Notaufnahme
dem Columbia-Presbyterian und dem Mount Sinai bekommen. Man hat den Eindruck, es würde über die Grand Central Station oder die Bowery Mission geschrieben und nicht über ein Krankenhaus. Noch etwas: eben war Pat McKinney bei mir und hat mir erzählt, Chief McGraw habe angerufen und sich über irgendwas aufgeregt, was Sie gestern Abend auf dem Revier ausgefressen haben.«
Ein Arschloch traf offenbar immer ein anderes. Und McKinney, einer meiner Supervisoren, hatte nichts Besseres zu tun, als zum Chef zu rennen und mich anzuschwärzen. Zähneknirschend schwieg ich, denn ich wusste, dass Battaglia nichts mehr hasste als Grabenkämpfe unter seinen Leuten.
»Wahrscheinlich haben Sie das Richtige getan, Alex. McGraw ist eine Landplage. Wir haben uns vor zwölf Jahren kennen gelernt, als er Manhattan-Süd unter sich hatte. Er war noch nie in der Lage, mit Frauen zusammenzuarbeiten. In dieser Hinsicht ist er ein richtiger Neandertaler. Lassen Sie sich nur nicht von ihm auf die Palme bringen.«
Er stand auf, ging zur Tür und beendete somit die Audienz. Die Zigarre zwischen den Zähnen, verabschiedete er mich mit breitem Grinsen. »Wenn er Ihnen das Leben schwer macht, richten Sie ihm viele Grüße von mir aus. Sagen Sie ihm, er soll seine Hosen hochziehen und Ihnen den Weg freimachen.«
Ich nahm die Telefonnotizen von Lauras Schreibtisch und blätterte sie durch, bis ich die gesuchte fand. David Mitchell hatte hinterlassen, dass er Maureen Forester an einen Neurologen überwiesen hatte. Aufgrund der Beschwerden, die sie gegenüber David angegeben hatte, würde sie am Freitagvormittag um zehn ins Mid-Manhattan eingewiesen. Dr. Mitchell hatte natürlich darauf bestanden, dass vor seiner Rückkehr Anfang der kommenden Woche keine weiterführenden Untersuchungen durchgeführt würden. Maureen stand also lediglich unter Beobachtung.
Ich rief Sarah an, um ihr die Neuigkeit mitzuteilen, und fragte sie, ob sie Mo am Freitagnachmittag besuchen konnte. Dann rief ich bei Bergdorf’s Personal Shopping an und bestellte einen mokkafarbenen Morgenmantel, der am nächsten Tag mit einem Begleitschreiben in die neurologische Abteilung geliefert werden sollte: »Für unseren Wolf im Schafspelz – mach’s gut, alles Liebe von Deinen Kollegen Mike, Mercer und Al.«
Nachdem ich aufgelegt hatte, betrat Gina Brickner, ausgerüstet mit ihren Notizen und einem Kassettenrecorder, den Raum. Sie schaute trübselig aus der Wäsche.
»Laura hat mir gesagt, du würdest gegen Mittag verschwinden. Aber bevor du weg bist, solltest du dir das hier anhören. Ich hab’ eine Anklageschrift in der Party-Vergewaltigung an der Columbia University im letzten Monat erwirkt. Heute Morgen hab’ ich die Aufzeichnung des Notrufs samt Niederschrift bekommen. Jessy Pointer, das Opfer, hat mir erzählt, sie habe an jenem Abend nur ein oder zwei Bier getrunken und sei absolut nüchtern gewesen, als sie die 911 wählte, ich hab’ mir das Band angehört, Alex, und sie war so sturzbesoffen, dass sie ununterbrochen gehickst hat.«
»Unglaublich.«
»Und es kommt noch schlimmer. Jedes Mal, wenn der Mann am anderen Ende nach ihrer Adresse fragt, weiß sie die Antwort nicht. Ihr fällt nicht einmal mehr der Name ihres Wohnheims ein. Und als er sie um eine Rückrufnummer bittet, für den Fall dass die Adresse, die sie schließlich angegeben hat, nicht richtig sei, nennt sie ihm eine sechsstellige Zahl, woraufhin die beiden darüber in Streit geraten, ob die Telefonnummern in der Stadt sechs oder sieben Stellen haben. Ich konnte kaum glauben, wie betrunken sie war.«
»Bestell sie für morgen her und lies ihr die Leviten. Spiel ihr das Band vor und mach ihr klar, dass sie nur eine einzige Chance hat – nämlich ihre Geschichte zu korrigieren. Und sag ihr, sie muss in der Verhandlung den Geschworenen mitteilen, dass sie in Bezug auf ihren Zustand nicht die Wahrheit gesagt hat. Ich werde nie verstehen, warum manche Frauen uns was vorlügen, wenn’s um die Umstände geht, die zum Verbrechen geführt haben, und gleichzeitig erwarten, dass wir ihnen den Rest der Geschichte abnehmen. Wir sind schließlich da, um ihnen zu helfen – glauben die denn, wir wären so dumm, nicht herauszufinden, was wirklich passiert ist? Wenn sie will, dass wir ihren Fall durchfechten, müssen wir jetzt jede andere noch so kleine Einzelheit ihrer Geschichte nachprüfen.«
Nichts machte mich wütender als Opfer, die ihre eigene Glaubwürdigkeit beschädigten, indem sie versuchten, die
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