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Nosferas

Nosferas

Titel: Nosferas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Großes für Rom und für die ganze Christenheit geleistet. Setzen Sie sich, mein Werter. Trinken Sie ein Glas Wein mit mir?«
    Signor de Rossi dankte dem Papst und ließ sich auf der Kante des unbequemen Sessels nieder, der aus der Zeit der großen französischen Könige stammte und dessen Vergoldung langsam abzublättern begann.
    Der Papst hob sein Glas. »Auf Ihre großen Entdeckungen! Die Katakomben San Callisto mit den Papstkrypten und das Cubiculum des Severus! Ach, ich erinnere mich noch daran, als wäre es gestern gewesen, und die Rührung überkommt mich wieder, wenn ich daran denke, wie Sie mich dort in die Vergangenheit der frühen Christen geführt haben. Was haben Sie nun für Pläne?  Wollen Sie mit Ihrem Kollegen Signor Canina weiter an der Via Appia graben?«
    De Rossi schüttelte den Kopf. »Nein, mir schwebt etwas anderes vor.« Er machte ein geheimnisvolles Gesicht. »Der Einfall kam mir schon vor Jahren, als wir uns den ersten Teil des Kolosseums vorgenommen haben.«
    Pius IX. spürte plötzlich ein Kribbeln. Die Ausgrabungen am Kolosseum waren damals von seltsamen Unfällen begleitet gewesen. Über Nacht waren nicht nur Gerüste angesägt und Ausrüstung zerstört worden, einige Arbeiter hatten auch ihr Leben lassen müssen. Nicht dass sie in den Ruinen zu Tode gestürzt oder verschüttet worden wären. Das kam bei Ausgrabungen immer vor. Nein, die Leichen lagen am Morgen einfach so auf der Baustelle. Seltsam verrenkt und blutleer. Gerüchte über Widergänger und Vampire waren laut geworden und der Mob drohte mit Aufstand. Der Kardinal hatte die Ausgrabungen stoppen lassen und verboten, weiter in die Geheimnisse des alten Roms einzudringen, nicht nur am Kolosseum, auch auf dem Palatin und dem Forum Romanum am Fuß des Kapitolhügels. Es war Ruhe eingekehrt.
    »Und woran denken Sie dieses Mal?«, fragte der Papst und beugte sich vor, die Handflächen vor Anspannung aneinandergepresst.
    Statt einer Antwort öffnete Giovanni Battista de Rossi seine Aktenmappe und reichte dem Papst einige Zeichnungen. »Sind Euch diese Motive vertraut, Heiliger Vater?«
    Pius IX. nickte. »Aber ja, selbst in meinem Palast und in der Engelsburg gibt es ähnliche Bemalungen.«
    Der Archäologe nickte. »Ja, sie waren eine Zeit lang sehr beliebt. Man nannte diese Malerei grottesco, grotesk, nach dem Ort, wo man ihre Vorbilder entdeckt hatte: in Grotten und unterirdischen Gemächern! Die Künstler seilten sich durch ein Loch in der Decke hinab und kamen in eine Wunderwelt, die sie zum Staunen brachte. Pinturicchio war dabei, Perugino und Filippo Lippi, ja,  selbst der hochverehrte Raffael, um einige der Renaissancemaler zu nennen, die diese Motive immer wieder verwendeten. Doch dann geriet der Ort wieder in Vergessenheit.«
    »Was ist das für ein Ort?«, drängte der Papst.
    Der Archäologe ließ sich Zeit. »Es ist das goldene Haus Neros, die Domus Aurea!«
    Der Papst hustete. Als er sich wieder beruhigt hatte, ächzte er: »Das ist unmöglich! Jeder weiß, dass Neros Nachfolger seine Spuren getilgt und seinen Palast zerstört haben!«
    »Aber nicht völlig! Kaiser Trajan hat seine Therme über den Ostflügel gebaut. Und dort rund um den Hügel müssen wir suchen! Was haltet Ihr davon, Heiliger Vater?« Seine Begeisterung schien keine Grenzen zu kennen, doch Pius IX. zögerte.
    »Warum wollen Sie ausgerechnet Nero zurück in unsere Köpfe bringen? Er hat unzählige Christen grausam hingerichtet.«
    Der Archäologe nickte. »Das ist richtig, doch wenn man sich seiner wieder erinnert, gedenkt man auch der unzähligen Märtyrer.«
    »Das ist ein guter Gedanke!« Pius IX. schob das drohende Bild des Kardinals beiseite und überließ sich der Vorfreude auf unschätzbare Entdeckungen. Seine Wangen begannen zu glühen. »Ich werde sehen, was ich Ihnen aus meinen Kassen zur Verfügung stellen kann. - Nein, danken Sie mir noch nicht, es wird nicht viel sein. Der Papst ist ein Gefangener in seinem eigenen Palast. Aber ich werde einen guten Diplomaten zum König und seinem Parlament schicken, um Ihre Sache zu unterstützen. Es ist jetzt ihre Stadt. Sollen sie dafür sorgen, dass Roms große Geschichte wieder ans Tageslicht kommt!«
     
    Ivy war mit Seymour draußen unterwegs und Luciano hatte sich zusammen mit Tammo und Joanne eine Stunde Nachsitzen bei den Foltergeschwistern eingehandelt. So nutzte Alisa die Gelegenheit und machte sich zur Schlaf kammer der Jungen auf, nachdem sie Malcolm im Aufenthaltsraum nicht angetroffen

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