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Notbremse

Notbremse

Titel: Notbremse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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Neoprenanzügen verhüllt waren, sondern sich in ihrer ganzen Bikinischönheit im Sonnenlicht präsentierten. Häberles Gedanken schweiften ab – an die Zeit, als er noch samstags an die Baggerseen im Donauried gefahren war, wo die jugendlichen Cliquen die Sommerwochenenden verbrachten, als man noch mit billigen Schlauchbooten zwischen Kiesbergen und Förderbändern paddelte und abends hinterm Schilf ein Lagerfeuer entfachte. Wasserskifahren, das war damals nur etwas für die Reichen gewesen, für die Bonzen, die es sich leisten konnten, von teuren Motorbooten über den Bodensee oder, noch besser, den Starnberger See gezogen zu werden. Und heute? Häberle lächelte in sich hinein. Er sah zum anderen Ende des Sees hinüber, wo die Schlange vor der Liftstelle immer länger wurde. Dabei war es erst Freitagnachmittag. Er überlegte, wie viele Menschen schon um diese Zeit das Wochenende genießen konnten. Manche, das hielt er ihnen zugute, waren vielleicht Schichtarbeiter oder hatten sich den freien Tag durch Überstunden oder Sonntagsarbeit redlich verdient. Außerdem war Ferienzeit. Er verdrängte den Gedanken, dass es viele Menschen heutzutage verstanden, sich durchs Arbeitsleben zu mogeln. Trotzdem beschlich ihn wieder einmal der Argwohn, unter den Freizeitgenießern könnten eine Menge Schwätzer sein, die andere für sich arbeiten ließen, während sie selbst nur großkotzige Reden hielten. An seiner Einschätzung, die er bei jeder Gelegenheit äußerte, hatte sich in all den Jahren nichts geändert: dass alle wichtigen Posten in dieser Republik von Schwätzern besetzt seien. Und nicht von Schaffern. Dieser Eindruck hatte sich sogar noch verstärkt.
    Häberle sog den Duft einer frisch gemähten Wiese in sich auf. Dann erhob er sich und folgte dem Ufer nach links, wo es an der bewaldeten Böschung der nahen Eisenbahnlinie entlangführte. Dort war auch der Metallmast für die Umlenkrolle des Lifts installiert. Erst jetzt, nachdem sich die Schwarzhaarige offenbar ausgeklinkt hatte, bemerkte der Kriminalist, dass am Zugseil, das vor ihr gewesen sein musste, noch immer ein Mann im schwarzen Neoprenanzug über die Wasserfläche sauste und damit gleich hinter der Blondine eingereiht war, die ebenfalls weiterhin ihre Runden zog. Das wenige, das Häberle vom Gesicht des Mannes sah, erregte nun seine Aufmerksamkeit. Irgendwie kam es ihm bekannt vor – und auch die nicht gerade sportliche Figur dieses Wasserskifahrers ließ ihn stutzen. Häberle blieb stehen und wartete eine weitere Runde ab. Doch weder die Blonde noch der Mann im Neoprenanzug kamen noch mal vorbei. Die Anlage hatte sie ausgeklinkt.
    Häberle ärgerte sich. Nur weil er wie ein Teenager auf junge Frauen gestiert hatte, war ihm möglicherweise etwas Wichtiges entgangen. Andererseits stellte er mit gewisser Genugtuung fest, dass die Zahl seiner Geburtstage nichts an seiner jugendlichen Einstellung geändert hatte. Dessen gewiss, schlenderte er weiter. Ihm fielen unterwegs ausgetretene Pfade zur Wasseroberfläche hinab auf. Das waren, so vermutete er, offenbar jene Bereiche, an denen gestürzte Skifahrer wieder an Land gehen konnten. Einige Male hatte er dies bereits beobachten und sehen können, wie die frustrierten Wassersportler zu Fuß an den Anfangspunkt zurückgehen mussten.
    Der Wanderweg führte zwischen See und Bahnböschung zur oberen Querseite des Sees. Häberle blickte hinüber zum anderen Ufer, zum Bistro, der Startrampe und der Boutique, wo es überall von Menschen wimmelte. Dahinter spiegelten sich die Fahrzeuge im hellen Sonnenlicht. Der Andrang nahm deutlich zu.
    Auch auf der Terrasse der Pizzeria, die sich am Querufer befand, waren alle Plätze belegt, wie Häberle beim Näherkommen sah. Er musterte, so gut es ging, die schätzungsweise 50 Gäste, meist junge Leute. Dann jedoch entdeckte er an einem der Tische, die direkt an der Hauswand standen, zwei bekannte Gesichter. Hier schien die Gelegenheit günstig zu sein, die beiden Personen in sein Geheimnis einzuweihen. Er betrat die Terrasse, zwängte sich an zwei vollbesetzten Tischen vorbei und blieb vor dem älteren Herrn und der jungen Dame stehen.
    »Ist der Platz noch frei?«, fragte er und lächelte freundlich. Dr. Mirka und Gracia blickten erstaunt zu ihm auf.

33
     
    Lambert hatte sich ein wenig beruhigt. Angesichts der Aussichtslosigkeit seines Protests hatte er sich zu dem Kripobeamten gesetzt.
    »Ihnen ist schon bewusst, dass dies alles juristische Schritte nach sich ziehen kann«,

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