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Nosferas

Nosferas

Titel: Nosferas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Gastgebers auftauchte, um sie in die Empfangshalle zu führen.
    War der steinerne Raum, in dem die Vamalia ihre Kisten verlassen hatten, schmucklos, feucht und düster gewesen, so musste Alisa nun blinzeln, als sie den achteckigen Saal betraten. Zahlreiche  Kerzen brannten in Haltern an den Säulen, die die Decke trugen. Die Säulen waren farbig bemalt und mit Blattgold verziert. Statuen und Figurengruppen aus verschiedenen Epochen standen in der Halle verteilt. Wie ein Stern öffneten sich fünf Räume von der Halle weg, die ebenfalls prächtige Malereien zur Schau stellten. Der mittlere Raum war ein Nymphäum* mit einem Wasserspiel. Hier konnte sich Alisa vorstellen, wie die Domus Aurea - das Goldene Haus - zu ihrem Namen gekommen war.
    »Dame Elina! Wir grüßen Euch und die Mitglieder der Vamaliafamilie!«
    »Conte Claudio.«
    Ein kleiner Vampir mit mausgrauem Haarkranz beugte sich über Dame Elinas Hand. Selbst als er sich wieder aufrichtete, überragte sie ihn um einen halben Kopf. Sein dicker Leib war in ein wallend rotes Gewand gehüllt, das im Licht der Kerzen schimmerte. Das war also der Clanführer der Nosferas, der römischen Vampire. Alisa wusste nicht so genau, wie sie ihn sich vorgestellt hatte. So jedenfalls nicht. Bis auf seine langen, spitzen Fingernägel wirkte er eher gemütlich als gefährlich, doch vielleicht täuschte das ja. Jedenfalls schien die Anlage zur Korpulenz in der Familie zu liegen, wie Alisa feststellte, als sie den Blick schweifen ließ. Er blieb an einem alten Vampir hängen, der neben einer Säule saß. Sein Leib war hager, die Haut fast bis zum Zerreißen über das Gesicht gespannt, was ihm das Aussehen eines Totenschädels verlieh. Fast hätte man meinen können, er gehöre nicht zu den Nosferas. Die Form der Nase und die Stellung der Augen allerdings glichen denen von Conte Claudio. Der Alte erwiderte Alisas Blick und krümmte seine knochigen Finger. Zögernd trat das Mädchen näher.
    »Wie heißt du, Kind?«
    »Alisa, vom Clan der Vamalia«, sagte sie und verbeugte sich höflich.
    »Und, trägt man so etwas heutzutage in Hamburg?« Er streckte den Zeigefinger aus und deutete auf ihr Tornürenkleid.
    Alisa seufzte und nickte. »Ja, leider.«
    Der Alte beugte sich ein wenig vor. »Sieht nicht sehr bequem aus.«
    »Ist es auch nicht. Wer seid Ihr?«
    »Giuseppe - Conte Giuseppe. Oder zumindest war ich das mal, bevor mein Enkel die Stellung übernahm.« Er nickte in Conte Claudios Richtung. »Nun gehöre ich wohl zu den Altehrwürdigen. Aber ich sage dir, in den einhundert Jahren, da ich den Clan geführt habe, waren wir groß und mächtig.«
    Ein anderer Altehrwürdiger humpelte heran und führte den Satz fort. »Ja, groß und mächtig und unabhängig! Wir mussten uns nicht auf faule Kompromisse einlassen und um die Gunst anderer Clans buhlen.« Seine Stimme klang bitter. »Dass ich so etwas noch erleben muss!«
    Alisa wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Zum Glück rief Dame Elina nach ihr und so verbeugte sie sich hastig und eilte zu den anderen zurück. Dame Elina verkündete, wie es nun weitergehen würde.
    »Die Abordnungen aus Paris, Wien und London sind bereits eingetroffen. Sie sind wie wir mit dem Zug gekommen. Das Schiff, auf dem die Lycana aus Irland anreisen, ist noch nicht gemeldet worden. Vermutlich sind sie in schlechtes Wetter geraten. Heute Nacht werden sie sicher nicht mehr im Hafen von Civitavecchia einlaufen.«
    Alisa hörte eine gedämpfte Stimme hinter sich. »Sie werden doch nicht etwa diese …« Die Sprecherin zögerte und sagte dann: »Diese alte Frau mitbringen?«
    »Denen traue ich alles zu«, antwortete ein Mann. »Sie hat es ja auch gewagt, in Chillon aufzutauchen.«
    Alisa drehte sich um, konnte die beiden aber nicht sehen, da sie hinter einer Skulpturengruppe standen. Jedenfalls sprachen sie Deutsch mit einem südlichen Akzent.
    »Vielleicht wäre es das Beste, wenn das Schiff unterginge und sein Ziel nie erreichte«, sagte die Frau.
    »Still! Ich kann dir nicht verbieten, es zu denken, doch sprich es wenigstens nicht aus, solange wir hier mit den anderen im Saal sind.«
    Eine dunkelhaarige, schlanke Frau rauschte mit wehenden Röcken hinaus, ein Mann mit ähnlicher Statur folgte ihr.
    Alisa wandte einen Teil ihrer Aufmerksamkeit wieder Dame Elina zu. Im Saal mit der goldenen Decke könnten sie ihren Durst stillen, dann würde man sie durch die Domus Aurea führen und ihnen ihre Schlafkammern zeigen. Alisa ließ sich schon wieder

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