Notaufnahme
zusammengerollt in den Ecken vor sich hin vegetieren, Junkies mit ‘nem kompletten Crack-Labor, in einem größeren Raum war ein Damen-Club versammelt, alle in ziemlich schrägen Klamotten, ihre Hab Seligkeiten in ein paar Plastiktüten verpackt. Außerdem hab’ ich drei Typen wiedergetroffen, die mir ‘94 bei einer Drogenrazzia ins Netz gegangen sind, und der Alte in dem silbernen Glitzer-Overall, der gerade in eine Ecke gepinkelt hat, als wir vorbeikamen, hätte tatsächlich Elvis sein können.«
»Irgendwelche Hinweise darauf, dass sie Zugang zu den Krankenhausgebäuden haben?« wollte der Chief wissen.
»Kann man wohl sagen. Jeder zweite von ihnen trägt ‘nen Arztkittel – ganz offensichtlich aus einer der Abteilungen geklaut. In den Ecken stapeln sich Tabletts mit Essensresten der Patienten und außerdem jede Menge leerer Tablettenröhrchen. Als Kopfkissen benutzen sie Bettpfannen, und gegen die Kälte tragen sie Gummihandschuhe. Scherz beiseite: Wenn ihr nachts in dem Einbettzimmer, für das eure Krankenversicherung einen Haufen Geld bezahlt, die Augen öffnet, kann es passieren, dass einer von den Typen vor euch steht. Entweder trifft euch der Schlag, oder ihr seid kuriert.«
Mike schlug den Bogen zurück und griff nach dem Stift.
»Und nicht zu vergessen das dritte Puzzle-Teil: Wir haben bisher noch kein Wort über unsere Freunde vom Stuyvesant Psychiatric Center verloren, das sich gleich rechts vom Mid-Manhattan befindet und – ihr habt’s wahrscheinlich schon erraten – ebenfalls mit dem Gebäude verbunden ist, und zwar auf jedem Stockwerk, sowohl ober- als auch unterirdisch.«
»Jetzt ist Nicholson dran – Einer flog übers Kuckucksnest. McGraw kocht schon«, raunte mir Wallace zu und versuchte, sein Grinsen zu unterdrücken.
Mike war schon mitten in seinem nächsten Auftritt und ließ uns an seinem morgendlichen Rundgang vorbei an sämtlichen neunhundertsechsundvierzig Betten der psychiatrischen Klinik teilnehmen. Er beschrieb die Patienten in allen Nuancen ihrer seltsamen Zustände, er schilderte die Insassen der geschlossenen Abteilungen – von den in Zwangsjacken Tobenden bis hin zu den völlig teilnahmslos Dahinvegetierenden, die schon fast zum Inventar gehörten und deshalb über das Privileg verfügten, sich tagsüber mehr oder minder frei bewegen zu dürfen.
Peterson versuchte, Chapman auf den Punkt zu bringen. »Soll das heißen, dass sich diese Patienten ohne jede Aufsicht bewegen können?«
»Die schwersten Fälle sicherlich nicht, aber ich habe einige gesehen, die keinerlei Beschränkungen unterliegen.«
»Heißt das, dass sie ein und aus gehen und somit ohne Probleme in die benachbarten Gebäude gelangen können?«
»Genau das heißt es, Loo. Sie schlüpfen in ihre Latschen, schlurfen in den nächsten Aufzug, und niemand hält sie auf.«
»Und was ist mit den Square Badges?«
»Loo, ich schwör’s dir, wenn einer von denen den Sicherheitsleuten sagen würde ›Hi, mein Name ist Jeffrey Dahmer, und ich habe Hunger‹ – die würden den ohne mit der Wimper zu zucken in die Jugendklinik führen.«
McGraw war fassungslos. »Himmel, da grenzt es ja an ein Wunder, dass so etwas nicht schon viel früher passiert ist. Kaum zu glauben, dass das der erste derartige Fall sein soll.«
»Immer langsam, Chief. Cooper hat ein paar Überraschungen für Sie parat. Falls Sie der Meinung sein sollten, ich hätte nicht schon genug Verdächtige zu bieten, wird sie Ihnen gleich noch ein paar mehr präsentieren. Auch wenn ich der Meinung bin, dass wir den Mörder unter den unterirdischen Bewohnern suchen sollten, hat Alex ein paar Geschichten auf Lager, die auch andere Möglichkeiten eröffnen.«
6
»Sie wissen, dass ich es hasse, Chapman Recht zu geben, aber es sieht wirklich so aus, als würden die Verrückten persönlich die Klapsmühle leiten«, bemerkte ich, während ich in meinem mittlerweile vollgeschriebenen Notizblock blätterte.
»Chief«, wandte sich Peterson an McGraw, der es bekanntermaßen nicht schätzte, wenn die Staatsanwaltschaft am polizeiinternen Briefing teilnahm, »ich habe Alex gebeten, sämtliche Sexualstraftaten ausfindig zu machen, die in den vergangenen Jahren in einem unserer Krankenhäuser begangen wurden. Meine Jungs wissen ja nur in Sachen Mord Bescheid, deshalb hielt ich es für sinnvoll, für diesen Punkt Alex hinzuziehen.«
»Sarah Brenner und ich haben alles rausgekramt, was uns dazu einfiel, doch es ist wahrscheinlich nicht alles. Aber eines vorab:
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