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Nosferatu 2055

Nosferatu 2055

Titel: Nosferatu 2055 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Sargent & Marc Gascoigne
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Spitzen und Vorsprünge in Rückgrat und Rippen bohrten. Er rang jetzt um jeden Atemzug. Das Spinnennetz verfärbte sich weiß, pulsierte, knisterte vor unkontrollierbarer Energie.
    Dann sah er es. Nichts hatte ihn auf etwas Derartiges vorbereitet. Eine in dem grellen Weiß zusammengeballte amorphe Wolke aus Nebel verformte sich zu einem larvenartigen, mehrere Meter langen Gebilde. Das wurmartige Ding mühte sich mit seinen absurden, grotesk winzigen Armen, sich auf ihn zu zu ziehen, während sich ein großes saugrüsselartiges Maul in gräßlich anzusehenden Kontraktionen öffnete und schloß. Von dem Ding strahlte eine erbärmliche Verzweiflung auf ihn zurück, die Unmöglichkeit dessen, was er versuchte, die unendliche Erleichterung, die damit verbunden sein würde, wenn er aufhörte, sich gegen die überwältigenden Schmerzen zu wehren, und seinem Geist gestattete, dem gemarterten Fleisch zu entfliehen.
    Einen winzigen Sekundenbruchteil drohte es ihn zu übermannen. Doch Nialls Verzweiflung nahm vor seinem geistigen Auge das Bild der endlosen Kette einer verzweifelten Menschheit an, eine Vision dessen, was geschehen würde, wenn Lùtair nicht Einhalt geboten wurde. Seine Verzweiflung verwandelte sich in Zorn, und er wehrte die Kreatur mit einer Willensanstrengung ab, die jedes sterbliche Maß sprengte. Ohnmächtig zog sich das Ding in das alptraumhafte Gefilde zurück, das es ausgespien hatte.
    Niall spürte jetzt, wie er sich über seinen zusammengesunkenen Körper erhob, wurde weniger in die Astraleben gezwungen, als daß er in sie aufstieg. Er sah die Struktur vollständig vor sich und zog sie herab und durch den Fokuspunkt in sich selbst, konzentrierte sie und füllte den Kessel damit bis zum Überlaufen. Er leuchtete wie die Sonne, aber um ihn herum verdichtete sich die Dunkelheit der Nacht und hüllte seinen Körper ein wie ein schwarzer Handschuh.
    Dann, als durchbreche die Sonne die Wolkendecke und wärme sein Gesicht, spürte er die Anwesenheit des Geistes wieder, der nach ihm suchte und ihn mit seiner Kraft unterstützte. Er glitt in seinen Körper zurück und war erstaunt über seinen Zustand. Er empfand keinen Schmerz, trotz des Blutes auf Gesicht und Händen. Nicht einmal ein Gefühl der Erschöpfung. In sich spürte Niall nur Macht. Sie weckte in ihm den Wunsch, für immer und ewig herumzulaufen und seine Freude darüber in den Himmel zu schreien und zugleich ruhig und still zu sein, die Kraft zu sparen und zu horten, um sich immer so zu fühlen. Blut vermischte sich mit Salz, als ihm Tränen über die Wangen liefen. Er wußte, wie nah er dem Tod - und einem schlimmeren Schicksal - gewesen war.
    »Halt ein«, flüsterte ihm Mathanas zu. »Du bist jetzt äußerst verwundbar, weil du dich so stark fühlst. Jetzt ist nicht die Zeit zum Handeln.«
    Der Geist hielt ihn fest, und er spürte, wie die Schmerzen in Nialls Körper zurückkehrten. Das machte ihm den Schaden bewußt, den er erlitten hatte, während der Geist seine Heilkräfte einsetzte, doch gleichzeitig dafür sorgte, daß Niall nicht so berauscht von seiner Macht war, daß er blind und taub für die Gefahr wurde, in der er immer noch schwebte. Er stöhnte, als das Gefühl in seine Brust zurückkehrte und sich jeder Atemzug anfühlte, als brächen seine Rippen. Sogar Mathanas' Berührung, der sich gerade so weit materialisiert hatte, um seine Heilkräfte anwenden zu können, war schmerzhaft.
    »Ja, ich verstehe«, keuchte er. »Wo können wir uns in Sicherheit bringen?«
    Das schimmernde Gesicht des Geistes schien zu lächeln, fast sogar ein wenig verschmitzt. »Das hast du mich in den letzten sechs Jahren ständig gefragt«, sagte er.
    »Das ist nicht der rechte Zeitpunkt für Scherze«, sagte Niall verärgert, obwohl er sich der Tatsache bewußt war, daß er trotz der Schmerzen in seiner Brust kurz davor stand, in überschäumendes, fröhliches Gelächter auszubrechen. Er band das Seil los, wobei er wiederum angesichts der damit verbundenen Anstrengung laut stöhnte. Irgendwie würde er von hier Weggehen müssen. Auch mit Mathanas' Hilfe würde das nicht leicht werden.
    »Ich müßte ein arabischer Zauberer aus Tausendundeiner Nacht sein«, murrte er. »Ein fliegender Teppich wäre im Augenblick äußerst nützlich.«
    »Woher willst du wissen, daß du keiner warst?« konterte Mathanas. Der Geist war heute offenbar ziemlich aufgekratzt. Niall fragte sich, welche Wirkung das Gewitter wohl auf ihn gehabt hatte. Diesem Punkt hatte er zuvor

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