Notbremse
ist halt ein bisschen schüchtern.«
Wenn sich da der Herr Doktor nur nicht irrte, dachte der Kriminalist und musste an das Sprichwort von den stillen Wassern denken, die angeblich so tief sind.
»Und wer ist es?«
»Angeblich ein Geheimpolizist, der sich Fritz nennt und der so aussieht wie der Mann auf dem Foto, das Sie uns gezeigt haben. Aber das wissen Sie doch, oder?« Mirka sah den Ermittler zweifelnd und spitzbübisch lächelnd an.
Häberle sagte nichts. Vermutlich hatte Gracia ihm also inzwischen alles gebeichtet.
»Und wen kennen Sie sonst noch hier?«, bohrte Häberle nach.
Mirka drehte sich zum See, wo die Skifahrer vorbeiflitzten. »Vorhin war sie noch da«, stellte er fest, »diese Vertreterin, die von dieser Anlage geschwärmt hat.«
»Die Schwarzhaarige mit dem Pferdeschwanz?«
»Ja, genau die«, bestätigte Mirka. »Frau Steinmeier. Ein rassiges Weib.«
»Man sagt auch ›Pferdchen‹ zu ihr.«
»Pferdchen?«, wandte sich Mirka wieder ihm und der jungen Frau zu.
»So sagt jedenfalls Ihr Herr Apotheker im Erdgeschoss.«
Mirka lachte laut. »Dann hat sie den auch schon bezirzt?«
»Die Dame scheint dafür bekannt zu sein.«
Gracia hatte kein Wort gesagt.
»Frau Steinmeier ist eine von denen, die seit einem halben Jahr versuchen, einige neue Präparate am Markt zu etablieren. Na ja«, wieder grinste er, »zumindest bei der männlichen Kundschaft weiß sie, worauf es ankommt.«
»Und sie wird dafür von diesem Rieder von der ›Donau Pharma AG‹ gelegentlich mit einem Wellnesswochenende in Kiefersfelden belohnt«, ergänzte Häberle.
»Das weiß ich nicht. Da kann ich mir kein Urteil erlauben.«
»Und Sie«, sprach Häberle den Hautarzt nun direkt an. »Wie wurden Sie von ihr belohnt?«
»Belohnt? Wofür?«
»Dafür, dass sie ihre Produkte verschreiben oder empfehlen.«
»Wissen Sie, Herr Kommissar«, sagte er viel zu laut, wie Häberle es empfand, »ich lass mir nicht ins Handwerk pfuschen. Egal, was man mir verspricht.«
»Und was hat man Ihnen versprochen?«
»So plump und direkt geht das nicht«, erklärte Mirka. »Aber es wird einem dies oder jenes in Aussicht gestellt.«
»Zum Beispiel?«
»Ja, auch mal so ein Wellnesswochenende hier.«
»Aber das jetzige bezahlen Sie selbst?«
Mirka zögerte. »Sie sollten nicht gleich hinter allem etwas Schlechtes vermuten.«
Häberle wollte gerade noch etwas fragen, als sein Handy vibrierte, das er auf lautlos geschaltet hatte. Er nahm es aus der Brusttasche, meldete sich leise und lauschte. Es war ein Kollege der Sonderkommission.
»Wir haben den Kombi gefunden!«
»Kombi?«
»Von Plaschke, unserem Toten in der Mühle.«
Häberle begriff: Plaschke war mit einem Lieferwagen von Rieders ›Donau Pharma AG‹ unterwegs gewesen. Seit gestern wurde nach dem Fahrzeug bundesweit gefahndet.
»Und wo gefunden?« Häberle hielt die Hand an den Mund, damit niemand an den Nebentischen etwas hören konnte.
»Ausgebrannt – an einem Waldrand bei Merklingen.«
Merklingen, prägte sich Häberle ein. An der A 8 zwischen Stuttgart und Ulm, Albhochfläche.
»Spuren?«
»Sieht nicht danach aus. Aber im Handschuhfach sind ein paar verkohlte Seiten eines Notizbuchs, nicht ganz zerbröselt. Die Kollegen haben zwei Adressen rauslesen können.«
»Spitze«, stellte Häberle anerkennend fest und wartete gespannt auf weitere Erklärungen.
»In Göppingen und Waiblingen«, kam es zurück. »Und jetzt halten Sie sich fest, Chef: Es sind alles Spielhallen. Und zwar der dubiosen Art.«
35
Die Ulmer Kriminalpolizei war mit zwölf Personen angerückt – plus doppelt so vieler Uniformierter. Nachdem die Durchsuchung der ›Aspromedic-GmbH‹ bereits geplant war, noch ehe Fludium mit dem Unternehmenschef Lambert gesprochen hatte, konnte entsprechendes Personal eingesetzt werden.
Der Leitende Oberstaatsanwalt Dr. Ziegler war höchstpersönlich mitgekommen, um mit Lambert und dessen Anwalt die Situation zu bereden. Im Beisein von Fludium legten die Juristen und der Firmenchef ihre unterschiedlichen Positionen dar. Doch Ziegler, ein besonnener Mann, blieb hart. Er verwies auf Paragrafen und höchstrichterliche Entscheidungen und war nicht bereit, die laufende Durchsuchung der Büroräume zu stoppen.
»Das betrifft natürlich auch Ihr Büro«, stellte Ziegler schließlich klar.
»Wie?«, staunte Lambert und sah seinen Anwalt an.
»Dass Sie uns Ihre Akten zur Verfügung stellen sollten«, erklärte Ziegler ruhig und sachlich.
Der Rechtsanwalt sagte
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