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Nosferas

Nosferas

Titel: Nosferas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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nur um Haaresbreite entkommen sind, ist erschreckend, aber immerhin sind wir entkommen und alle wohlauf - außer dir, natürlich. Und dennoch werde ich dir keinen Schwur leisten, von dem ich nicht weiß, ob ich ihn halten kann - ob ich ihn halten will!« Ihre Stimme wurde weicher. Vermutlich war Ivy stehen geblieben. »Nur eines schwöre ich, dass ich nicht ruhen werde, bis du wieder ganz gesund bist, mein Beschützer.«
    Plötzlich stieß sie einen Schrei aus. »Franz Leopold! Ich kann deine Gedanken spüren! Verschwinde, und zwar sofort, und wage es nie wieder, mich zu belauschen!«
    Ihr Zorn traf ihn so heftig, dass er die Hände gegen seine Schläfen pressen musste. Unkontrolliert taumelte er zurück und stieß mit dem Hinterkopf gegen die Wand. Franz Leopold tastete sich über den Schädel. Nein, er blutete nicht. Was bildete sich dieses Weib eigentlich ein? Niemand durfte so mit ihm sprechen! Niemand! Er versuchte, seine Wut weiter zu schüren, doch er konnte nicht verhindern, dass sie in sich zusammenfiel. Er hob die Hand, auf der noch Spuren ihres tiefen Bisses zu sehen waren, und berührte seine Wange. »Leo«, flüsterte er und konnte nicht verhindern, dass er lächelte.
    »Was tust du noch hier?« Die Stimme von Professor Ruguccio riss ihn unsanft aus seinen Träumen. »Ich hatte Matthias strikte Anweisungen gegeben. Wie kannst du es wagen, dich deiner gerechten Strafe zu entziehen?« Er ließ es nicht zu, dass Franz Leopold antwortete. »Wenn du dich nicht sofort in deinen Sarg begibst, werde ich deine Gefangenschaft höchstpersönlich um weitere drei Tage verlängern.«
    Franz Leopold zog es vor, zu gehorchen. Es war nicht seine erste Niederlage in dieser Nacht.
     

VERDIENTE STRAFE
    Es wurde noch schlimmer, als Alisa es sich vorgestellt hatte. Sie war noch nie drei Nächte lang eingesperrt gewesen! Bereits in der zweiten Nacht glaubte sie, die Blutgier nicht mehr ertragen zu können. Obwohl sie wusste, dass es sinnlos war, stemmte sie die Schulter gegen die Steinplatte. Dann trommelte sie mit Fäusten und Füßen dagegen, doch der Sargdeckel rührte sich nicht vom Fleck. Nie in ihrer dreizehnjährigen Existenz hatte sie sich so elend gefühlt! Zeitweise überwog ihr Stolz und sie biss die Zähne zusammen, dann wieder stöhnte sie und krümmte sich wie ein verletztes Tier zusammen. Ob es den anderen genauso erging? Wie gern hätte sie jetzt mit Ivy getauscht und sich stattdessen um Seymour gekümmert! Sie litt nicht nur unter Hunger, der den Leib zerriss, bis er die Sinne vernebelte, sondern auch unter der Einsamkeit. Ivy hatte ihren Wolf, dessen weiches Fell unter den Fingern nun sicher tröstlich gewesen wäre.
    In der dritten Nacht konnte nicht einmal mehr ihr Stolz ihr helfen. Alisa wimmerte. Ihre Fingernägel schabten über die Innenseite des steinernen Deckels. In dieser Nacht wäre sie bereit gewesen, alles zu tun, wenn sie nur jemand aus ihrem Gefängnis entlassen und ihr ein wenig Blut gegeben hätte. Aber es gab niemand, den sie anflehen konnte. Der auch nur ein Wort des Trostes brachte.
    Das ist nicht wahr, ich bin hier. Du bist nicht allein!
    Alisa unterdrückte das Stöhnen und lauschte. Sie konnte noch immer nichts hören, aber sie spürte sie ganz deutlich. »Ivy?« Alisa drückte ihre Handflächen gegen den Sargdeckel. Ja, sie war da.
    Teile deinen Schmerz und deine Einsamkeit mit mir. Gib mir deine Verzweiflung, damit ich sie lindern kann.
    Ihre Gedanken durchströmten den Stein. Es war, als würde eine Wolke Alisa sanft einhüllen. Für einen Moment war Alisa versucht vorzugeben, es sei alles in Ordnung und die Freundin müsse sich nicht um sie sorgen, doch der Schmerz war zu stark.
    Ja, lass ihn fließen. Halte ihn nicht zurück. Nur so kann ich ihn mit dir teilen und ihn dir erträglicher machen.
    Wie sollte das möglich sein?, dachte Alisa, und dennoch fühlte sie sich bereits besser. Die Einsamkeit war verweht und selbst der Blutdurst schien nicht mehr so quälend. Sie fühlte, dass Ivys Hände genau über ihren ruhten. Die Steinplatte konnte den Fluss der Energie offensichtlich nicht aufhalten.
    Versuche, dich zu entspannen. Ja, streck dich aus und leg dich wieder auf den Rücken. Der Morgen ist nicht mehr fern und wird dir Vergessen bringen. Und wenn du wieder erwachst, ist es überstanden.
    Es war gar nicht so schwer, der Stimme zu gehorchen, die in ihrem Kopf erklang.
    Ja, so ist es gut. Ich werde nun noch nach den anderen sehen.
    Alisa spürte, wie Ivy sich von ihr löste und

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