Notizen aus Homs (German Edition)
herum: ein M16 mit Zielfernrohr, ein 7,62-mm-Maschinengewehr mit rundem Magazin, eine RPG, um deren Rakete ein gestricktes islamisches Stirnband gewickelt ist.
Männer kommen und gehen, wir trinken Tee. Ein Typ bringt einen 50-kg-Sack aus Synthetikfaser mit mehreren Kalaschnikows darin. Die Offiziere testen die Waffen und bauen sie auseinander.
Bassel, ein junger Mann mit dunklem Teint, in Anzug und gutem Hemd, spricht ein wenig Englisch. Fadi, ein Typ mit sorgfältig gestutztem Bart und unruhiger Ausstrahlung, zeigt uns die Kugel, die er in den Rücken bekommen hat, als er vor einer Straßensperre floh. Sie ist am Bauch wieder ausgetreten.
Ankunft von Muhammad, einem jungen mulazim , mit einem belgischen Scharfschützengewehr, einem 7,62-mm-Herstal. Reichweite 800 Meter, sagt er. Er ist der Spezialist der Einheit.
Ankunft von Dscheddi (»Großvater«), einem Verantwortlichen der Information, seit November Kumpel von Raed. Lachen, Knuffe in den Rücken: »Ich glaub’s nicht, du hier?« Dscheddi kennt auch Manon Loizeau und Sofia Amara. Er arbeitet mit mehreren Dolmetschern zusammen, sie können mir behilflich sein. Als Raed von Whisky spricht, holt er lachend seine Pistole raus und entsichert sie: »Whisky? Ich bring dich um!« Großes Gelächter. »Das ist die neue Diktatur.«
Dscheddi schlägt uns vor, mit ihm zu gehen, und wir machen uns fertig. Aber es bricht ein Streit zwischen Dscheddi und Raed aus. Dscheddi will uns rund um die Uhr um sich haben, während Raed hier schlafen will, bei Hassan und seinen Leuten. Der Ton wird schärfer. »Wenn es dir nicht passt, geh doch zurück nach Beirut!« Am Ende ist Dscheddi wirklich wütend und geht. »Wenn das so ist, sieh zu, wie du klarkommst.« Raed läuft hinter ihm her und versucht ihn zu besänftigen, dann kommt er zurück. Also bleiben wir. Raed erklärt Hassan und Imad unsere Position. Kurz, wir schließen Bekanntschaft, und da der Chef des Übersetzungsbüros von Baba Amr sich gerade türenschlagend verzogen hat, schweige ich, wie immer.
Weitere Unteroffiziere treffen ein, darunter ein Rothaariger in beiger Tarnuniform und mit zu lauter Stimme, als wäre er betrunken. Er geht wieder, und ein halbes Dutzend Männer zieht sich in den hinteren Teil des Zimmers zurück, um zu beten. Kurzer Disput, wer vorbetet. Der Rothaarige kommt zurück, er ist also nicht betrunken, und schließt sich dem Gebet an.
*
18 Uhr. Ausfahrt mit Imad. Dunkle Straßen, sehr wenige Autos und Lichter. Wir kommen an einer Kreuzung vorbei, an der ein Posten der Armee stand. Die FSA hat ihn umzingelt und ihm den Versorgungsweg abgeschnitten, dann hat sie mit ihm über seinen Rückzug verhandelt. Wir fahren eine lange breite Straße entlang. An ihrem Ende ist eine weitere Straßensperre, aber seit die andere evakuiert wurde, ist sie angreifbar und schießt nicht, aus Angst vor einer Reaktion der FSA.
Besuch der Untergrund-Klinik von Baba Amr. Im Eingang Tragen, mehrere Personen, auch Frauen. Ein langer, durch einen Vorhang unterteilter Flur mit Zimmern auf der ganzen Länge. Eines dient als Apotheke, die Schränke sind voller Medikamente, kleinere Utensilien liegen auf einem Tisch, obendrauf balanciert ein Heizkörper, Decken, auf dem Boden liegt ein weibliches Anatomiemodell, dessen sämtliche Organe und eine Kopfhälfte exponiert sind, in einer Ecke lehnen zwei Kalaschnikows und eine kugelsichere Weste. Man serviert uns Tee, und ich unterhalte mich mit einem Arzt, Dr. Abu Abdu, der ein wenig Englisch spricht. Er war Allgemeinmediziner am staatlichen Krankenhaus, aber er hat zu Beginn der Ereignisse gekündigt. » Our work has improved since March. We have a pool of doctors. Our work is better now. « 29 Er möchte nicht fotografiert werden, denn wenn er von der Sicherheit identifiziert würde, wäre seine Familie in Gefahr.
Er erklärt: Am Anfang gingen die Ärzte zum Arbeiten von Haus zu Haus. Dann fanden sie diesen Ort, aber es gab keine Ausstattung, auch keine Apotheke. Nach und nach haben die Leute Sachen vorbeigebracht. Sie haben Medikamente aus dem Libanon bekommen und von Apotheken aus der Stadt.
Sie können hier Operationen durchführen. Schwer zu erfahren, auf welchem Niveau. Sie haben Chirurgen, auch Ketamin. Aber es fehlen Schläuche und Chirurgenbesteck. Außerdem wohnen einige Ärzte in anderen Vierteln der Stadt und können nicht kommen, wenn die Armee Baba Amr einschließt. Manchmal haben sie Fälle, die schwere Operationen erfordern,
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