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Notbremse

Notbremse

Titel: Notbremse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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Sitzlehne angeschlichen und darauf geachtet, dass er sich in keinem der umliegenden Fenster spiegelte. Mit einer blitzartigen Bewegung, die ihm niemand zutrauen würde, hatte er sich um die Sitzlehne herumkatapultiert, um dem völlig irritierten Probost die Dienstwaffe vorzuhalten. »Hände hoch, hab ich gesagt«, brüllte er, so laut er konnte, während nun auch Linkohr mit vorgehaltener Waffe aus der übernächsten Sitzreihe hervortrat.
    Probost sah die beiden Beamten nacheinander an, ohne aber die Schusswaffe loszulassen.
    »Waffe weg!«, schrie Häberle, so laut er konnte, und hielt seine Pistole dicht an Probosts Ohr. Linkohr nahm zusätzlich eine bedrohliche Haltung ein und richtete auch seine Dienstwaffe auf den Berliner.
    Horschak kauerte kreidebleich und regungslos in der Ecke.
    Probost zögerte noch immer. Er schien völlig apathisch geworden zu sein.
    »Ich zähle bis drei«, drohte Häberle. »Sie lassen jetzt die Waffe los«, befahl er und trat noch näher an ihn heran. Er überlegte, ob es sinnvoll war, ihm einen gezielten Faustschlag zu verpassen. Doch dann verwarf er den Gedanken wieder. Solange Probost den Finger am Abzug der Waffe hatte, hätte dies verheerende Folgen haben können. »Also, was ist?«, schrie er ihn an und hielt ihm die Waffe an die rechte Schläfe. »Sie kommen hier nicht mehr raus. Alles, was Sie jetzt tun, wird Ihre Lage nur verschlimmern.«
    Es vergingen drei, vier ewige Sekunden. Probosts Hand erlahmte. Er sah zu den beiden Kriminalisten und ließ die Waffe zwischen seine Schenkel sinken.
    Linkohr griff blitzschnell danach und nahm sie an sich.
    Häberle holte tief Luft. Horschak lehnte den Kopf nach hinten und es sah so aus, als ob er ein Stoßgebet zum Himmel schicke.
    Der Zug erreichte Pfraundorf um 8.18 Uhr.
     
    Als die Regionalbahn an diesem sonnigen Samstagvormittag pünktlich um 8.24 Uhr in Rosenheim eintraf, wartete bereits eine Polizeistreife auf dem belebten Bahnsteig darauf, eingewiesen zu werden. Linkohr hatte die Kollegen per Handy gerufen und sie beim Anhalten des Zuges in den entsprechenden Waggon gewunken. Dort saß Horschak, noch immer von Schüttelfrösten geplagt, in die Ecke gelehnt, während Probost apathisch auf den Boden starrte und auf Häberles Fragen keine Antworten gab.
    »Sie brauchen mir nichts zu sagen«, hatte der Chefermittler mehrfach betont, um gleich empfehlend zu ergänzen: »Aber es wäre sinnvoll, wenn Sie es täten.« Häberle hatte zwar einen Teil dessen, was Probost mit Horschak gesprochen hatte, hinter dem Sitz belauscht, aber die anfänglichen Äußerungen waren ihm entgangen.
    Doch der Kriminalist musste erkennen, dass es sinnlos war, weitere Fragen zu stellen. Als die Beamten der bayrischen Landespolizei kamen, deutete er auf Probost, worauf sie ihn an den Armen hochhoben und aus dem Zug führten. Einem der Beamten überreichte Häberle die Waffe samt Schalldämpfer und bat, diese gleich an die Kriminalpolizei weiterzugeben.
    Horschak stand auf, musste sich aber sofort an den Sitzen festklammern, weil seine Knie noch immer nachgaben. Während von draußen die Lautsprecheransagen hereindrangen, mit denen auf die weiteren Anschlusszüge in Richtung München hingewiesen wurde, entsann sich Linkohr der Frau, die er ›Pferdchen‹ nannte. Er eilte durch die Waggons nach hinten – doch Ulrike Steinmeier war bereits ausgestiegen. Nur ein kleiner handlicher Koffer stand noch an ihrem Platz. Vermutlich gehörte er Probost. Linkohr nahm ihn an sich und kehrte zu Häberle zurück. Dort war mittlerweile Horschak wieder auf seinen Platz niedergesunken. Ein Bahnbediensteter mit Warnjacke erschien an der Tür und bat die Männer, den Zug zu verlassen, da hier Endstation sei und der Zug bald wieder nach Kiefersfelden zurückfahre. Häberle zog seinen Dienstausweis heraus und erklärte, dass er noch ein kurzes Gespräch führen wolle. Der Bahnbedienstete quittierte dies mit einer bayrischen Unmutsäußerung, die sich nach ›g’schertem Hammel‹ anhörte, und stapfte davon.
    »Sollen wir einen Krankenwagen rufen?«, fragte Häberle den kreidebleichen Horschak.
    Der aber schüttelte den Kopf: »Das geht schon wieder vorbei.«
    »Wenn Sie gestatten«, fuhr der Chefermittler fort, »dann hätt’ ich eine Frage. Welche Rolle haben nun Sie tatsächlich gespielt?« Er wusste aus Erfahrung, dass Personen, die gerade Todesängste durchgemacht hatten, aus Dankbarkeit für ihre Rettung am ehesten bereit waren, Auskunft zu geben. Er täuschte sich auch

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