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Nosferatu 2055

Nosferatu 2055

Titel: Nosferatu 2055 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Sargent & Marc Gascoigne
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das sie bereits getan hatte, dann auf etwas, das zu tun sie erwog.
    »Warum tust du das, Mädchen?« fragte er sie, als sie die Ladentür abgeschlossen und die Rolladen heruntergelassen hatten und ihren Soykaf tranken. »Mit diesem Burschen aus Seattle. Was hast du damit zu tun?«
    »Keine Ahnung«, sagte sie wahrheitsgemäß.
    »Ist das so, wie wenn ihr Mädchen manchmal auf einen Rockmusiker fliegt? Überall Plakate von ihm seht und euch in ihn verknallt? Oder wie bei den Mädchen, die denken, daß der Text irgendeines Liedes nur für sie geschrieben wurde?«
    »Vielleicht ist es ein bißchen so«, sann sie. Sie hatte noch nicht darüber nachgedacht. Über ihre Gefühle und Empfindungen nachzudenken, gehörte nicht zu Kristens starken Seiten.
    In diesem Augenblick krachte der erste Vorschlaghammer durch die Hintertür. Manoj hatte das Metallgitter noch nicht heruntergelassen. Das tat er immer erst, wenn er den Laden verließ. Er ging augenblicklich in die Knie und zog an etwas, das unter einer Abdeckung unter der Ladentheke lag. Kristen sah ihn eine antiquierte Schrotflinte herausziehen, während sie ihr Messer aus der Tasche holte.
    Die Tür wurde aus den Angeln geschlagen. Zwei Mitglieder der Gang waren fast hindurch, doch Manoj erwischte sie beide mit dem ersten Schuß. Einer fiel einfach nach vorne, die linke Hälfte seines Körpers blutüberströmt. Der andere zog sich schreiend in die Dunkelheit der Nacht zurück.
    »Ihr verdammter Abschaum. Wollt ihr noch mehr davon?« kreischte Manoj. Draußen auf der stockfinsteren Straße geisterten immer noch ein paar Gestalten herum. Sie mußten die Straßenlaternen eingeschlagen haben, bevor sie den Laden überfielen.
    Das Wurfmesser wirbelte aus der Dunkelheit herein und traf ihn seitlich im Hals. Kristen schrie auf, als Manoj zurücktaumelte und Blut den Schnickschnack und die Broschen befleckte. Das ovale Gesicht einer Xhosa-Maske an der Wand sah fast komisch aus, wie es von einer dicken roten Linie in der Mitte geteilt wurde. Sie wußte, daß Manoj tödlich verwundet war, als er den zweiten Lauf abschoß - was er nur tun würde, wenn er nichts mehr zu verlieren hatte. Sie griff sich ihre kleine Tasche, rannte die Treppe hinauf, wickelte sich einen Stoffetzen um die Hand und schlug die Scheibe des kleinen Fensters in dem Raum ein.
    Die Straße befand sich fünf Meter unter ihr, aber gerade, als sich Kristen durch den ächzenden Rahmen zwängte, spürte sie, wie ihre Beine von rauhen, harten Händen gepackt wurden. Mit einer gewaltigen Willensanstrengung gelang es ihr, ein Bein anzuziehen und dann mit aller Kraft nach hinten auszutreten. Der Tritt traf, und sie hörte ein erfreuliches Stöhnen, aber dann verlor sie das Gleichgewicht und fiel nach unten, da die Hände sie losließen. Der graue Asphalt der Straße rauschte ihr wie ein Schnellzug entgegen.

10
     
    Das alte Kloster, das sich inmitten der Koniferen erhob, war wirklich wunderschön. Sogar im Sommer hüllten die Farne und Gräser es nach einem nachmittäglichen Regen in einen nebligen Dunst, und jetzt funkelte und glitzerte es in der Abendsonne. Der Rolls- Royce schnurrte über den Kiesweg, wobei er einen Hagel kleiner Steine hochschleuderte. Als der Wagen vor dem bogenförmig gewölbten Hintereingang des Gebäudes hielt, stiegen zwei Männer in blauen Anzü- gen fast synchron aus dem Schatten des Wageninneren. Einer der beiden, der dunkler und kleiner als der andere war, betrat das Kloster, als sich die Türen vor ihm öffneten. Der andere half dem Chauffeur mit der Schirmmütze, der emsig Vorbereitungen traf, um sich um den Insassen auf der spezialangefertigten Rücksitzbank des Wagens zu kümmern.
    »Seine Gnaden wird Sie jetzt empfangen«, sagte der Butler zu dem Dunkelhaarigen, der ihn ignorierte und zur Bibliothekstür ging, wo er klopfte und auf den Klang der vertrauten Stimme dahinter wartete. Gleich darauf wurde er hineingebeten.
    Er trat ein und ging vor, bis er vor der Gestalt stand, die vor einem riesigen, vollständig mit Vorhängenen verhangenen gewölbten Fenster hinter einem Schreibtisch saß. Luther saß da und blätterte im Kerzenlicht in einem staubigen Wälzer, den er hier in der Bibliothek immer bevorzugte. Sein vollständig kahler Kopf hob sich unmerklich. Er starrte seinen zurückgekehrten Diener an, als fordere er ihn im stillen auf, Bericht zu erstatten.
    »Es ist erledigt, Euer Gnaden. Lothar trifft gerade die Vorbereitungen. Alles ist perfekt gelaufen, Sir.«
    »Gut, Martin.«

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