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Notbremse

Notbremse

Titel: Notbremse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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in Ulm am Bahnhof. Allerdings könnten die Tickets auch online gebucht worden sein.«
    »Dann müsste sich feststellen lassen, von welchem Rechner«, hakte Häberle ein, der in den vergangenen Jahren mithilfe der Computertechnik schon viele schwierige Fälle gelöst hatte. »Außerdem geht das online doch nur mit der Kreditkarte, soweit ich weiß. Jedenfalls deutet aber wohl alles darauf hin, dass das Abteil ab Ulm nicht voll belegt war. Sonst müsste es weitere Beteiligte geben – oder Zeugen.«
    »Stimmt«, entgegnete Fludium. »Wir haben keine einzige Person aus dem Zug gefunden, die ausgesagt hat, sie sei in diesem Abteil gewesen.«
    »Wenn also jemand drinsaß, dann kann es nur der Täter gewesen sein«, meinte Linkohr, während Häberle nichts dazu äußerte.
    Fludium sprach einen weiteren Aspekt an: »Und wenn jemand drinsaß, dann muss er nicht zwangsläufig der Reservierer gewesen sein. Wenn ich’s richtig weiß, darf man doch eine gewisse Zeit nach Abfahrt des Zuges die nicht belegten reservierten Plätze einnehmen.«
    »Zumal«, merkte Häberle an, »die Bahn hemmungslos auch dann noch Tickets verkauft, wenn die Sitzplätze alle belegt sind. Ganz im Gegensatz zu den Fluglinien, die nur so viele Tickets rausgeben können, wie Sitzplätze vorhanden sind.«
    Linkohr musste sich insgeheim eingestehen, sich bei den ICEs nicht so richtig auszukennen. Auf Fernstrecken war ihm die Bahn zu teuer. Nur einmal war er in letzter Zeit mit einem ICE gefahren, aber da hatte gerade eine Fastfoodkette Billigtickets zum Schnäppchenpreis angeboten.
    »Noch was«, präsentierte jetzt Fludium einen weiteren Joker. »Das Handy des Toten, ihr wisst, das war heut früh abgeschaltet, da haben die Kollegen etwas Interessantes rausgefunden.« Er blätterte in einem Notizblock. »Die SIM-Karte, die drin war, stammt von einem italienischen Provider.«
    »Oh«, entfuhr es Häberle. »Die Spur führt in den Süden.«
    »Wohin genau, das müssen wir noch abwarten«, stellte Fludium fest und meinte grinsend: »Italien ist nicht nur der Süden, wie du ihn dir vorstellst.«
    »Es wird aber doch möglich sein, den Inhaber der Nummer rauszukriegen, oder?«, fragte Häberle zweifelnd. Auch innerhalb der EU, das war ihm schon mehrfach schmerzlich bewusst geworden, wurde manchmal mächtig Sand in die Mühlen der Bürokratie gestreut.
    »Ich geh mal davon aus, dass wir bis zum Abend den Namen haben«, gab sich Fludium überzeugt, während Häberle plötzlich daran denken musste, wie viele Computerseiten wohl die Vernehmungen der ICE-Passagiere umfassen würden.
    »Die Passagiere«, wechselte er deshalb das Thema, »die sind alle weitergekommen?«
    »Alle«, bestätigte Fludium. »Und der restliche Zug wird heut Nachmittag nach Stuttgart fahren – zur Reinigung.«
    Die drei Kriminalisten gingen in den Lehrsaal hinüber, wo ein Dutzend Kollegen die Protokolle und Zeugenvernehmungen sichtete. Häberle ließ sich bestätigen, dass es zu dem geflüchteten Mann nicht mehr zu sagen gab, als dass er nach der Notbremsung im Steilhang verschwunden war. Über die Farbe seines Sommermantels gingen jedoch die Ansichten weit auseinander – von hellbeige bis zum knalligen Rot. Auch das Alter des Unbekannten variierte. Einmal war es ein Student, ein andermal sogar ein Mann im Rentenalter. Für Häberle waren solche Unterschiede in den Aussagen nichts Außergewöhnliches. Deshalb hatte er stets ein ungutes Gefühl, wenn Gerichte in einem Indizienprozess allein auf Zeugenaussagen ein Urteil fällten. Man brauchte nur selbst einmal darüber nachzudenken, welche Details man nach einem Tag noch von einem bestimmten Ereignis schildern konnte. Häberle hatte im Freundeskreis schon mal entsprechende Versuche gemacht und die Beteiligten jedes Mal damit verblüfft, wie wenig sie wussten.
    Die Adressen jener Passagiere, die den Unbekannten zum Steilhang hatten flüchten sehen, waren auf einem Blatt Papier ausgedruckt worden. Häberle überflog sie und war beruhigt, dass er jene drei Personen fand, mit denen er persönlich gesprochen hatte – mit Clemens Probost, Lara Waldinger und Jochen Lemke. Ihre Wohnorte waren Berlin, Augsburg und Castrop-Rauxel.
    »Bei den Telefonnummern von dem Toten«, meldete sich ein Kollege aus den hinteren Reihen, »haben wir drei Viertel davon abgecheckt. Es sind tatsächlich alles Ärzte und Apotheker. Bis auf zwei …« Die Gespräche verstummten. »Muss aber nichts bedeuten«, versuchte der Kriminalist seine Entdeckung abzuschwächen,

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