Nosferas
lässig ab. »Wer redet denn von diesem unnützen Schulkram! Baron Maximilian hat sich in einem sentimentalen Moment auf diese Schulgeschichte eingelassen, weil er mit euch Mitleid empfand. Nun ertragen wir eben eine Weile eure mittelalterliche Dekadenz - und die Dummheit und Grobheit der anderen hier Anwesenden.« Er machte eine ausladende Handbewegung. »Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich lohnenswert ist, euch und eure Familien zu erhalten. Die Vamalia, die mit hündischem Eifer die Erfindungen der Menschen bestaunen und die, wie ich gehört habe, im stinkenden Hafenschlick von Hamburg hausen. Die Lycana, die auf ihrer Insel vermutlich noch bei den Wölfen schlafen. Über die Pyras muss ich wohl kein weiteres Wort verlieren. Da genügt ein Blick auf Joannes verfilztes Haar, das sie sicher schon seit Monaten nicht mehr gewaschen hat, und Fernand, dessen Gedanken mal wieder einzig auf eine Prügelei gerichtet sind, die er anscheinend jede Nacht benötigt. Vergiss es, ich prügle mich weder mit Ratten noch mit räudigen Straßenkötern - und daher auch nicht mit dir! Ach, und dann noch unsere Gastgeber hier in diesen feuchten Verliesen, die ihnen angemessen sind, wenn ich mir den rattenfressenden Maurizio so ansehe. Bei allen Dämonen! Die Einzigen, die außer uns vielleicht noch eine Daseinsberechtigung haben, sind die Vyrad. Ich will die Entscheidungen des Barons nicht in Zweifel ziehen, aber ich weiß nicht, ob er sich klargemacht hat, welch klägliche Erscheinungsformen er hier zu erhalten hilft!«
Alisa war sicher, dass Luciano sich nun auf ihn stürzen und ihm mit den Resten seiner Krallen die Kleider vom Leib fetzen würde. Und mit dieser Überzeugung stand sie nicht allein. Auch Franz Leopolds Schatten Matthias spannte den Körper an und machte sich bereit, seinem Herrn zu Hilfe zu eilen. Dafür trat Francesco hinter Luciano und warf dem anderen Servienten einen warnenden Blick zu.
Doch zu Alisas Erstaunen trat Luciano mit einem Lächeln auf Franz Leopold zu. »Dass ihr Dracas euch mit Schmähreden auskennt, das wissen wir jetzt zur Genüge. Wie wäre es, wenn ihr uns einmal zeigt, ob ihr noch zu etwas anderem taugt? Ich habe bisher auf keine deiner großen Reden auch nur eine Tat folgen sehen. Gut, wenn ihr euch im Unterricht nicht beweisen wollt, bitte, das ist mir egal. Ich höre immer nur dein leeres Geschwätz, dass ihr die Ersten sein könntet, wenn es euch der Mühe wert wäre.«
»Komm zur Sache! Deine ungeschliffenen Formulierungen schmerzen mir in den Ohren.« Alisa fühlte, dass er jetzt nicht mehr so unbeteiligt war, wie er sich gab. Seine Anspannung wuchs.
»Ich fordere deine Familie heraus, ihre Überlegenheit zu beweisen!«
»Was, du gegen mich? Bist du deiner Existenz jetzt schon überdrüssig?« Franz Leopold lachte und sah den dicklichen Römer mit übertrieben mitleidiger Miene an. »Überlege es dir, bevor es zu spät ist. Es würde nicht viel von dir übrig bleiben!«
»Ich habe nicht vor, mich mit dir zu schlagen«, sagte Luciano und ahmte recht gut den kalten Tonfall der Dracas nach. »Das wäre zu einfach. Außerdem hast du auch Ivys und Alisas Familien beleidigt. Nein, ihr dürft versuchen, eure Überlegenheit zu beweisen, von der ihr so viel redet, die aber nur in eurer Einbildung existiert!«
Alisa sah zu Ivy hinüber. Was hatte Luciano vor? Das klang nach Ärger. Doch Franz Leopolds Neugier schien geweckt. »Und, wie soll dieser Kampf aussehen?«
Luciano grinste. »Wir brechen morgen, wenn die letzten Gäste abgereist sind, nach dem Unterricht um drei Uhr auf. Wer zuerst da ist, hat gewonnen und die Überlegenheit seines Clans damit bewiesen. Drei gegen drei. Du darfst dir also gern noch zwei deiner großartigen Verwandten zur Unterstützung mitnehmen. Unser Ziel ist ein Engel. Der Engel auf der Spitze des Castello de Sant Angelo!«
»Die Engelsburg des Papstes«, hauchte Alisa entgeistert. Ivy erhob sich und trat zu Luciano, der Franz Leopold gerade die Hand entgegenstreckte, um die Wette zu besiegeln. Ihre Miene war wie immer unergründlich.
»Luciano, ich glaube nicht, dass ich die Ehre meiner Familie verteidigen muss.« Entsetzen breitete sich auf Lucianos Gesicht aus, daher sprach Ivy schnell weiter. »Dennoch werde ich mich nicht entziehen, wenn du entschlossen bist, diesen …«, sie zögerte kurz, »… Wettstreit durchzuführen. Ich werde allerdings nicht ohne Seymour gehen können. Er würde meinem Befehl nicht gehorchen.«
»Kannst du ihn nicht hier
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