Notbremse
hat.« Linkohr überlegte, ob er eine Bemerkung zu Schittenhelms Einschätzung, die Herren seien eingefleischte Junggesellen, anbringen sollte. Dann aber ließ er es.
»Ich sagte Ihnen doch, dass die Herren keine normalen Privatdetektive sind. Sie bekommen ihre Aufträge aus den höchsten Ebenen von Wirtschaft und Politik.«
»Und aus …«, Linkohr suchte nach einer Formulierung, »… und vielleicht auch aus Polizeikreisen?«
»Ich sagte doch, die Aufträge kommen von überallher. Die Gebrüder Hocke genießen einen sagenhaften Ruf.«
Linkohr stutzte. Das musste er so schnell wie möglich Häberle übermitteln.
Lambert war zu keiner weiteren Äußerung mehr zu bewegen. Er hatte einen Anwalt angerufen und ihn angeschnauzt, nachdem dieser offenbar nicht sofort bereit gewesen war, augenblicklich zu erscheinen. Falls er nicht innerhalb von 20 Minuten da sei, würden die Geschäftsverbindungen abgebrochen, stellte der inzwischen schwitzende Manager mit gefährlichem Unterton fest. Das schien zu helfen.
Fludium hatte Lamberts Auseinandersetzung mit dem Anwalt genutzt, um seinerseits vom Handy aus im Flüsterton zu telefonieren, was den Firmenchef völlig irritierte. Denn einerseits war da der Anwalt, der sich auf wichtige Termine berief, die er wahrzunehmen habe – andererseits dieser Kriminalist, der irgendetwas in die Wege zu leiten schien.
Fludium hatte zu dem Leitenden Oberstaatsanwalt von Ulm durchgewählt und ›Gefahr im Verzug‹ geltend gemacht. Dr. Ziegler, der sich schon seit gestern über nahezu jeden Ermittlungsschritt informieren ließ, war im Bilde. Er hatte bereits vorsorglich die Ulmer Kriminalpolizei auf einen möglichen Einsatz vorbereitet. Jetzt war es also so weit. Sie würden zuschlagen – auch wenn dies ein landesweites Aufsehen verursachte und es wieder aus politischen Kreisen Druck gab. Ziegler wusste, dass die Manager von Großkonzernen in der Lage waren, alle Register zu ziehen, um juristischen Ermittlungen zu entgehen. Man konnte in diesen Kreisen nicht nur auf einen Stab von Fachanwälten zurückgreifen, sondern auch auf ein enges Netzwerk von Freunden und irgendwelchen Klubmitgliedern, die sich in den höchsten Ebenen aller Behörden und Institutionen etabliert hatten. Man tat gut daran, sich dessen bewusst zu sein und deshalb jeden Schritt begründen zu können.
Nachdem Lambert das Telefonat völlig entnervt beendet hatte, wandte er sich sofort dem Kriminalisten zu:
»Und jetzt?«
Fludium blieb gelassen.
»Der Staatsanwalt hat soeben die Durchsuchung Ihrer Geschäftsräume angeordnet.«
Lambert erbleichte noch mehr.
»Sie haben was?«
»Ich brauch mich nicht zu wiederholen.«
»Sie werden nichts tun. Sie werden gar nichts tun!«, zischte Lambert. »Sie werden sofort mein Büro verlassen und keiner betritt hier mein Unternehmen, bevor nicht mein Anwalt da ist. Er griff wieder zum Telefonhörer, drückte die Wahlwiederholung, ließ sich noch einmal mit dem Anwalt verbinden und brüllte ihn an: »Sie kommen jetzt sofort! In ein paar Minuten ist die Staatsanwaltschaft hier und stellt mir den Laden auf den Kopf. Haben Sie verstanden?« Er wurde noch lauter. »Sie müssen das verhindern.« Dann warf er den Hörer wieder in die Schale und atmete schwer. »Sie verlassen sofort mein Büro!«
Fludium blieb entspannt sitzen, die Beine übereinandergelegt.
»Ich schlage vor, wir unterhalten uns in aller Ruhe. Das erscheint mir zweckmäßiger zu sein, als dass Sie mich jetzt rausschmeißen und Sie Spuren beseitigen können.«
»Spuren beseitigen?«, wiederholte Lambert abfällig, zog das Jackett aus und warf es in hohem Bogen über seinen blitzblanken Schreibtisch. »Wie reden Sie eigentlich mit mir? Spuren beseitigen! Ich hab mit Ihrer Sache überhaupt nichts zu tun. Nicht im Geringsten. Ganz im Gegenteil!«
»Sie sagen – im Gegenteil? Wie darf ich das verstehen?«
Lambert atmete zwei-, dreimal tief durch, versuchte, seine Gedanken zu ordnen, und baute sich provozierend vor dem Kriminalisten auf.
»Genau so, wie ich es sage: im Gegenteil«, betonte er noch einmal.
»Ich denke, Sie nehmen jetzt hier Platz und wir unterhalten uns in aller Ruhe.«
»Während die Staatsanwaltschaft über uns herfällt und hier alles auf den Kopf stellt«, entgegnete der Manager noch immer wütend.
»Das werden weder Sie noch Ihr Herr Rechtsanwalt verhindern können.«
Lambert wirkte zunehmend unschlüssig. »Sie haben auf den Falschen gesetzt. Anstatt wie auf einen Mörder über mich
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