Nosferatu 2055
siebzig für Serrin reservierte, damit er die Samurai bezahlen konnte, blieben ihr nur fünfundzwanzigtausend. Einen Moment lang hatte sie verwundert über die gewaltigen Summen nachgedacht. Noch vor einer Woche hatte sie in ihrem ganzen Leben nicht einmal einen Bruchteil dieser Summen zu Gesicht bekommen. Und jetzt mußte sie sich so verhalten, als würde sie jeden Tag mit Beträgen dieser Größenordnung jonglieren. Aber zumindest kannte sie den wirklichen Betrag, den Michael mit dem Waffenhändler ausgemacht hatte, und daß der Bursche gelogen hatte, was den Preis anbelangte. Er versuchte zehn Riesen extra aus ihr herauszuquetschen, aber sie behielt das Wissen als eine Art As im Ärmel für sich.
»Lassen Sie noch mal die Einzelheiten der Lieferung hören«, sagte sie.
»Hören Sie, Lady, ist das irgendeine Falle? Wenn es...«
»Machen Sie schon. Sie haben doch Ihren Vorschuß, oder nicht?« Er sah ein wenig beruhigt aus. In dem Au genblick, als es so ausgesehen hatte, daß er den Deal platzen lassen würde, hatte ihr Herz wie wild zu hämmern begonnen. Sie unterdrückte ihre Erleichterung.
Sie war verblüfft, daß sie so viel von den beiläufigen Unterhaltungen der wenigen Samurai behalten hatte, die sie in Kapstadt kennengelernt hatte. Nicht, daß sie je damit gerechnet hätte, ihr Wissen auf diese Weise anzuwenden.
»Offensichtlich brauchen wir Pistolen und Muni. Und Panzerjacken«, sagte sie in dem Versuch, so überzeugend wie möglich zu klingen, während sie auf seine Antwort wartete.
»Ich habe Ares Viper Silver, Lady«, grinste er. »Die besten. Nur tausend pro Stück, ein Munitionsclip inclusive.«
»Ich will Mengenrabatt.«
»Über welche Mengen reden wir hier?« konterte er.
»Sagen wir fünfzehn.« Serrin und Michael hatten gesagt, daß sie wenigstens ein Dutzend Samurai anwerben wollten. Eine kleine Reserve konnte nicht schaden. Aber fünfzehntausend konnte sie sich nicht leisten. Sie mußte ihn herunterhandeln.
»Dreizehn.«
»Zwölf. Legen Sie vier Reservemagazine pro Stück drauf, und wir sagen dreizehn.«
»Vier pro Stück? Sie sind verrückt, Lady, das wären allein schon fünfzehnhundert.«
»Dreizehnfünf, höchstens.«
»Vierzehn, Lady. Von mir aus auch dreizehnfünf, wenn Sie bei unserem Treffen richtig nett zu mir sind. Hängt davon ab, wie gut Sie sind.« Kristen fand, daß dieser Kerl sich ganz und gar nicht wie der aalglatte höfliche Bursche verhielt, den Michael ihr beschrieben hatte. Das Schwein glaubt, er kann so mit mir reden, weil ich schwarz bin, dachte sie, oder vielleicht, weil ich jung bin. Oder vielleicht ist er auch nur ein Frauenhasser.
Es ist wie zu Hause, dachte sie, von dem lüsternen Gesichtsausdruck des Mannes angewidert. Sie sagte, sie würde ihm vierzehn geben, wenn er eine anatomisch unmögliche Handlung vornahm, die sie in liebevollen Einzelheiten beschrieb. Er lachte.
»Lady, Sie gefallen mir. Ihre Einstellung ist richtig. Sagen wir also dreizehnfünf für fünfzehn Ares Viper mit je vier Reservemagazinen. Jetzt zu den Panzerjacken...«
Nachdem sie sich auf einen Preis geeinigt hatten, vereinbarten sie ein Treffen für 22:15 Uhr. Das Problem war, daß Kristen bei einer Gesamtsumme von dreißig Riesen ihr Konto überzogen hatte. Sie konnte ihn nicht noch weiter herunterhandeln.
»Da ist noch eine Sache«, sagte sie. »Sie haben mich angelogen. Die vereinbarte Summe war fünfundsechzig. Dreißig im Voraus und fünfunddreißig bei Abschluß. Sie sollten nicht den Fehler begehen, jemanden nur aufgrund von Äußerlichkeiten zu unterschätzen.«
Das Schlucken war hörbar. Sie genoß jeden Augenblick der Pause, die er benötigte, um Luft zu holen.
»Okay, Lady. Entschuldigung. Sagen wir, ich erlasse Ihnen neun von den zehn, die ich aufgeschlagen habe, und behalte einen Riesen um meiner Reputation willen. Wohin soll der Kram geliefert werden?«
Drek, dachte sie. Ein Trupp Samurai, der Kisten mit Granaten und Munition in das Hotelfoyer schleppt? Unmöglich. Was mache ich bloß? Ihr fiel nur ein Ausweg ein.
»Zum Meid In. Um zehn Uhr dreißig. Dann habe ich etwas mehr Zeit, ein paar Einzelheiten zu regeln.«
»Sie kommen besser, Lady. Sie schulden mir Sechsundsechzig Riesen.«
Kristen unterbrach die Verbindung, riß ein frisches Päckchen von Serrins Zigaretten auf und nahm sich eine heraus. Ich muß dorthin und jemanden finden, dachte sie. Ansonsten sitze ich mit Waffen im Wert von hunderttausend Nuyen allein auf der Straße.
Jeder, der auch nur
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