Nosferas
Hindrik und hob sie in seine Arme.
»Also, ich höre?«, forderte die Signora den jungen Vampir mit scharfer Stimme auf.
Und so berichtete Franz Leopold von ihren Erlebnissen in der Katakombe. »Nur deshalb habe ich ihr Amulett genommen«, sagte er am Schluss, obwohl er es eigentlich nicht einsah, sich auch noch rechtfertigen zu müssen.
»Eine kluge Entscheidung«, lobte der Professor, und auch Hindrik dankte ihm für sein überlegtes Handeln.
»Nun aber los«, drängte Signora Enrica. »Wir müssen uns beeilen!« Sie warf einen besorgten Blick zum Himmel. Hindrik lief schon voran.
»Soll ich Euch auch tragen?«, bot Matthias seinem Herrn an. Für den kräftigen Vampir wäre das kein Problem gewesen, aber Franz Leopold schüttelte den Kopf, wobei ihm prompt schwindelig wurde.
»Nein! Ich bin durchaus in der Lage, auf meinen eigenen Füßen zur Domus Aurea zurückzukehren. Jetzt brauche ich deine Hilfe nicht mehr. Vorhin in den Labyrinthen hättest du wirklich helfen können!«
Beim vorwurfsvollen Klang der Worte ließ der große, dunkle Vampir den Kopf hängen. Schweigend folgte er seinem Herrn.
»Einen guten Abend wünsche ich dir.« Der Deckel wurde mit einem Scharren beiseitegeschoben und Alisa blinzelte zu Hindriks lächelndem Gesicht hoch. Sie konnte seine Besorgnis spüren. »Wie fühlst du dich?«
Alisa griff sich an den Kopf. »Scheußlich!«
Nun tauchte Tammo neben Hindrik auf. »Was machst du für Sachen, Schwesterchen? Ich hätte gestern ja mitgeholfen, nach dir zu suchen, aber sie haben uns zurückgeschickt. Nur Ivy und Luciano durften bleiben, weil Seymour sich geweigert hat, sich uns anzuschließen. Übrigens, du hättest auch ohne deinen Unfall kläglich gegen uns verloren. Wir waren die Besten und haben als Einzige unseren Fuchs noch vor dem Ausgang abgefangen! - Abgesehen von Ivy und Luciano natürlich, aber das lag ja nur an Seymours guter Nase. Joanne ist wirklich unglaublich! Sie schnüffelte selbst herum wie ein Wolf und lief dann durch die Gänge, als wäre sie schon ein dutzend Mal dort unten gewesen. Sie sagt, dass sie das in Paris von klein auf trainieren, sonst würden sie in dem riesigen Labyrinth unter der Stadt verloren gehen.« Tammo strahlte. »Für mich war es ganz einfach. Ich musste ihr nur hinterherlaufen.«
Hindrik unterbrach seinen Redefluss. »Geh jetzt, sonst kommst du zu spät zum Unterricht!«
Alisa wollte Tammo folgen, der hinaussauste, doch Hindrik drückte sie in ihre Kissen zurück. »Du bleibst heute liegen. Anweisung von Conte Claudio persönlich. Er will ja nicht, dass unter seiner Obhut einer von euch Schaden nimmt.«
»Ich sollte wirklich zum Unterricht gehen«, widersprach Alisa. »Ich werde mich zu Tode langweilen. Du könntest mir Bücher aus der Bibliothek holen. Du wirst doch nicht etwa den Deckel wieder zuschieben?«
»Nicht wenn du versprichst, dass du in deinem Sarg bleibst. Ich will sehen, was ich tun kann. Und bis dahin kannst du dich ja mit der neusten Ausgabe des Osservatore Romano vergnügen.«
»Ich kann inzwischen gerade einmal ein paar Worte Italienisch.«
»Dann lerne es!« Er bestand darauf, dass sie einen Becher mit Blut leerte, dann ließ er sie allein. Ihre Zimmergenossinnen Ivy, Chiara und Joanne waren längst in Richtung goldene Halle aufgebrochen. Alisa blätterte ein wenig in der Zeitung und studierte die Bilder und Karikaturen, doch sie konnte nicht erraten, wovon die Artikel handelten. Das Einzige, was sie erkannte, war ein Bild des Papstes, der als freundlicher Hirte den Leser anlächelte. Sie warf das Blatt zu Boden, kletterte aus dem Sarkophag und ging zu ihrer Reisekiste. Missmutig sah sie ihre Lieblingsbücher durch. Sie hatte sie alle schon mehrmals gelesen und sehnte sich nach etwas Neuem. Vielleicht sollte sie sich einen von Ivys Romanen leihen? Sie zögerte einen Moment. Würde Ivy etwas dagegen haben, wenn sie sich ungefragt ein Buch nahm? Alisa ging zu dem reich verzierten Steinsarg der Irin hinüber. Dahinter lagen auf einem Steinsockel ein paar in einfaches Leinen gebundene Bücher. Alisa ging in die Hocke und studierte die Titel: Jane Eyre von Charlotte Brontë, Stolz und Vorurteil und Mansfield Park von Jane Austen, Die Sturmhöhe von Emily Brontë.
Plötzlich spürte Alisa, dass sie jemand beobachtete. Sie fuhr herum und stieß dabei mit dem Ellenbogen gegen die Bücher. Polternd fielen sie zu Boden.
Sie wusste nicht, wen sie zu sehen erwartet hatte. Vielleicht Hindrik, der überprüfen wollte, ob
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