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Notizen aus Homs (German Edition)

Notizen aus Homs (German Edition)

Titel: Notizen aus Homs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Littell
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Monaten, erzählt Imad, haben er und seine Freunde ein Bierlager abgebrannt. Der Besitzer war Alawit, er fotografierte die Demonstrationen, und die FSA beschuldigte ihn, Informationen an die mukhabarat weiterzugeben.

 
    Samstag, 21. Januar
    Baba Amr
     
     
    Wie jede Nacht endlos lange, dichte, sehr strukturierte Träume. Vor meinem Haus, die Terrasse von Castellaras; der große Topf mit den Erdbeeren ist immer noch da, ich gieße sie, aber sie sind nicht gut, geschmacklos, man kann sie unmöglich essen; dafür gibt es einen neuen Trieb, rote, fleischige Himbeeren; ich pflücke sie einzeln, es sind vier, und ich habe nicht die Absicht, sie zu teilen. Danach geht es an verschiedenen Orten so weiter.
     
    *
     
    Al-maktab al-iilami , das Informationsbüro. Dscheddi ist einer der Verantwortlichen. Sie haben die Nachrichtenkontrolle über Baba Amr. Von Anfang an bestehen sie darauf, uns zu begleiten, alle Journalisten zu begleiten; im Prinzip kontrollieren sie den Zugang der Journalisten nach Baba Amr und im Viertel den Zugang zu strategischen Orten, wie zu den Demonstrationen und zur Klinik. Dank Raeds Kontakten sind wir über die FSA reingekommen und haben sie umgangen; seit seinen Auseinandersetzungen mit Dscheddi und dann gestern auf der Demonstration mit Abu Hanin sind wir sie los und bleiben bei der FSA. Das schürt Spannungen, aber für uns ist es von Vorteil. Wir werden sie am Schluss aufsuchen, wenn wir alles gemacht haben, was uns interessiert. Mit ihnen würden wir nur das sehen, was sie uns zeigen wollen, und sie würden sicher so tun, als gäbe es die FSA nicht, eine ziemlich primitive, unausgereifte Diskurskontrolle auf mukhabarat -Niveau, deren Methoden sie von Kindheit an aufgesogen haben. Wie G. gestern auf der Demonstration während der Auseinandersetzung mit Abu Hanin in seinem wunderschönen Französisch sagte: »Man muss sie verstehen, mein Herr. Vierzig Jahre Angst!« Aber bevor sie den echten Baschar töten, müssen sie den Baschar in ihren Köpfen töten.
     
    Das Informationsbüro schien zu befürchten, die Bilder von der FSA könnten der Propaganda des Regimes in die Hände spielen und die These bestätigen, die Regierung bekämpfe Terroris ten. Zur Zeit unseres Besuchs war es noch schwierig, ihnen klarzumachen, dass sie die bewaffnete Dimension des Aufstands nicht so einfach negieren können. Die FSA ihrerseits hat uns ihre Waffen, ihre Leute, ihre Kämpfe frei beobachten und foto grafieren lassen. Man muss hinzufügen, dass seit Beginn der massiven Bombardierung von Homs am 3. Februar diese Nuan cen jede Bedeutung verloren haben.
     
    12.45 Uhr. Stippvisite bei der Kommandozentrale von Hassan, der mir einen Dolmetscher verspricht. Dann brechen wir mit Imad in eine Geschäftsstraße jenseits der Hauptstraße auf, ziemlich belebt, mit Taxis, Läden. Es ist das alte Baba Amr.
    Ein älterer Herr auf einem Fahrrad: »Es hat sich sehr gebessert hier.« Wir diskutieren über die der Arabischen Liga von Baschar al-Assad versprochene Freilassung der Gefangenen. Ein anderer Herr, Abu Adel, erzählt, dass sein fünfzigjähriger Bruder seit drei Monaten gefangen gehalten wird. Drei Personen, die mit ihm zusammen verhaftet wurden, sind tot zurückgebracht worden. Er ist nicht freigelassen, sondern nach Damaskus verlegt worden, in ein Geheimgefängnis. »Er wurde zu Hause verhaftet, für nichts. Hier in Syrien darf man nicht fragen, warum.«
     
    Wir holen meinen jungen Dolmetscher ab, Adam, einen FSA-Mann. Sein Englisch ist mittelprächtig, aber es wird gehen. Weiter hinten, an einer Kreuzung, kontrolliert eine Straßensperre der FSA den Verkehr und manchmal die Autofahrer. Gespräch. Mit mehreren Soldaten sehen wir uns in einem Zimmer auf Raeds Computer Karten an, und sie erklären mir, wo die Posten der Armee stationiert sind. Draußen eine heftige Detonation, ein Mörser, gefolgt von Schüssen, der Checkpoint weiter oben eröffnet das Feuer.
     
    Ein junger Soldat von der Straßensperre, Fadi, ist Alawit. Adam übersetzt mehr schlecht als recht. Fadi ist aus Dschiblaia, einem Dorf in der Nähe von Tartus. Im Juli/August hat er sich der FSA angeschlossen, in Homs. Als er sah, wie die Armee Zivilisten tötete, sagte er sich: » I am not with them, I am with these people. It is not: I am Alaoui, so I am with Alaoui. No. If they do wrong, I try to do right. « 36
    Auf der Straße wird weiter geschossen.
    Fadi war mulazim awwal . Einer seiner Freunde, ein sunnitischer mulazim awwal namens Ali, hat sich

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