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Nosferas

Nosferas

Titel: Nosferas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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dass Alisa blinzeln musste. Obwohl Luciano unter ihr ächzte, kam es ihr vor, als würde sie Ivys Gewicht gar nicht spüren. »Kannst du das Gitter erreichen?«
    »Nein, aber hier oben ist die Wand nicht mehr ganz so glatt. Ich versuche, höher zu klettern.«
    Und schon waren die Füße von ihren Schultern verschwunden. Alisa legte ein wenig den Kopf zurück. Sie konnte nicht glauben, was sie sah! Ivys Hände und nackte Füße krümmten sich und schienen sich an jeder noch so kleinen Unebenheit festzusaugen. So schob sie sich langsam und gleichmäßig höher.
    »Nicht!«, rief Luciano. »Hör auf! Wie soll ich dich denn so halten?«
    Zu spät. Alisa merkte, wie sie das Gleichgewicht verlor. Sie sprang von Lucianos Schultern und landete sicher auf dem Boden.
    »Aua! Was denkst du dir eigentlich, dich so zurückzulehnen?«, maulte er und rieb sich die Schlüsselbeine.
    »Entschuldigung. Ich war wohl abgelenkt. Ist sie nicht unglaublich?« Mit offenen Mündern starrten die beiden zu Ivy hinauf, die das Gitter fast erreicht hatte.
    »Das ist mehr als nur unglaublich!«, flüsterte Luciano. Sie schwiegen und bangten mit Ivy, die sich weiterschob.
    »Alisa!«
    »Was ist? Sei ruhig. Wir dürfen sie nicht ablenken!«
    Luciano senkte die Stimme, doch der Tonfall klang alarmiert. »Riechst du das auch?«
    »Was?« Alisa hatte den Mund noch nicht wieder geschlossen, als ihr neben dem Gestank des Verbrannten ein anderer Geruch in die Nase stieg. »Menschen!«, hauchte sie entsetzt. »Und sie sind ganz nah.«
    Luciano nickte. Verstohlen ließen sie ihre Blicke schweifen. »Mann oder Frau?«, fragte er leise.
    Alisa schloss die Augen. »Ich weiß nicht so genau. Ich glaube, beides. Und ich höre ihre Stimmen wie von fern.«
    »Dann sind sie also zu zweit?« Sie sahen einander beunruhigt an.
    In diesem Moment griffen Ivys Finger nach dem Eisengitter. Sie rüttelte zaghaft daran, um nicht den Halt zu verlieren. »Es hängt fest«, rief sie nach unten. »Aber keine Sorge, ich bekomme es schon irgendwie auf.«
    Als sie den Blick wieder nach oben wandte, schoss ein Arm wie aus dem Nichts durch die Gitterstäbe. Starke Finger umklammerten ihr Handgelenk. Ivy stieß einen Schrei aus.
     
    Seymour rannte durch den Gang bis zu den steinernen Stufen, die ihn zurück zum Kirchplatz brachten. Er hielt kurz inne, dann lief er weiter, verschwand in den Gässchen und durchquerte stille Höfe, bis er gefunden hatte, was er suchte. Er spitzte die Ohren, als er die ihm vertraute Stimme vernahm.
    »Hör mit dem Gezänke auf!«
    »Warum sollte ich? Du hast uns in die Irre geführt. Wir sind wie Blinde durch diese Gassen getorkelt, statt einfach den Weg zurück zu nehmen, den wir auf dem Hinweg benutzt haben. Nun haben wir wer weiß wie viel Zeit verloren und diesen Trotteln Gelegenheit gegeben, uns zu überholen.« Anna Christina warf die Arme in die Luft. »Ich kann kaum glauben, dass du wirklich so dämlich bist. Oder hast du das gar mit Absicht gemacht?«
    »Hat dir schon mal jemand gesagt, dass dein ewiges Gekeife dich unerträglich macht?« Franz Leopold presste die Hände auf die Ohren. Dort oben auf der Engelsburg hatte er fast zu hoffen gewagt, aus ihr könnte eine hilfreiche Verbündete werden. Doch nun schwor er, sich nicht so bald wieder mit ihrer Gesellschaft zu strafen. »Wir gehen hier entlang. Wenn wir dieser Straße folgen, müssen wir nicht über den Hügel, sondern können direkt über das Ruinenfeld zur Domus Aurea gelangen.«
    Er blieb stehen und wandte sich zu den anderen um. Anna Christina trug noch immer eine säuerliche Miene zur Schau, während Karl Philipp gleichmütig vor sich hin stapfte. Franz Leopold wollte seinen Weg gerade fortsetzen, als eine Bewegung von rechts seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Auch die anderen starrten die Straße hinunter auf das weiße Tier, das mit heraushängender Zunge auf sie zugestürmt kam.
    »Ist das nicht der grässliche Wolf dieser Ivy?«, fragte Anna Christina.
    »Das ist Seymour, ja, aber was hat er hier zu suchen?«
    »Vermutlich sind sie hinter uns und er soll uns aufhalten«, rief Karl Philipp, der wie aus einer Trance zu erwachen schien. Er schlug seinen Umhang zurück und zückte den schlanken Degen, den er an seiner Seite trug. Die scharfe Klinge glitzerte im Sternenlicht, als er sie dem Tier entgegenstreckte. Der Wolf heulte auf, bremste ab und wich dann zurück.
    »Siehst du, ihr Plan geht nicht auf! Ich werde ihn aufspießen, wenn er sich näher an uns heranwagt. Los, nehmt

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