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Notbremse

Notbremse

Titel: Notbremse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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weckte aber Häberles Ungeduld. »Und welche sind dies?«
    »Diese eine in China, genauer gesagt: in Peking. Und dann noch eine Durchwahlnummer – gehört zum Kernkraftwerk Gundremmingen.«

9
    Kai-Uwe Horschak hätte sich bessere Voraussetzungen gewünscht, um diesen herrlichen Ort im sogenannten Kaiserreich genießen zu können. Oft schon war er hier gewesen, zusammen mit seiner Frau, die ebenso wie er begeistert Wasserski fuhr. Der Gruberhof, rund 300 Meter vom Kiefersfeldener Bahnhof gelegen, war nur knapp zwei Kilometer vom Hödenauer See entfernt, einem ehemaligen Baggersee, an dem es seit Jahr und Tag einen Wasserskilift gab. Ein schönes Fleckchen Erde, pflegte er immer zu sagen. Umgeben vom Voralpengebiet, insbesondere von der steilen Felswand des ›Zahmen Kaisers‹. Dass der Chef hier seine Tagungen abhielt, passte zum Stil des Unternehmens, für das er seit 17 Jahren freiberuflich tätig war. Zwar hatte er schon einige Male vergeblich eine höhere Provision angemahnt, doch diese Wochenendaufenthalte in diesem Hotel, manchmal sogar zweiwöchige Urlaube, entschädigten dann doch für die ablehnende Haltung gegenüber der Forderung nach mehr Geld. Außerdem, so überlegte er sich beim Blick aus dem Fenster, war er nicht nur auf diese eine Tätigkeit angewiesen. Die Geschäfte liefen bestens und auch die Kontakte, die er in den vergangenen Jahren aufgebaut hatte, entwickelten sich prächtig. Seine Frau, die den Luxus schätzte, war sich durchaus bewusst, dass sie diesen Lebensstil nur ihm zu verdanken hatte – auch wenn sie manchmal ihre Sorge darüber zum Ausdruck brachte, dass nicht alles, was er tat, gesetzeskonform war. In jüngster Zeit beunruhigten sie anonyme Anrufer, die ihrem Mann unverblümt mit dem Tod drohten.
    »Weißt du«, hatte er dann seiner Frau Elvira gesagt, »das Geschäftsleben ist hart. Und wo es um viel Geld geht, musst du heutzutage mit allem rechnen. Aber ich pass schon auf mich auf.«
    Horschak hatte geduscht und den weißen Bademantel angezogen. Er würde sich nachher in den Geschäften notdürftig neu einkleiden, um wenigstens für den Abend und die nächsten Tage ausgestattet zu sein. Er wählte die eigene Telefonnummer und war zufrieden, als sich die wohlvertraute Stimme Elviras meldete. Er erklärte, dass sie sich keine Sorgen zu machen brauche, falls sie im Radio von dem Mord im Zug gehört habe. Doch Elvira war darüber bislang nicht informiert und deshalb für einen Moment sprachlos.
    »Und wo bist du jetzt?«, fragte sie schließlich.
    »Ich hab umdisponieren müssen«, erklärte er und genoss den Blick auf diese traumhafte Landschaft. »Ich bin in Kiefersfelden.«
    Seine Frau war hörbar irritiert. »Du bist wo?«
    »Im Gruberhof«, sagte er. »Es hat heute früh kurzfristig Komplikationen in Mannheim gegeben. Deshalb bin ich zu einem Seminar hierher gefahren.« Er hatte sich diese Worte zurechtgelegt und eingeprägt.
    »Aber«, hörte er die Stimme seiner Frau. »Du hast doch gar nichts dabei. Wie lange willst du denn bleiben?«
    »Ich denke, ich werde bis zum Ende des Seminars bleiben. Bis zum Wochenende bin ich zurück. Mach dir keine Sorgen. Das sind nur noch drei Tage.«
    »Und …« Seine Frau rang nach Worten. »Dieses Seminar ist so wichtig für dich?«
    »Nicht für mich«, log er überzeugend. »Der Chef hatte mich eigentlich schon lange hier als Referent vorgesehen, doch dann war ihm die Sache in Mannheim wichtiger erschienen. So gesehen sind die Probleme dort gerade zur richtigen Zeit aufgetaucht.«
    »Darf ich fragen, um welche Probleme es sich gehandelt hat? Hat man dich wieder bedroht?«
    Er sog die schwüle Luft ein, die ein lauer Wind durch das halb geöffnete Fenster blies. »Ich hab doch gesagt, du brauchst dir keine Sorgen zu machen«, wiederholte er leicht genervt.
    Sie wusste, dass weitere Fragen zwecklos wären, und beendete widerwillig das Gespräch. Horschak atmete erleichtert auf und drückte die Austaste des Handys.
    Ob er hier sicher sein würde, vermochte er nicht zu sagen. Er öffnete die angelehnte Balkontür, ließ sich draußen auf einen gepolsterten Stuhl nieder und streifte den Bademantel von den Schultern. Dann ließ er die wohlige Wärme der Sonne auf sich wirken. Wenn sie ihn umbringen wollten, gab es dafür tausend Möglichkeiten, hämmerte es in seinem Gehirn. In den vergangenen Monaten hatte er oft genug erfahren müssen, dass es offenbar Organisationen gab, die vor nichts zurückschreckten. Vermutlich wussten sie längst auch

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