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Notaufnahme

Notaufnahme

Titel: Notaufnahme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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den Stand der Dinge aufklären?«
    »Deshalb bist du ja hier, Blondie.«
    Wir betraten den Einsatzraum. Im Gegensatz zum vorigen Abend waren nun alle aktiv in den Fall eingebunden. Einige Männer telefonierten, andere vernahmen Zeugen – manche von ihnen steckten in Schwesternuniformen oder Arztkitteln, andere trugen die Kluft einer Zulieferfirma, und einige waren an ihrer abgerissenen, schmutzigen Kleidung als Obdachlose zu erkennen.
    Ich bemerkte, dass die Tür zur Arrestzelle noch immer sperrangelweit offen stand. Aber heute befand sich nur ein einziger Gast darin.
    Es war ein Schwarzer, den ich auf ungefähr sechzig schätzte. Er saß mit dem Rücken an die Wand gelehnt, die Beine weit von sich gestreckt. Neben ihm standen zwei Einkaufswagen, deren Inhalt ich aus der Entfernung nicht erkennen konnte. Der Mann trug ein langärmliges Wollhemd, darunter ein T-Shirt. Als ich meinen Blick an ihm hinabwandern ließ, bemerkte ich, dass er in einer hellgrünen OP-Hose mit Tunnelzug in der Taille steckte. Beide Hosenbeine waren mit großen dunkelroten Blutflecken übersät. Mit Gemma Dogens Blut.
    Lieutenant Peterson stand hinter seinem Schreibtisch, den Telefonhörer am Ohr. Noch während er sprach, winkte er mich zu sich. »Nein, Chief, keine Angst, ich lasse mir von ihr nicht sagen, was zu tun ist. Nein, bestimmt nicht. Ich hielt es nur für klüger, sie kommen zu lassen, damit alles korrekt vonstatten geht – Durchsuchungsbefehl, Gegenüberstellung, Befragung. Nein, ich versichere Ihnen, dass wir die Fäden in der Hand behalten. Ja, Chief, ich habe verstanden.«
    »Hallo, Alex. Sieht aus, als hätten wir einen Durchbruch erreicht. Kommen Sie mit in die Umkleide, wir bringen Sie auf den neuesten Stand.« Mike und Mercer waren direkt in den Besprechungsbereich gegangen, wo seit dem Vorabend einige neue Gesichter hinzugekommen waren.
    Ich setzte mich an den Tisch, und Peterson sprach ein paar einleitende Worte.
    »Okay, hier also der Stand der Dinge. Team B hat den ganzen Tag im Mid-Manhattan verbracht. McGraw hat auch das Team A dorthin beordert. Die Jungs vom 17. Revier haben unterdessen die Tunnel unter den Gebäuden abgegrast. Meine Männer haben in einem Vorlesungssaal der Uniklinik die Erst-Vernehmung des medizinischen und des Verwaltungspersonals durchgeführt. Es waren um die vierzig Mitarbeiter aus der Neurologie und von der Minuit-Fakultät – ein ständiges Kommen und Gehen. Es ging um ihren Background, um ihre Beziehungen zu Dogen, um alles, was sie in der Nacht, bevor ihre Leiche gefunden wurde, gehört oder gesehen haben – das Übliche eben. In der ersten Runde rechnet ja niemand mit großen Überraschungen, man muss erst einmal einen Fuß auf den Boden bekommen. Gegen halb sieben erhielt Detective Losenti einen Anruf von zwei Ärzten, mit denen wir zuvor schon gesprochen hatten – sie sind übrigens beide hier, Alex, falls Sie mit ihnen reden wollen. Die beiden verließen gemeinsam die neurologische Abteilung, um runter in den zweiten Stock in die Radiologie zu gehen. Sie wollten sich einige Röntgenaufnahmen von einem Patienten ansehen, den sie gemeinsam betreuen. Als sie die Röntgenabteilung betreten, entdecken sie den Knaben, der drüben in der Arrestzelle sitzt. Er liegt zusammengerollt da und hält ein Nickerchen. Als sie ihn aufscheuchen, sehen sie, dass seine Hosenbeine über und über mit Blut verschmiert sind. Einer der beiden bleibt bei ihm, während der andere Losenti anruft – seine Pager-Nummer war auf dem Info-Handzettel angegeben, den wir an alle verteilt haben. Losenti war noch im Krankenhaus-Komplex und ist direkt rüber in die Radiologie gegangen.«
    Ich betrachtete die Gesichter der Detectives; es war halb zehn Uhr abends, und alle waren seit dem frühen Morgen auf den Beinen – aber die Hoffnung, einen Durchbruch erzielt und den Fall in kürzester Zeit gelöst zu haben, vertrieb alle Anzeichen von Müdigkeit.
    »Was sagt er?«
    »Entweder stellt er sich dumm, oder wir haben es tatsächlich mit einem Fall für den Psychiater zu tun. Ein paar unserer Leute haben sich schon die Zähne an ihm ausgebissen. Chapman und Wallace, bringen Sie ihn in einen Befragungsraum und versuchen Sie, etwas Vernünftiges aus ihm herauszubekommen. Aber machen Sie sich keine Illusionen – das kann Stunden dauern. Er redet nur wirres Zeug; fragt man ihn nach seinem Namen, ist das einzige, was er von sich gibt, ›Pops‹, und das rote Zeug an seiner Hose hält er für Farbe. Sagt, er sei in einen

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