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Notizen aus Homs (German Edition)

Notizen aus Homs (German Edition)

Titel: Notizen aus Homs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Littell
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einsatzfähig.
     
    Abderrazzaq Tlass präsentiert hier die Fakten auf seine Art. Der spätere Anschluss von Offizieren, die höhere Ränge hatten als jene untergeordneten Offiziere, die zuerst desertiert waren und die ersten katibas der Freien Armee gegründet hatten, führte zu starken Spannungen, weil die höherrangigen Offiziere der Ansicht waren, ihnen stehe das Kommando zu, was die untergeordneten Offiziere, die seit Monaten das Kommando innehatten, schwer akzeptieren konnten. Abderrazzaq Tlass wurde in Wahrheit aus diesen Gründen aus der katiba Khaled ibn Walid verdrängt. Ehrgeizig, wie er ist, schreibt er sich auch die Hauptrolle innerhalb der katiba al-Faruq zu, was andere Gesprächspartner bestreiten.
     
    Der aktuelle Führer der katiba Khaled ibn Walid ist der raed 35 Ahmad Bahbuh.
    Abderrazzaq Tlass ist der Ansicht, der Zahl der Soldaten nach sei al-Faruq eine liwa , aber man will ihre Bezeichnung nicht ändern. Er glaubt, dass die katiba Khaled ibn Walid über 4000–5000 Männer zählt, was aus ihr auch eine liwa machen würde.
    Die katiba al-Faruq ist verantwortlich für die Stadt Homs, für Telbisa und die Zone von Qusair. Die katiba Khaled ibn Walid kontrolliert Rastan und die umliegenden Dörfer.
    Die katiba al-Faruq wird von einem Militärrat kommandiert, aber Abderrazzaq Tlass hat das letzte Wort.
     
    Ich stelle ihm eine Frage zu den Beziehungen zu Oberst Riad al-Assaad [ dem Kommandanten der Freien Syrischen Armee, der in Antakya in der Türkei stationiert ist ]: »Im Augenblick kann ich darauf nicht antworten.«
     
    Offenere Diskussion mit Imad. Man erzählt uns die Geschichte von dem Armeestützpunkt, den wir heute Morgen gesehen haben, mit dem ausgebrannten Laster an der Seite. Die FSA hatte den Hauptmann gefangen genommen, der ihn kommandierte. Aber sie verstanden sich gut mit ihm und ließen ihn frei, unter der Bedingung, dass er den Posten räumt. Das hat er getan und sich in die weiter entfernten Hochhäuser zurückgezogen. Jetzt hält er eine Waffenruhe mit der FSA ein.
     
    Abderrazzaq Tlass erzählt uns vom Besuch der Beobachter der Arabischen Liga. Sie sind gekommen, aber auf der anderen Seite der großen Straße. Zuerst wagten sie nicht, die Straße zu überqueren, wegen der Schüsse; dann, zwei Tage später, sind sie herübergekommen, zu fünft oder acht, ohne Begleiter. In dieser Zeit – es war die erste Woche der Beobachtungsmission [ also gegen Ende Dezember 2011 ] – war das Viertel umzingelt und stark unter Druck. Die Beobachter wollten sie überreden, mit der Armee zu verhandeln. Die FSA antwortete: »Ihr seid hier, um zu beobachten und Zeugnis darüber abzulegen, was die Armee uns antut!« Tatsächlich wollten die Beobachter aushandeln, dass das Abkommen [ mit der syrischen Regierung ] im Tausch gegen einen Rückzug der FSA eingehalten wird.
     
    Mittagessen mit Abderrazzaq Tlass. Rührei, Ei mit Fleisch, Hummus, Tomaten, zatar . Das Brot wird an der sobia aufgewärmt, indem es entweder oben draufgelegt oder an die Seite geklebt wird.
     
    Irgendwann erhält G. einen Anruf von seiner Frau, die ihn anweist, nach Hause zu kommen. Er verlässt uns unter Entschuldigungen, und es ist wieder Raed, der die Diskussion zu Ende übersetzen muss.
     
    Wir versuchen Abderrazzaq Tlass zu überreden, uns die verwundeten Soldaten von gestern [ die aus der Klinik von Abu Bari ] zu zeigen. Zuerst erzählt er uns von einem Informanten, einem alawitischen schabbih , der Informationen über die Waffenverstecke der FSA weitergegeben hat. Dann sagt man uns, sie haben ein Geheimgefängnis, das sie uns nicht zeigen wollen. Dort sind auch die Soldaten.
    Ich: »Es ist wichtig, dass Sie der Welt beweisen, dass Sie anständige Leute sind, Patrioten, dass Sie Ihre verwundeten Feinde gut behandeln. Dass Sie nicht al-Qaida sind.«
    Abderrazzaq Tlass: »Wenn es so weitergeht, werden wir wie al-Qaida werden. Wenn die Welt uns im Stich lässt und Assad unterstützt, werden wir Israel und andere Länder angreifen, den Konflikt internationalisieren, um die internationale Gemeinschaft zum Eingreifen zu zwingen. Wir werden den Dschihad ausrufen.« Er behauptet, das sei nicht nur seine persönliche Meinung, der Militärrat von Homs habe darüber diskutiert und alle seien einverstanden.
    Er will eine militärische Intervention der NATO. »Wenn es keine Militärintervention der NATO gibt, werden wir in der ganzen muslimischen Welt den Dschihad ausrufen. Aus der ganzen muslimischen Welt werden dann Gruppen

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