Nosferatu 2055
entsprechen. Offenbar haben seine Mittelsmänner kürzlich einen derartigen Entführungsversuch verpfuscht. Es sieht ganz so aus, als hätte die örtliche Polizei zwei seiner Männer wegen irgendeines unbedeutenden Verkehrsvergehens angehalten, so daß sie nicht zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren.«
Die beiden Elfen lachten über die Ironie. »Die Zielperson war wie zuvor ein Magier. Ich hatte keine Zeit, großartige Nachforschungen über ihn anzustellen, und weiß nur, daß er kürzlich den Bürgermeister von New York davor bewahrt hat, von einem wahnsinnigen Schiiten erschossen zu werden. Ein Drei-Tage-Wunder. Er ist zunächst einmal verschwunden, wird aber in Kürze wieder auftauchen.«
»Finde mehr über ihn heraus«, befahl Jenna. »Wir wollen keine losen Enden.«
»Es gibt eine Komplikation«, sagte Magellan zögernd, wobei ihm klar wurde, daß Jenna nichts von dem Magier gehört oder gelesen haben konnte, sonst wäre ihr diese wichtige Tatsache bewußt gewesen. »Er ist ein Elf.«
»Ah«, sagte sie, während sich ihre Hände für einen kurzen Augenblick zu Fäusten ballten. »Ja, das kompliziert die Dinge in der Tat. Vielleicht. Gut, aber wir müssen trotzdem soviel wie möglich über ihn herausfinden. Vielleicht ist er auch nur heilfroh, die Geschichte lebend überstanden zu haben, und verzichtet auf Schnüffeleien.«
»Ich kümmere mich sofort darum«, sagte Magellan, indem er sein Glas austrank und aufstand. Er wollte sich zur Tür wenden, als ihn ihre Miene innehalten ließ.
»Später«, befahl sie. »Mittlerweile müßtest du wissen, welche Wirkung der Geschmack der Macht auf mich hat.«
»Ich hatte es die ganze Zeit im Hinterkopf«, sagte er mit einem pfiffigen Lächeln. »Ich will nur zwei Anrufe machen, um die Sache ins Rollen zu bringen. Und dann... äh... der Pool?«
»Ich glaube, als Diener bist du mir lieber«, sagte sie trocken. »Und erledige deine Anrufe später.«
Serrin erwachte um sieben Uhr morgens nach dreizehn Stunden Schlaf. Er fühlte sich weniger verkatert, als dies normalerweise hätte der Fall sein müssen, aber er trank trotzdem einen halben Liter des metallisch schmeckenden Mineralwassers auf seinem Nachtschränkchen, bevor er innehielt, um Luft zu holen. Als er die Flasche absetzte, fiel ihm das rote Blinken an seinem Telekom auf. Ein Tastendruck an der Konsole verriet ihm, daß ein Anruf unter seiner Nachsendenummer eingegangen und zum Hotel durchgestellt worden war. Einen Moment lang konnte er sich nicht einmal daran erinnern, entsprechende Arangements getroffen zu haben, doch dann verzichtete er darauf, seine Erinnerung danach zu durchforsten. Als er sah, wer ihn angerufen hatte, rief er augenblicklich zurück.
Die verbindliche Miene des Walisers erwiderte das Begrüßungslächeln Serrins auf dem Schirm. »Guten Morgen, Serrin«, hauchte sein Freund mit seinem BBC- Englisch-Akzent. »Ich hörte, du warst in Deutschland. Was liegt an?«
»Ich bin jetzt wieder in Seattle, sonst hätte ich deine Botschaft nicht bekommen. Aber man sagte mir, du seist ein paar Tage in Hongkong.«
»Ich bin einen Tag früher zurückgekommen. Die Geschäfte waren schneller erledigt, als ich gedacht hatte«, sagte Geraint schlicht. »Ein Klacks, alter Junge. Also, wo liegt das Problem?«
Der Elf hielt einen Augenblick inne, da er nicht wußte, womit er beginnen sollte.
»Hör mal, soll ich dich mit zugeschaltetem Prüfmonitor zurückrufen? Um festzustellen, ob deine Leitung kompromittiert ist, wie du dich wahrscheinlich ausdrücken würdest. Wir hier drüben ziehen die Bezeichnung verwanzt vor.«
»Ich glaube nicht«, erwiderte Serrin unsicher. Er hatte nicht einmal an diese Möglichkeit gedacht, bis Geraint sie erwähnt hatte, aber der Gedanke rief augenblicklich wieder die Paranoia der vergangenen Tage hervor.
»Komm schon, bist du dieser Tage nicht ein Held in deinem Geburtsland? Ich habe alles in Newsweek gelesen. Ich hoffe, die Sache hat sich einigermaßen für dich bezahlt gemacht«, scherzte der Waliser.
»Nein, die Sache ist ernster«, sagte der Elf, dann gab er Geraint eine rasche Zusammenfassung der Ereignisse.
Der Waliser hörte aufmerksam zu und wartete, bis er sicher war, daß Serrin seinen Bericht beendet hatte. »Wie kann ich helfen?« fragte er schließlich.
»Ich weiß nicht.« Serrins übliche frühmorgendliche geistige Verstopfung wollte nicht nachlassen. »Als ich in Frankfurt war, habe ich kurz daran gedacht, nach London zu fliegen, bis ich
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