora Enrica nickte. »Gut. Und nun öffne die Truhen.«
Luciano zögerte. Er klappte den Deckel der ersten auf und entdeckte ein kleines Bild, das irgendeinen Heiligen zeigte, zumindest war eine Scheibe aus Blattgold um seinen Kopf gelegt. Luciano holte es heraus und ging damit an den Tischen der Prüfer entlang. Während er das Bild präsentierte, sprach er von seiner Vermutung, dass das Gemälde nicht sehr alt sei und der Glaube des Malers nicht aufrecht und tief gewesen sein könne.
»Das ist korrekt«, bestätigte Signora Enrica. »Es stammt aus einer Werkstatt, die Bilder und andere Gegenstände für die Devotionalienhändler * herstellt, die diese dann im Vatikan und in der
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